Projekt Realist der Uni Stuttgart: Elektro-Lkw im Stadtverkehr

Projekt Realist der Uni Stuttgart
Elektro-Lkw im Stadtverkehr

Die Universität Stuttgart untersucht im Projekt Realist den Einsatz von E-Lkw im Stuttgarter Stadtverkehr. GLS, Rhenus High Tech und die Emons Spedition sind Praxispartner.

Rhenus High Tech unterstützt E-Mobilitätsprojekt Realist in Stuttgart
Foto: Rhenus Logistics

Die Beteiligten des Forschungsprojekts Realist verfolgen ein Ziel: den urbanen Logistikverkehr in Stuttgart elektrifizieren. Dass das nicht so einfach ist, haben die Projektverantwortlichen des Instituts für Energieübertragung und Hochspannungstechnik (IEH) und des Instituts für Fördertechnik und Logistik (IFT) der Universität Stuttgart im Laufe des Projekts bereits erfahren müssen. „Es hat gedauert, bis die Elektro-Lkw da waren“, sagt Charlotte Wagner, Doktorandin am IEH, im Gespräch mit trans aktuell. Das habe vor allem an der Unsicherheit und langen Rückmeldefrist in Bezug auf die KsNI-Förderung gelegen.

Seit Ende Mai ist ein BAX E-Lkw des Umrüst-Spezialisten Pepper Motion beim KEP-Dienstleister GLS im Einsatz. Einen zweiten BAX testet der Logistikdienstleister Rhenus High Tech seit Mitte August. Die Emons Spedition ist ebenfalls Projektpartner und setzt seit Mitte Juni einen Fuso eCanter ein. Die Unternehmen sind bei dem von der Uni Stuttgart initiierten Projekt für die Installation von Ladeinfrastruktur, die Beschaffung und den Betrieb der E-Lkw verantwortlich. Außerdem stellen sie den Projektverantwortlichen ihre Erfahrungswerte und Tourendaten zur Verfügung.

Gewerbegebiet dient als Reallabor

Bei allen Fahrzeugen handelt es sich um 7,5-Tonner, die unter anderem im Stuttgarter Gewerbegebiet Weilimdorf unterwegs sind. Das Gebiet dient als sogenanntes Reallabor, das die Stückgut-Belieferung in Stuttgart im Hinblick auf ihr Elektrifizierungspotenzial unter die Lupe nimmt. Daher stammt auch der Name des Projekts Realist, eine Abkürzung von „Reallabor zur beschleunigten Elektrifizierung des urbanen Logistikverkehrs in Stuttgart“.

Die beiden Institute der Uni Stuttgart arbeiteten bereits im Projekt FELSeN zusammen. Zwei Jahre lang untersuchten die Beteiligten, wie Strom aus erneuerbaren Energien in Logistikzentren eingesetzt werden kann. „Dabei hat sich gezeigt, dass für Zukunftsthemen wie Elektromobilität die Betrachtung und Zusammenwirkung der Themengebiete beider Institute – Stromnetze und Logistik – notwendig sind und Potenzial bieten“, sagt Laura Blumhardt-Ziegler, akademische Mitarbeiterin am IFT der Uni Stuttgart.

Daher bewarben sich die Institute um eine Ausschreibung der Stadt Stuttgart, die sich auf innovative Projekte im Bereich „Klimaschutz und Klimafolgenanpassung“ bezog. Die Zusage kam im Jahr 2022. Die Vorgabe der Stadt: Das Einsatzgebiet der E-Lkw muss primär im Kreis Stuttgart sein.

Neben dem Reallabor arbeiten die Beteiligten an einer Machbarkeitsanalyse. Sie soll die Potenziale eines klima-innovativen Stromversorgungs- und Logistikkonzeptes für die elektrische Stadtbelieferung aufzeigen – so lautet das Projektziel. „Außerdem wollen wir Elektromobilität für andere Unternehmen attraktiv machen“, sagt Blumhardt-Ziegler.

Unsicherheit im Hinblick auf E-Lkw spürbar

In der Logistikbranche sei eine gewisse Unsicherheit im Hinblick auf E-Lkw zu spüren. Das liege vor allem an der schwierigen Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten. „Diese Planungsunsicherheit ist für die Spediteure schwierig“, sagt Charlotte Wagner. Die gestrichene KsNI-Förderung war daher „ein Schlag im Rahmen des Projekts.“ Die Stadt Stuttgart fördert im Rahmen des Klima-Innovationsfonds Realist mit 750.000 Euro. Bei der Beschaffung der Fahrzeuge mussten die Logistikunternehmen in Vorleistung gehen.

Zudem zeigte sich im Projektverlauf, dass der Fokus der Politik auf langen Strecken und schweren Lkw liegt. Die E-Lkw im Projekt Realist legen in der Stuttgarter Innenstadt dagegen keine großen Distanzen zurück. Bei der Emons Spedition sind es zum Beispiel rund 65 Kilometer, obwohl das Fahrzeug für 175 Kilometer ausgelegt ist. „Akzeptanz und Flexibilität sind im Rahmen eines solchen Forschungsvorhabens notwendig“, sagt Wagner.

GLS, Emons und Rhenus High Tech testen die E-Lkw nun mindestens zwei Jahre lang. Ihre Erkenntnisse veröffentlichen die Projektverantwortlichen über die Kanäle der Universität Stuttgart aber schon vorher. Mit dem Projekt wollen die Beteiligten der Uni Stuttgart Hemmnisse abbauen, Vorbild sein und die Rahmenbedingungen für den Einsatz von E-Lkw aufzeigen. „Die Hürden, die wir hatten, sollten andere nicht mehr nehmen müssen“, sagt Wagner. Sie wollen die Belange der Unternehmen an die Stadt Stuttgart kommunizieren, sozusagen als Vermittler zwischen Unternehmen und Politik. Das nächste Projekt haben sie schon im Auge: E-Lkw auf der Langstrecke.

Das Projekt Realist

  • Realist steht für „Reallabor zur beschleunigten Elektrifizierung des urbanen Logistikverkehrs in Stuttgart“ und das ist auch das Ziel des Projekts.
  • Verantwortlich sind das Institut für Energieübertragung und Hochspannungstechnik (IEH) und das Institut für Fördertechnik und Logistik (IFT) der Universität Stuttgart.
  • Die Stadt Stuttgart fördert das Projekt im Rahmen des Stuttgarter Klima-Innovationsfonds.
  • Die Emons Spedition, Rhenus High Tech und GLS testen jeweils einen E-Lkw in der Stuttgarter Innenstadt.
  • Dauer: mindestens zwei Jahre.

Weitere interdisziplinäre Projekte für E-Lkw

Hochleistungsladen Lkw-Fernverkehr (HoLa): Es ist geplant, an vier Standorten entlang der Autobahn A2 zwischen Berlin und dem Ruhrgebiet je zwei Hochleistungsladepunkte mit dem Megawatt Charging System (MCS) aufzubauen, zu betreiben und im realen Logistikbetrieb anzuwenden. Die ersten Netzanschlüsse sind nach Angaben der Projektleitung vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und der P3 Group beantragt und die ersten Verträge zwischen Standortbetreibern und den Charge Point Operators (CPO) geschlossen. Im Laufe des nächsten Jahres gehen die HoLa-Standorte voraussichtlich in Betrieb. Weitere Details zu den Standorten will das Projektkonsortium im Herbst bekanntgeben. Am Ende des Projektes sollen zehn Combined Charging System (CCS)-Ladepunkte und acht MCS-Ladepunkte – verteilt auf fünf Standorte – zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und die Europäische Union fördern das Projekt.

Spirit-E: Was sind die Hürden in der Elektrifizierung des Schwerlastverkehrs? Dieser Frage widmen sich Experten aus Industrie und Wissenschaft und erarbeiten Lösungen. Unter anderem wird erforscht, wie bidirektionales Laden und private Ladeinfrastruktur in bestehende Energiesysteme und -netze erfolgreich integriert werden können. Dafür steht private Ladeinfrastruktur an Logistikstandorten künftig externen Spediteuren und deren Fahrzeugen zur Verfügung. An zwei Logistikstandorten entstehen Reallabore, um die Entwicklungsergebnisse in ihrer Praxistauglichkeit zu erproben. Das gemeinsame Forschungsvorhaben führender Unternehmen und Forschungseinrichtungen ist im August 2023 gestartet. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert Spirit-E mit einer Laufzeit von drei Jahren im Rahmen des Förderprogrammes „Begleitforschung Elektro-Mobil“. Projektträger ist das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt DLR-PT.