Die Logistik befindet sich im digitalen Stau: Der Benchmark 2025 der Internetagentur „Team Neusta“ offenbart hier große Lücken. Eine KI-Reife fehle oft komplett. Ein Vergleich von 54 Logistikunternehmen offenbart deutliche Defizite bei Transparenz, Technologie, Kundenschnittstellen und vor allem bei der KI-Readiness. Während einige Player klare Fortschritte machen, bleibt der Großteil der Branche weit hinter den eigenen Ambitionen zurück.
54 international tätige Logistikunternehmen unter der Lupe
Die Digitalagentur Team Neusta und die Unternehmensberatung Netfederation haben gemeinsam den Logistik-Benchmark 2025 veröffentlicht. Untersucht wurden 54 international tätige Logistikunternehmen anhand von mehr als 120 Kriterien in den Bereichen Transparenz, Dialog, Technik und digitale Zukunftsfähigkeit. Das Ergebnis: Die Branche sei „auf dem Weg, aber noch lange nicht am Ziel“.
Große Spreizung in der digitalen Leistungsfähigkeit
An der Spitze stehen drei Unternehmen:
- DHL Group: 78 % Erfüllungsgrad
- DB Schenker: 76 % Erfüllungsgrad
- CEVA Logistics: 74 % Erfüllungsgrad
Sie setzen laut Studie Maßstäbe bei Transparenz, digitaler Infrastruktur und strategischer Kommunikation. Der breite Mittelfeldblock, 45 bis 60 % Erfüllungsgrad, zeigt zwar Initiativen, aber wenig strategische Konsistenz. Am Ende der Rangliste finden sich Unternehmen unter 30 %, die teils nicht einmal Grundfunktionen wie schnelle Ladezeiten, mobile Optimierung oder klare Kontaktwege bieten.
Transparenz und Nachhaltigkeit: viele Daten, aber schlecht zugänglich
Nur 48 % der untersuchten Logistiker veröffentlichen grundlegende Kennzahlen,etwa zu Sendungsvolumen, Emissionen oder Personal.
Beim Thema Nachhaltigkeit entsteht ein noch heterogeneres Bild:
- 57 % stellen Nachhaltigkeitsberichte bereit
- aber viele davon tief in PDF-Archiven versteckt oder kaum durchsuchbar
- nur 44 % der Websites laufen nachweislich mit grünem Strom
Praxisbeispiele
✔ Positiv: DHL Group veröffentlicht detaillierte Fortschrittskennzahlen zu „GoGreen“ inkl. Scope-3-Emissionen.🔗 https://www.dhl.com
✘ Negativ: Mehrere mittelständische Logistikdienstleister nennen zwar „Klimaschutz“ als Ziel, zeigen aber keinerlei belastbare Daten oder Trackingmethoden. (Unternehmensnamen wurden aus Gründen der Fairness nicht genannt.)
Technik: Performance-Probleme und Barrieren für Nutzer
Die technische Bilanz fällt kritisch aus:
- Nur 24 % der Websites erreichen gute mobile Ladezeiten.
- Etwa 50 % erfüllen grundlegende Barrierefreiheitsstandards (Alt-Texte, Tastaturnavigation, Kontraste).
Für Logistikunternehmen, die täglich digitale Schnittstellen zur Disposition, zu Frachtführern oder zur Sendungsverfolgung nutzen, ist das ein strukturelles Problem.
Praxisbeispiel
✔ Gebrüder Weiss setzt im Kundenportal auf hohe Performance, Echtzeit-Tracking und barrierearme Darstellung.🔗 https://www.gw-world.com
Kundenschnittstellen: hohe Präsenz, aber geringe Tiefe
Die Studie zeigt einen deutlichen Widerspruch:
- 90 % der Logistiker sind zwar in Social Media aktiv,
- aber nur ein Viertel nutzt diese Kanäle strategisch gesteuert (z. B. für Recruiting-Funnels, Service-Kommunikation oder Kriseninfos).
Bei digitalen Self-Service-Portalen ergibt sich:
- 55 % bieten ein Portal
- aber nur 20 % funktionale Mehrwerte wie proaktive Störungsinfos, Chatbot-Service oder dynamische ETA-Updates
Praxisbeispiel
✔ Hellmann Worldwide Logistics setzt mit seinem „Smart Visibility“-Ansatz auf Data-Driven-Tracking und automatisierte Statusinformationen.🔗 https://www.hellmann.com
KI-Readiness: Grundlage fehlt oft komplett
Einer der kritischsten Befunde:
- Nur 48 % der Unternehmen bieten maschinenlesbare Inhalte, die z. B. ChatGPT oder anderen KI-Systemen helfen würden, Informationen korrekt auszulesen.
- Strukturierte Daten, die Google oder KI-Modelle benötigen, sind selten vorhanden.
- Viele Websites sind technisch nicht so aufgebaut, dass KI-Tools Services wie Trackingdaten, Ansprechpartner oder Leistungsbeschreibungen zuverlässig extrahieren können.
Thorsten Greiten, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Netfederation, fasst zusammen: „Für die Zukunft wird entscheidend sein, echte AI-Readiness zu schaffen: Daten, Technik und Inhalte müssen nahtlos zusammenspielen.“
Das bedeutet für Logistiker: Ohne strukturierte Daten kein KI-gestützter Kundenservice, keine automatisierte Disposition, keine intelligente Informationsverarbeitung.
Digitalisierung läuft – aber noch nicht synchron
Heiko Müller vom Team Neusta ordnet ein: „Viele Logistiker haben den Wandel begonnen – doch Technologieintegration, Barrierefreiheit und nahtlose Kundenschnittstellen bleiben die größten Herausforderungen.“
Die Benchmark-Analyse macht deutlich:
Was gut läuft
- Digitales Tracking und Kundenportale werden zunehmend standardisiert.
- Große Logistiker zeigen strategische Zukunftspläne, etwa zu KI und Automatisierung.
- Nachhaltigkeit wird ernster genommen – zumindest kommunikativ.
Was fehlt
- Klare technische Standards und messbare KPIs
- Barrierefreiheit für Mensch und Maschine
- Performante Websites und mobile Anwendungen
- Strukturierte Daten als „Futter“ für KI-Systeme
- Strategische Social-Media- und Content-Architektur
- Investitionen in moderne IT-Infrastrukturen
Fazit
Die Branche ist in Bewegung, aber die KI-Lücke wird zum Risiko. Der Logistik Benchmark 2025 zeigt, dass die Branche die digitale Transformation begonnen hat, aber zu selten konsequent umsetzt. Während Spitzenreiter digitale Exzellenz als Wettbewerbsvorteil nutzen, droht der breiten Masse eine strukturelle Abkopplung, insbesondere im sich anbahnenden KI-Zeitalter. Für Logistikunternehmen bieten die Ergebnisse klare Ansatzpunkte: Daten standardisieren, Technik optimieren, Inhalte maschinenlesbar machen und digitale Services zu Ende denken. Nur dann bleibt die Logistikbranche im internationalen Wettbewerb zukunftsfähig.
Was Unternehmen jetzt tun sollten
1. Strukturierte Daten einführenInformationen zu Leistungen, Ansprechpartnern, Standorten und Nachhaltigkeitskennzahlen sollten als maschinenlesbare Daten (z. B. Schema.org, JSON-LD) vorliegen. Grundlage für KI-Nutzung, SEO und digitale Services.
2. Performance und Barrierefreiheit optimieren
Schnelle Ladezeiten, mobile Optimierung und barrierearme Inhalte sind Pflicht. Sie verbessern nicht nur die User-Experience, sondern sind Basis für KI-Tools und automatisierte Auswertung.
3. Nachhaltigkeitsinformationen zentral bündeln
Kennzahlen, Ziele und Fortschritte sollten auffindbar, aktuell und konsistent sein – idealerweise mit klaren KPIs. Das erhöht Transparenz für Kunden, Investor:innen und KI-Systeme.
4. Kundenschnittstellen strategisch aufbauen
Self-Service-Portale, Tracking-Features und Service-Chats sollten funktional verknüpft werden. Dabei gilt: weniger Kanäle, aber besser orchestriert.
5. KI-Readiness schaffen
Datenqualität verbessern, Prozesse digitalisieren, interne Silos abbauen. Ohne ein sauberes Daten- und Prozessfundament bleiben KI-Tools wirkungslos.
6. Social Media als Service nutzen
Nicht nur senden, sondern reagieren: Service-Hubs, Störungsmeldungen, FAQ-Formate und Community-Management stärken Kundenbindung.
7. Interne Kompetenzen ausbauen
Digitale Fachkräfte, Schulungen und klare Verantwortlichkeiten für Daten, Technik und Inhalte sind entscheidend für nachhaltige Transformation.






