Die Lehren aus der Corona-Pandemie: Die EU will bei künftigen Krisen keine Abstriche bei der Gesundheitssicherheit machen. Die Europäische Kommission startet daher Initiativen für eine EU-Bevorratungsstrategie und eine Strategie für medizinische Gegenmaßnahmen. Davon könnten auch Logistikdienstleister profitieren.
Gesicherte Versorgung der Bevölkerung im Krisenfall
Beide Strategien sollen den Zugang zu lebenswichtigen Gütern für Bürgerinnen und Bürger, Gesellschaften, Unternehmen und Volkswirtschaften in der EU verbessern und so die Versorgung zu jeder Zeit sicherstellen – insbesondere bei Krisen wie großen Stromausfällen, Naturkatastrophen, Konflikten oder Pandemien. Laut Hadja Lahbib, EU-Kommissarin für Gleichberechtigung sowie Krisenvorsorge und -management, ist dies auch ein Schritt zur Stärkung der Verteidigung Europas gegen aufkommende Bedrohungen. Die Strategie für medizinische Gegenmaßnahmen sieht einen Maßnahmenkatalog vor, der die Vorsorge für Gesundheitskrisen stärken soll; Hintergrund sind laut EU-Kommission steigende Krankheitsausbrüche und wachsende antimikrobielle Resistenzen, die durch den Klimawandel, die Verschlechterung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme sowie geopolitische Herausforderungen verschärft werden.
Ziel ist, die Entwicklung, Produktion, Einführung und Zugänglichkeit lebensrettender medizinischer Instrumente zu beschleunigen; etwa durch Sicherstellung einer skalierbaren Produktion von wichtigen Arzneimitteln und Impfstoffen oder durch eine gemeinsame Beschaffung und Unterstützung gebrauchsfertiger Labore den Zugang zu Arzneimitteln verbessern.Die EU-Bevorratungsstrategie soll demnach die Grundversorgung sicherstellen – lebenswichtige Güter wie Lebensmittel, Wasser, Öl, Kraftstoffe und Arzneimittel sollen im Krisenfall sichergestellt sein.
Das erste umfassende EU-Konzept für Bevorratung beinhaltet diverse Maßnahmen, etwa die Einrichtung eines EU-Bestandsaufnahmenetzes mit den Mitgliedstaaten, um etwa Bestände zu koordinieren, die Erweiterung der Lagerbestände auf EU-Ebene oder Verbesserung von Transport und Logistik für eine schnelle Krisenreaktion.
Pharmahersteller haben Produktionskapazitäten erweitert
Transport und Logistik spielen also eine Rolle bei den Maßnahmen, wie Dennis Spamer, Managing Director DACH bei Movianto bestätigt. Das Unternehmen ist in Deutschland mit drei Pharmalogistik-Standorten vertreten und gehört zur Walden Group, einem europäischen Marktführer für Logistik und Transport in der Pharma- und Gesundheitsbranche. Laut Spamer haben nach Corona inzwischen einige Hersteller ihre Produktionskapazitäten in der EU erweitert. "Wir wissen auch von Plänen für neue Produktionsstätten in Deutschland. Details dazu darf ich aber nicht nennen", sagt Spamer auf Anfrage von trans aktuell.
Logistiklösungen und Lagerkapazitäten werden benötigt
"Wir bei Movianto spüren, dass die Nachfrage nach Logistiklösungen im Bereich Pharma und Gesundheit anzieht und verfolgen entsprechende Expansionspläne. Konkret heißt dies, dass wir beispielsweise in Deutschland im ersten Quartal 2026 einen weiteren Standort in Betrieb nehmen werden", sagt der Pharmalogistik-Experte. Es sei feststellbar, dass die Hersteller aus den Erfahrungen der Corona-Zeit und den Engpässen in der Versorgung gelernt haben. Die Sicherheitsbestände werden deshalb aufgebaut, weshalb mehr Lagerkapazität benötigt werde. Das kann mittelfristig einen Wachstumsschub für die Logistiker in Deutschland bedeuten.

Dennis Spamer, Managing Director DACH bei Movianto: Hersteller haben aus den Erfahrungen der Corona-Zeit und den Engpässen in der Versorgung gelernt.
Denn laut Spamer ist nach wie vor die Outsourcing-Rate in der Logistik in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern sehr gering. Hersteller kommen demnach vermehrt an einen Punkt, an dem eine Make-or-buy-Entscheidung getroffen werden muss, sagt Spamer, und zunehmend entscheiden sich für "buy": "Denn durch das Outsourcing der Logistik können sich die Hersteller auf ihre Kernkompetenz der Entwicklung, Produktion und Vermarktung konzentrieren und können in der Regel ihre Logistikkosten senken." Im Rahmen der beiden Initiativen soll die EU-weite Bevorratungsstrategie alle bestehenden sektoralen Bevorratungsbemühungen integrieren und den Zugang zu kritischen Ressourcen in der gesamten EU verbessern. Außerdem sollen zentralisierte Reserven auf EU-Ebene mit Beiträgen der Mitgliedstaaten, die durch öffentlich-private Partnerschaften unterstützt werden.
Die EU-Bevorratungsstrategie:
Die wichtigsten Maßnahmen sind:
- Einrichtung eines EU-Bestandsaufnahmenetzes mit den Mitgliedstaaten, um bewährte Verfahren auszutauschen, Bestände zu koordinieren und gemeinsame Empfehlungen auszuarbeiten.
- Ermittlung von Bestandslücken und Überschneidungen durch Informationsaustausch und Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit der EU.
- Erweiterung der Lagerbestände auf EU-Ebene, um Lücken bei lebenswichtigen Gütern zu schließen, unterstützt durch Initiativen wie rescEU für medizinische Ausrüstung, Unterkünfte, Generatoren und mehr.
- Verbesserung von Transport und Logistik für eine schnelle Krisenreaktion.
- Förderung zivil-militärischer, öffentlich-privater und internationaler Partnerschaften, um die Ressourcennutzung effizient und rechtzeitig zu maximieren.