Executive Outlook in der Logistik

Executive Outlook in der Logistik
Chancen nutzen und die Zukunft gestalten

Executive Outlook in der Logistik beim DEKRA Zukunftskongress Nutzfahrzeuge 2025 – Unternehmer berichten von Chancen der Antriebswende, einer besonderen Unternehmenskultur und strategischen Partnerschaften.

DEKRA Zukunftskongress Nutzfahrzeuge 2025, Executive Outlook in der Logistik
Foto: Werner Popp

Erfolgreich die Zukunft meistern: Darum ging es beim DEKRA Zukunftskongress Nutzfahrzeuge 2025 in der Session „Executive Outlook in der Logistik“. Mit einem Blick in die Glaskugel hatten die Vorträge führender Unternehmer wenig zu tun, sondern vielmehr mit Akzeptanz der aktuellen Situation und einer Strategie für die daraus resultierenden Chancen.

Joachim Fehrenkötter, Geschäftsführer bei Fehrenkötter Transport & Logistik mit Sitz in Ladbergen, eröffnete die Session mit dem Bild des sogenannten Schwarzen Schwans: ein Ereignis, mit dem niemand rechnet und das sehr selten vorkommt. Als Beispiele nannte er den Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie. Die Pandemie sorgte in der Logistikbranche für einen Lieferketten-Schock. Weitere Schwarze Schwäne in der Logistik sind laut Fehrenkötter die Diesel-Krise und die damit verbundenen Umweltauflagen sowie der Digitalisierungsschub, der unter Druck passiere.

Spediteure werden zu Energiemanagern

Daraus ergeben sich jedoch Chancen. In Bezug auf nachhaltige Transporte sei das zum Beispiel selbsterzeugter Strom und der Handel damit. „Wir haben zum ersten Mal die Chance, unseren Energiepreis selbst zu bestimmen“, sagte Fehrenkötter. Spediteure werden zu Energiemanagern. Autonome Lkw-Flotten, eine KI-gestützte Disposition, Drohnen für die Letzte Meile und Roboter im Lager und auf dem Lkw sieht er ebenfalls als Chancen. Sein Fazit: „Was heute unmöglich scheint, ist morgen Standard.“ Darum sollten Chancen genutzt werden, um die Zukunft mitzugestalten. „Ich verändere lieber, anstatt verändert zu werden“, laute sein Motto.

Alternative Antriebsformen sind für Sascha Hähnke, Geschäftsführer bei dem Entsorgungsunternehmen Remondis Sustainable Services aus Lünen, „keine Glaubensfrage, sondern alternativlos“ – und für die Transformation im Straßengüterverkehr unverzichtbar. Remondis setzt auf alle Alternativen und bezeichnet sich als Technologie-neutral. Seit 2017 stellt das Unternehmen mit rund 10.000 eigenen Fahrzeugen viele Bestandsflotten auf HVO 100 um. Der Biokraftstoff müsse aber aus Europa kommen und nicht aus China, was aktuell häufig der Fall sei.

„Die Elektrifizierung stößt an Grenzen“

Im Rheinland und im Münsterland wandelt Remondis den Bioabfall der Bürgerinnen und Bürger in Bio-CNG um, das die eigenen Fahrzeuge tanken. Seit 2019 setzt der Entsorger auch auf Wasserstoff und betreibt mittlerweile 25 H2-Lkw. In Freiburg wurde eine komplette kommunale Flotte auf Brennstoffzellentechnik umgestellt, weitere sollen folgen. „Beim Thema Wasserstoff sind wir aktuell an dem Punkt, an dem wir vor fünf Jahren mit Elektro-Lkw waren“, sagte Hähnke. „Ich bin mir sicher, dass sich das entwickeln wird.“

Alternativen zur Elektromobilität bleiben laut Hähnke relevant: „Die Elektrifizierung stößt an Grenzen.“ Bei E-Lkw habe die Unternehmensgruppe Pionierarbeit geleistet und sei nach wie vor von der Technologie überzeugt. Doch die reduzierte Nutz- und Sattellast, die erschwerte Instandhaltung, die hohen Investitionen in Fahrzeuge und Infrastruktur, die Netzkapazität sowie der hohe Flächenbedarf bei Ladeplätzen sorgen für Herausforderungen.

Der Fuhrpark der Maier Spedition mit Sitz in Singen besteht – genau wie der von Fehrenkötter Transport & Logistik – noch ausschließlich aus Diesel-Lkw, berichtete Geschäftsführer Jürgen Frömberg. Nachhaltigkeit ist trotzdem ein Thema, setzt doch die Muttergesellschaft, der Schweizer Logistikdienstleister Planzer, in großem Maße auf die Schiene. In der Schweiz fahren Planzer-Lkw hauptsächlich im Vor- und Nachlauf, der Hauptlauf erfolgt auf der Schiene. In Singen wurde für die Maier Spedition ein zweigeschossiges Logistikzentrum mit Photovoltaikanlage gebaut, der Gleisanschluss ist natürlich schon geplant.

Maier Spedition: „A little bit different“

Planzer zeichnt sich auch durch eine besondere Unternehmenskultur aus, sagte Frömberg. Das Motto der gesamten Gruppe laute „A little bit different“. Alle Mitarbeitenden sind zum Beispiel per Du. Frömberg nannte ein weiteres wichtiges Merkmal: „Alle Kunden und Lieferanten sind auch Freunde.“ Die etwas andere Kultur kommt anscheinend an. Frömberg berichtete von hohen Bewerberzahlen auf Stellenausschreibungen – in Zeiten des Fachkräftemangels ein positives Signal. Die Ausschreibungen erfolgen mittlerweile vor allem über die sozialen Medien.

Den akuten Fahrermangel beklagte Gianluca Crestani, Geschäftsführer der Roman Mayer Logistik Group aus Gersthofen. Pro Jahr fehlen der Branche rund 50.000 Lkw-Fahrer, 40 Prozent der Fahrer sind älter als 55 Jahre. Der Transportmarkt schwächele aber auch wegen anderer Gründe: Übernahmen, Insolvenzen und Betriebsschließungen. Die Folgen für einen „Tailor Made Market“, zu dem Werksverkehre, JIT-Konzepte und Added Value-Transporte zählen: Die Zahl der Anbieter reduziert sich, die verfügbaren Kapazitäten sinken, die Kosten steigen überproportional – ein Anbietermarkt entwickelt sich.

„Große Auftraggeber sichern langfristig Kapazitäten ab“, sagte Crestani. Und: Aus seine Sicht werden so klassische Geschäftsbeziehungen zu strategischen Partnerschaften. Ein Familienunternehmen wie Roman Mayer könne daher auch in solchen Krisen gut unterwegs sein.

Privatwirtschaft kann Dekarbonisierung nicht allein stemmen

In der abschließenden Diskussionsrunde kritisierte Crestani dennoch etwas – die schlechte Verkehrsinfrastruktur in Deutschland. „Wir bekommen die einfachsten Dinge nicht geregelt“, sagte Crestani und spielte damit auf die gescheiterte Pkw-Maut an. „Wenn wir keine intakte Verkehrsinfrastruktur haben, werden wir Stück für Stück schrumpfen.“ Von der neuen Bundesregierung habe er sich mehr erhofft. Die Dekarbonisierung koste viel, die Privatwirtschaft könne sie nicht allein stemmen.

Aus dem Publikum kam hinsichtlich der Dekarbonisierung auch eine kritische Stimme. Rolf Meyer, Gesellschafter und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des Logistikdienstleisters Meyer & Meyer, bezeichnete die ersten Versuche des Unternehmens mit E-Lkw vor rund 14 Jahren als „teures Jugend forscht“. „Wir waren zu früh dran“, sagte Meyer. Die Klimaschutzziele der Bundesregierung seien ein Irrglaube und nicht erreichbar. Es fehle bei Elektro- und Wasserstoff-Lkw an der ausreichenden Lade- und Tankstelleninfrastruktur.

Roland Rüdinger, Geschäftsführer der Rüdinger Spedition, meldete sich ebenfalls zu Wort. Er sieht Elektromobilität zwar auch als unternehmerisches Risiko. Gleichzeitig gebe es aber ein funktionierendes Geschäftsmodell. „Und das müssen wir umsetzen.“ Sascha Hähnke widersprach ihm hinsichtlich des Aufbaus von Ladeparks, die nötig sind, um viele E-Lkw gleichzeitig zu laden. Große Ladeparks werden laut Hähnke nicht innerhalb von zwei Jahren gebaut, sondern eher innerhalb von zehn Jahren. Deswegen müsse es neben der Elektromobilität auch Wasserstoff und andere Alternativen geben.

Foto von links: Jürgen Frömberg (Geschäftsführer Maier Spedition), Gianluca Crestani (Geschäftsführer Roman Mayer Logistik Group), Joachim Fehrenkötter (Geschäftsführer bei Fehrenkötter Transport & Logistik), Sascha Hähnke (Geschäftsführer Remondis Sustainable Services), trans aktuell-Chefredakteurin Ilona Jüngst.