Die Letzte Meile befindet sich in einem Spannungsfeld. Unternehmen, die in den Innenstädten aktiv sind, müssen sich mit verschiedenen Kundenanforderungen, strengen Klimaschutzvorgaben und Kosteneffizienz beschäftigen. 2024 transportierten die KEP-Dienstleister rund vier Milliarden Sendungen – ein Anstieg von 2,8 Prozent im Vergleich zu 2023. „Wir werden als diejenigen wahrgenommen, bei denen es noch läuft“, sagte Marten Bosselmann, Vorsitzender des Bundesverbands Paket- und Expresslogistik (BPEX), in der Logistik-Session zum Thema Letzte Meile beim DEKRA Zukunftskongress Nutzfahrzeuge in Berlin.
Dabei sei die aktuelle Lage der Paketbranche alles andere als rosig. „Wir bemerken ein hohes Maß an Stagnation“, sagte Bosselmann. Er beklagte die „Weiter so“-Mentalität der Politik und zu viel Bürokratie: „Irgendwann ist das Maß voll.“ Der B2C-Paketmarkt legte 2024 weiter zu, der Anteil am gesamten KEP-Markt liegt erstmals bei 60 Prozent. Dafür brachen die B2B-Sendungen ein. Ihr Anteil lag 2024 bei 35 Prozent. Bosselmann nannte unter anderem die Krise in der Automobilindustrie als Grund. „Die Rezession trifft uns auch.“ Der C2C-Anteil lag bei fünf Prozent.
BPEX setzt auf Paketstationen und Lastenräder
Für mehr Effizienz und weniger Emissionen setzt der BPEX auf Paketstationen und Lastenräder. „Warten Sie nicht auf Ihr Paket. Ihr Paket wartet auf Sie“, sagte Bosselmann und spielte auf Paketstationen an, die am besten anbieteroffen sein sollten.

In der abschließenden Diskussionsrunde – moderiert von trans aktuell-Chefredakteurin Ilona Jüngst – ging es um den Fachkräftemangel. Von links: Dr. Sebastian Kempf (DHL), Udo Sieverding (Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen), Prof. Dr. Stephan Seeck (Hochschule für Technik Berlin), Marten Bosselmann (BPEX), Ingo Hodea (DSLV), Ilona Jüngst (trans aktuell).
Während die KEP-Dienstleister von den Menschen wahrgenommen werden, sind die Stückgutlogistiker auf der Letzten Meile weniger sichtbar. Das liegt laut Ingo Hodea, Leiter Stückgutnetze/Systemlogistik beim DSLV Bundesverband Spedition und Logistik, an der B2B-Kundenstruktur und daran, dass die Stückgutlogistiker vor allem in Gewerbegebieten verkehren. „Der Anteil der Stückgutlogistik am innerstädtischen Verkehrsaufkommen ist eher gering“, sagte Hodea. Der Anteil der Fahrleistung beträgt 5,3 Prozent.
Der tägliche Tagesumschlag pro Depot liegt einer DSLV-Studie zufolge bei 590 Tonnen beziehungsweise 1.815 Sendungen. Aufgrund der hohen Gewichte scheiden Mikrodepots oder Lastenräder als alternative Zustellkonzepte aus. „Die zusätzlichen Be- und Entladezonen sind dagegen positiv“, sagte Hodea. Sie reduzieren das für alle Seiten hinderliche Parken in zweiter Reihe.
Länder erstellen Pläne für eine nachhaltige City-Logistik
Die Sicht eines Landesministeriums auf die Letzte Meile teilte Udo Sieverding, Abteilungsleiter Mobilität der Zukunft, Radverkehr und ÖPNV im Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Länder müssen entsprechend der EU-Leitlinien für den Ausbau des Transeuropäischen Verkehrsnetzes „TEN-V“ bis Ende 2027 sowie Pläne für eine nachhaltige City-Logistik erstellen. In Düsseldorf prägen Paketdienste, Speditionen, Dienstleistungen, Handwerk und städtische Fahrzeuge den Innenstadt-Verkehr.
Um sich den Klimazielen zu nähern, legte das Land Nordrhein-Westfalen verschiedene Studien auf – unter anderem zur geräuscharmen Logistik und zur Baulogistik. Eine Sofortmaßnahme waren Bereiche zum Be- und Entladen. „Unternehmen, Kommunen und Wissenschaft sollten sich besser vernetzen“, sagte Sieverding. Gemeinsam könnten sie mehr erreichen.
Für mehr Zusammenarbeit auf der Letzten Meile plädierte auch Prof. Dr. Stephan Seeck von der Hochschule für Technik (HTW) Berlin. Kundenservice, Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit nannte Seeck als Schlagworte. Erstmal würden diese Faktoren nicht zusammenpassen, bei genauerem Hinschauen aber schon.
Um die Letzte Meile zu verbessern, sollten die „großen“ Paketdienstleister, Kommunen, lokale Unternehmen, White-Label-Lösungsanbieter und die Wissenschaft kooperieren. „Die Lösung kann nur ein Mix sein“, sagte Seeck. Also Paketstationen, Hub-Betrieb, Lastenräder und Elektro-Fahrzeuge. Seine Forderung geht über anbieteroffene Paketstationen hinaus. Ein System aus White-Label-betriebenen Hubs mit Automatisierungstechniken könnte die Letzte Meile effizienter und nachhaltiger machen – wenn alle zusammenarbeiten.
DHL elektrifiziert Flotte
„Wir wollen und müssen Deutschland grün machen“, sagte Dr. Sebastian Kempf, Abteilungsleiter Fuhrparkmanagement & GoGreen Post & Paket Deutschland bei DHL. Der DHL-Konzern setzt daher seit mehr als zehn Jahren auf Elektromobilität. Bekannt sind vor allem die „Streetscooter“, die DHL aber nicht mehr baut. „Nachhaltigkeit ist schon immer wichtig für uns und seit diesem Jahr auch Bestandteil der Konzernstrategie“, so Kempf.
Bis 2030 sollen 80 bis 90 Prozent der Zustellfahrzeuge elektrisch sein. Seit Mai besteht mehr als die Hälfte der Flotte aus Elektro-Fahrzeugen. DHL sucht laut Kempf wegen der „sehr speziellen Anforderungen“ weltweit nach neuen Fahrzeugen und kaufe verstärkt auch Drittmarken ein. Er berichtete auch von Hürden bei der E-Mobilität. Qualifiziertes Personal in Werkstätten sei eine Herausforderung genauso wie die Ladeinfrastruktur.
„Elektromobilität funktioniert nur, wenn wir den Fachkräftemangel in den Griff bekommen“, sagte Kempf in der abschließenden Diskussionsrunde – moderiert von trans aktuell-Chefredakteurin Ilona Jüngst. Ingo Hodea vom DSLV sprach ebenfalls den Fachkräftemangel an. „Es wird immer schwieriger, geeignete Fahrer zu finden“, sagte Hodea. Bei den Fahrradkurieren ist das laut Prof. Seeck nicht der Fall: „Da gibt es keine Personalprobleme.“ Das liege auch daran, dass immer weniger junge Menschen den Führerschein machen. Auch die Zusammenarbeit mit den Kommunen wird laut Udo Sieverding wegen des Fachkräftemangels schwieriger. BPEX-Vorstand Marten Bosselmann kritisierte die Zusammenarbeit mit Städten und Kommunen. „Wir werden nicht mitgedacht, wenn neue Städte und Quartiere konzipiert werden“, sagte Bosselmann. Auf der Letzten Meile kommt es in Zukunft also auf die Zusammenarbeit an. Dabei gibt es noch Luft nach oben.






