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Rallye Dakar 2021: Interview mit Truck-Sieger Dmitry Sotnikov

Rallye Dakar 2021
Interview mit Truck-Sieger Dmitry Sotnikov

Bei der diesjährigen Rallye Dakar haben die Kamaz-Teams mächtig abgesahnt. Spitzenreiter Dmitry Sotnikov im exklusiven Interview.

Interview mit Truck-Sieger Dmitry Sotnikov
Foto: Gianenrico Griffini/Kamaz Dakar Team
Ein Hattrick von Kamaz und ein weiterer Kamaz-Truck auf dem siebten Platz in der Endwertung der diesjährigen Rallye Dakar. Haben Sie dieses Ergebnis vor dem Start auf der Arabischen Halbinsel erwartet?

Ja, dieses Jahr haben wir ein cooles Ergebnis, aber man kann nicht jedes Jahr damit rechnen. Das kommt nicht oft vor. Der letzte Hattrick liegt sechs Jahre zurück. Und in den restlichen Jahren gab es auch Niederlagen oder auch nur zwei Trucks auf dem Podium. In diesem Jahr schafften es drei Kamaz-Lkw, trotz aller Schwierigkeiten auf der Strecke und dem Rennen aufs Podium zu kommen.

Das elektronisches Roadbook gab es 10 Minuten vor Beginn der Etappe, dazu weniger Hochgeschwindigkeitsgeraden und eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 90 km/h auf gefährlichen Streckenabschnitten. Wie wirkten sich diese Faktoren auf Ihr Rennen aus?

Die Dakar hat sich nach dem Umzug nach Saudi-Arabien verändert. Nach der Erfahrung des letzten Jahres haben wir erkannt, welche Landschaften uns erwarteten, aber in diesem Jahr haben die Organisatoren eine neue Regel angewendet – elektronisches Roadbook. Es wurde erst 10 Minuten vor dem Start heruntergeladen oder übergeben. Später erhöhte sich diese Zeit auf bis zu 20 Minuten. Die Navigation war einer der wichtigsten Punkte in diesem Rennen. Es war schwierig für alle, vor allem in der ersten Hälfte der Rallye, weil wir diese Geräte vorher nicht verwendet hatten. Das bedeutet, dass derjenige, der als Erster alles aussortiert hat, der mit der Navigation besser gearbeitet hat, am Anfang einen Vorteil hätte. Ja, es gab keine Hochgeschwindigkeitsgerade, aber ich finde das gut – der Kampf wurde intensiver. In Saudi-Arabien werden Abschnitte weniger über besiedelte Gebiete gelegt, daher gibt es weniger Geschwindigkeitsbegrenzungen als in Südamerika. Das ist besser für schnell Etappen. Das Roadbook war intensiver. Mir persönlich hat das geholfen, konzentrierter, aufmerksamer zu sein. Wir fuhren vorsichtig und diese Taktik brachte ein gutes Ergebnis.

Können Sie die Geschichte Ihrer Dakar in diesem Jahr ausführlich beschreiben? Was sind die wichtigsten Wendepunkte der diesjährigen Rallye?

Der Schlüsselteil war die erste Hälfte des Rennens. Wir haben es geschafft, vier Etappen zu gewinnen. So hatten wie einen Zeitvorsprung, der es uns erlaubte, ruhiger und präziser zu fahren. Auch wenn die Rallye mal komplizierter wurde und es Momente gab, in denen wir nervös waren, da nicht alles reibungslos verlief: Probleme mit der Navigation, durchlöcherte Reifen, gefährliche Trial-Flussbetten, wo man aufgrund einer Panne für 30 bis 40 Minuten zum Stillstand kommen konnte. Wir haben versucht, unser Tempo zu gehen, nicht viel zu verlangsamen. Ich hatte einfach das Gefühl, dass wir unser Tempo halten sollten.

Wer war in diesem Jahr der anspruchsvollste Konkurrent? Macik? Loprais? Vishneuski? Van Den Brink?

Wir haben starke Rivalen. In diesem Jahr hat sich Martin Macik stark verbessert, entwickelte seinen Lkw weiter und trat mit einem Automatikgetriebe an. Er hatte den großen Wunsch, vor allem in der zweiten Hälfte des Rennens, höher in der Tabelle zu klettern. Das Tempo war da. In der ersten Hälfte hatte er aber Pech. Ich denke jedoch, dass er nächstes Jahr nicht nur um das Podium, sondern um den Sieg kämpfen wird. Loprais ist einer der erfahrensten, gefährlichsten Rivalen. Er versucht immer, schnell zu fahren, trotz Problemen mit dem Lkw. Er war sehr gut und auf vielen Abschnitten schnell unterwegs. Der Kampf von Loprais und Macik hat der zweiten Hälfte der Rallye gut getan. Loprais hatte am Ende etwas Pech, kämpfte aber trotzdem. Aliaksei Visheuski wird von Jahr zu Jahr besser. In diesem Jahr fuhr er einen neuen Hauber-Lkw. Ihr Team gewann auch den Prolog: Siarhei Viazovich wurde Erster, Visheuski Zweiter. Sie versuchten zusammenzuhalten, aber technische Probleme warfen Aliaksei ein wenig nach hinten. Im Rest des Rennens zeigte er dafür ein stabiles Ergebnis. Ich denke, dass er nächstes Jahr ständig in der Spitzengruppe sein wird. Van den Brink verfolgte das Pech. Es scheint mir, dass sein Lkw Van den Brinks Tempo nicht mitgehen will. Er ist ein erfahrener Fahrer. Wir hoffen, dass er im Jahr 2021 seinen Lkw verbessern wird und Teil der Spitzengruppe ist. Ich möchte auch einen Chilenen erwähnen, einen dreifachen Gewinner in der Quad-Kategorie, Casale. Er sah nicht schlecht aus, das erste Mal am Steuer eines Lkw. Auf einigen Etappen war er sehr schnell unterwegs. Vielleicht hat er nicht genug Erfahrung, aber er scheint ein sehr intelligenter, analysierender Rennfahrer zu sein. Er schaut immer aufmerksam, wer, wie und was fährt. Ich denke, dass er einen Platz in der Lkw-Kategorie bekommen wird und in paar Jahren ebenfalls zur Spitzengruppe gehört. Außerdem warten wir auf die Rückkehr von Gerard de Rooy.

Sie und Vladimir Chagin sagten, der diesjährige Erfolg sei dem gesamten Kamaz-Team zu verdanken. Können Sie die Rolle des Lkw in diesem Ergebnis erklären? War Ihr Kamaz 4309 mit 13-Liter-Dongfeng-Cummins-Motor und Automatikgetriebe so zuverlässig und leistungsstark wie erwartet?

Die Rolle des Trucks ist groß. Ich würde sagen, dass 50 Prozent vom Fahrzeug und 50 Prozent von den Menschen im Fahrerhaus abhängen. Dabei geht es auch darum, wie bereit sie sind und wie sie die Power des Trucks umsetzen können. Der Truck ist eine Frucht der Arbeit des gesamten Teams. Das gilt nicht nur für dieses Jahr. Das Niveau des Teams steigt jedes Jahr und ich halte unseren Lkw für einen der besten, was die technischen Spezifikationen betrifft, einschließlich des Motors. Er macht mich glücklich. Seine Kraft erlaubt es, Dünen, Sand und Flussbetten zu überwinden. Wir entwickeln uns zudem ständig weiter, nicht nur im Motorenbereich, sondern auch im Fahrgestell. Auch die Besatzungen trainieren ständig und erhöhen ihr Niveau. Der Sieg ist das Ergebnis des gesamten Teams, der richtige Vorbereitung und der Menschen, die hier zusammenarbeiten.

Wie würden Sie Ihren Fahrstil beschreiben? Sind Sie aggressiv, cool, ein Taktiker?

Vielleicht hat jeder ein anderes Verständnis von diesen Faktoren. Ich bin der Meinung, dass der Fahrstil all diese Eigenschaften enthalten sollte – aggressiv, cool, Taktik. Manchmal ist der Stil aggressiv. Vielleicht mag ich das mehr. In der ersten Hälfte der Dakar war das der Fall. Doch in der zweiten waren wir taktischer und mit kühlem Kopf unterwegs. Wir erkannten die ganze Situation und versuchten, dem Augenblick entsprechend zu handeln, um die Risiken zu reduzieren. Viele Athleten ändern den Stil während des Rennens. Rallyes unterscheiden sich von anderen Rennen. Sie müssen erkennen und verstehen, was Sie auf der Strecke jeden Tag tun.

Wo fühlen Sie sich als Pilot am wohlsten? Auf felsigen Strecken? Weichem Wüstensand? Dünen? Enge und kurvige Strecken?

Ich denke, dass man sich auf all diesen Terrains wohl fühlen sollte, wenn man in der Spitzengruppe der Dakar fahren und gewinnen will. Wenn du nicht all diese Terrains liebst, wirst du nicht stark genug sein für den Kampf um die erste Position. Manchmal mag ich kurvige Strecken wie bei klassischen Rallyes. Der Lkw ermöglicht es, effektiv zu fahren. Die Kehrseite ist aber, dass man es mit ihm auf der Strecke auch schnell ein Bisschen übertreiben kann. Ich versuche darum, auf allen Terrains zu trainieren.

Können Sie zum Schluss noch die wichtigsten Schritte in Ihrer Karriere als Pilot eines Rallye-Lkw skizzieren?

Meine Rennkarriere begann im Alter von acht Jahren, als mein Vater und ich zum Kartclub kamen. Mit neun ging ich bereits zu den Wettkämpfen und war bis 15 im Kartsport aktiv. Von 15 bis 18 Jahren nahm ich an Kreisrennen in der Kategorie OKA-Junior teil. Dann fuhr ich für die Marke ZMA, das war in unserer Stadt damals. Danach gab es eine kleine Pause, während der ich mich auf die Universität konzentrierte. Dann kam ich zu meinem jetzigen Team. Es gab eine Buggy-Abteilung. Wir arbeiteten mit Valentin Nikolaev für drei Jahre zusammen. Später, im Jahr 2011, begann ich mich am Steuer des Lkw zu versuchen. 2012 bin ich schon die ganze Saison gefahren und bis jetzt in der Rolle eines Piloten unterwegs.