Sonderausstellung im Technik Museum Speyer: Daimler Truck zeigt seine Depotschätze

Sonderausstellung im Technik Museum Speyer
Daimler Truck zeigt seine Depotschätze

In Kooperation mit Mercedes-Benz Trucks Classic widmet das Technik Museum Speyer den Nutzfahrzeugen aus Bad Cannstatt, Gaggenau und Wörth eine neue Sonderausstellung. „Legenden auf Rädern – Pioniergeist, Innovation, Tradition“ zeigt 18 Oldtimer, Unikate und Technikvorreiter von 1899 bis 2024. Ein Exponat ist eine besondere Überraschung.

Daimler Truck zeigt seine Depotschätze
Foto: Johannes Roller

Die Entwicklung des Straßengüterverkehrs ist untrennbar mit den Erfindungen von Gottlieb Daimler und Carl Benz Ende des 19. Jahrhunderts verknüpft. 1896 brachten beide unabhängig voneinander ihre ersten benzinbetriebenen Lastwagen auf den Markt. Der erste „Motor-Lastwagen“ der Daimler-Motoren-Gesellschaft Cannstatt rollte schon im selben Jahr durch die Straßen Londons, der erste „Lieferungswagen“ von Benz & Cie durch Paris. Unzählige Weiterentwicklungen folgten – Kardanwelle, Luftbereifung, Dieselmotor usw. – bis zum Lkw, wie wir ihn heute kennen.

Mehr Sterne für die Raumfahrthalle

Genau diese Entwicklungsgeschichte wollen die Macher der neuen Sonderausstellung „Legenden auf Rädern – Pioniergeist, Innovation, Tradition“ im Technik Museum Speyer veranschaulichen. Sie ist inmitten der großen Raumfahrtausstellung des Museums beheimatet und umfasst 18 teils einzigartige Nutzfahrzeuge aus den Jahren 1899 bis 2024.

„Es ist die erste Ausstellung, die die gesamte Bandbreite der Nutzfahrzeuge von Mercedes-Benz Trucks außerhalb der Werke und des Mercedes-Benz Museums zeigt“, freut sich Bernd Hufendiek von Mercedes-Benz Trucks Classic. Seit der Trennung der Lkw- von der Pkw-Sparte im Jahr 2021 ist Hufendiek Herr über mehrere Regalkilometer Archivmaterial und 130 Nutzfahrzeug-Oldtimer, von denen jetzt 16 in Speyer stehen. Zwei weitere Exponate kamen aus Privatbesitz hinzu.

Lkw, Unimog und MB trac

Die Sonderausstellung gliedert sich in mehrere Themenbereiche, darunter auch die beliebten „Arbeitstiere“ Unimog und MB trac. Innerhalb dieser Themenbereiche haben die Ausstellungsmacher die Exponate chronologisch aneinandergereiht.

Ziel: der älteste fahrbereite Lkw der Welt

Den Anfang macht das liebevoll nachgebaute Gartenhaus von Gottlieb Daimler in Bad Cannstatt. Darin steht ein Daimler Motor-Lastwagen mit 4 PS starkem Zweizylinder-Ottomotor und Kardanwelle, 1899 ausgeliefert an die Stuttgarter Wasserwerke, die ihn 24 Jahre später dem Hersteller für seine Sammlung zurückgaben. Hufendiek: „Er soll hier restauriert werden und zum Ende der Sonderausstellung aus eigener Kraft aus der Halle rollen – womit er dann tatsächlich der älteste fahrbereite Lkw der Welt wäre!“

Weiter geht es mit einem luftbereiften, feldgrauen Benz-Mannschaftswagen von 1914, gefolgt vom – inzwischen hatten Daimler und Benz fusioniert – ersten Serien-Dreiachser N 56 (ab 1930 „L 8500“) aus dem Jahr 1929. Auch ein Lo 2000 D, Baujahr 1935, darf nicht fehlen. „Er verhalf dem Diesel zum Durchbruch, da davon erstmals mehr Diesel als Benziner gebaut wurden“, erläutert Hufendiek.

Von den Kriegsjahren zeugt ein sandgrau lackierter, 1943 für die Feuerlöschpolizei gebauter Mercedes-Benz L 1500 S, der als leichtes Löschgruppenfahrzeug im Einsatz war.

Die Wirtschaftswunder-Lkw

Für Wiederaufbau und westdeutsches Wirtschaftswunder stehen wiederum der 1946 bei Erhard & Söhne in Schwäbisch Gmünd gebaute und später zum Diesel modernisierte zweite Prototyp des Unimog, ein Mercedes-Benz LAK 315 von 1955 aus der legendären Bölling-Sammlung sowie der bekannte „Tausendfüßler“ LP 333, Baujahr 1960, aus der Werkssammlung, restauriert mit Aufbau in den Farben von Mauxion-Schokolade.

Unter Auslassung eines Kurzhaubers folgen die Hits der 80er- und 90er-Jahre, die „Neue Generation“ (verkörpert durch einen Mercedes-Benz 1635 S, Baujahr 1989, aus der Sammlung von Spediteur Rolf Hamprecht) und die „Schwere Klasse“ (einen im Neuzustand erhaltenen, 1996 gebauten 1831 LS aus der Werkssammlung).

Mit dem Future Truck 2025 in die Zukunft

Die Brücke zu Gegenwart und Zukunft schlagen diese drei Exponate: der auf der IAA Nutzfahrzeuge 2014 präsentierte „Future Truck 2025“ – der erste autonom fahrende Lkw der Welt; eine Mercedes-E-Achse als Symbol der Hinwendung zum batterieelektrischen Lkw-Antrieb; und das wahrscheinlich jüngste Fahrzeug im Museum, ein Actros L 1848 LS mit der neuen „ProCabin“, die der Diesel-Lkw vom batterieelektrisch angetriebenen Bruder eActros 600 übernommen hat.

Sicherlich zur Freude der Sonderfahrzeug- und Traktoren-Fangemeinde lockern diese Exponate die Ahnengalerie auf: einer von nur 380 gebauten Einzylinder-Diesel-Straßenschleppern vom Typ OE aus dem Jahr 1926, ein MB trac 1800 Intercooler von 1991 aus Privatbesitz – der stärkste und letzte von Mercedes-Benz gebaute Traktor, ein 2006 gefertigter Luxus-Unimog U 500 Black Edition Brabus, der 2011 vorgestellte, einem Pfeilgiftfrosch nachempfundene metallic-grüne Showcar-Unimog sowie der U 5023 „Hound“ aus dem Hollywood-Blockbuster „Transformers: The Last Knight“ von 2017.

Ein Exponat gibt Rätsel auf

Ebenfalls aus dem Offroad-Bereich stammt ein Exponat, das die Ausstellungsmacher verpackt in einer riesigen Holzkiste "zeigen", lediglich sichtbar als Silhouette an einer mit Leinwand bespannten Seite. Dahinter verbirgt sich der LG 497, ein 8x8-Pritschen-Lkw mit einem kippbaren, kantigen Fahrerhaus über einem 390 PS starken 10-Zylinder-Vielstoff-Dieselmotor OM 403 VA. Gebaut wurde er 1973 als Prototyp eines Lkw 10t mil gl für die Bundeswehr und wurde schnell zu einem Politikum, weil Daimler-Benz diesen Vierachser damals eigeninititativ ins Rennen schickte, aber gleichzeitig Mitglied des sogenannten Gemeinschaftsbüros aus sechs deutschen Lkw-Herstellern war, das eine neue Lkw-Generation für die Bundeswehr realisieren sollte.

Letztlich zog sich Daimler-Benz aus dem Wettbewerb zurück und MAN erhielt als Generalunternehmer den Milliardenauftrag für den Lkw mil gl KAT I. Der olivgrüne Vierachser mit den Schraubenfedern ging zurück an Daimler-Benz, soll Jahrzehnte im Freien gestanden und entsprechend gelitten haben – wurde offensichtlich aber immer wieder vor der Verschrottung gerettet. Ob er eines Tages unverhüllt gezeigt, vielleicht sogar restauriert wird? Kein Zweifel, der Auftritt in der Holzkiste soll neugierig machen!

„Eine Lkw-Ausstellung mit so gewichtigen Exponaten gab es im Technik Museum Speyer noch nie“, sagte Museumsleiter Andreas Hemmer bei der Eröffnung am 20. Dezember 2024. „Sie richtet sich an Technikinteressierte und Fahrzeugliebhaber gleichermaßen und bietet einen umfassenden Überblick über die Geschichte und Zukunft der Nutzfahrzeuge von Mercedes-Benz Trucks.“

Das Netzwerk ist alles in der Oldtimerszene

Zustande kam sie durch ein privates Nutzfahrzeugtreffen, gefolgt von einem Blick in die Sammlung des weltgrößten Lkw-Herstellers. „Da muss eine Sonderausstellung her“, waren die Museumsleute sofort überzeugt. „Legenden auf Rädern ist ein weiteres Beispiel dafür, wie wichtig unser weltweites Netzwerk ist“, unterstrich Hemmer. Sonst wäre man zum Beispiel auch nie an die sowjetische Raumfähre Buran gelangt, die hinter dem Future Truck emporragt. Raumschiffe unter sich, sozusagen.

Bis zum 5. März 2026 werden die Nutzfahrzeuge nun neben den Raumfahrzeugen glänzen. Und dann darf man gespannt sein, ob mehr Oldies aus eigener Kraft aus der Halle rollen, als hineingefahren sind.