Bernd Hufendiek hat einen Lauf: Er hat Mercedes-Benz Trucks Classic erfolgreich als Institution für das reiche Firmenerbe etabliert, das Classic-Team hat 2024 mit mehreren Oldtimern aus der werkseigenen Sammlung an der 20. Deutschlandfahrt für historische Nutzfahrzeuge teilgenommen, anschließend gemeinsam mit dem Technik Museum Speyer eine sehenswerte Sonderausstellung auf die Räder gestellt – und jetzt, wieder gemeinsam mit dem Museum, die Rückkehr auf die beliebte Oldtimer-Messe im Ländle realisiert.
Fünf Jahre ist der letzte Daimler-Truck-Auftritt bereits her, inklusive Pandemie, Konzernaufspaltung und Wechsel des Messeveranstalters. "Die Rückkehr war mir wirklich ein Anliegen", sagt Hufendiek. "Wenn wir nicht hier sind, wer dann?!" Neben dem Technik Museum Speyer und der Umrüstungs- sowie der Ausbildungsabteilung des Werkes Wörth hat ihn auch Konrad Auwärter bei der Umsetzung dieses Anliegens unterstützt, der mit seiner Omnibus-Community nun Standnachbar in Halle 6 ist.
Zu den Nachbarn gehören außerdem NVG und IG Süd, die mit Mercedes-Lkw von LP über NG bis SK aufwarten. Aber auch mit einem Volvo F88, einem Scania LB 110 und einem MAN 19.280 mit reichlich Patina. Sogar zwei top gepflegte, komplette Mercedes-Sattelzüge stehen auf der Messe: ein früher NG 1419 LS von Fehrenkötter und der 1632 LS, Baujahr 1979, von Gregor Dihn. Der Stern ist also omnipräsent in Halle 6.
Elf Exponate, fünf davon auf eigener Achse angereist, hat Mercedes-Benz Trucks Classic aufgefahren, darunter den Nachbau des Daimler Motor-Lastwagens von 1896, einen Benz 1CN von 1922, einen Mercedes-Benz L 3000 S von 1939, einen L 5000 von 1951, einen LP 323 von 1962 und einen L 1113 von 1966.
Ein L 4500 aus Nigeria gibt Rätsel auf
Im Mittelpunkt steht ein frisch restaurierter, schwarz-blauer Langhauber mit englischer Türbeschriftung. Der 2007 für die Sammlung zurückgekaufte L 4500 wurde 1955 für den Export gebaut und trug noch nicht die neue Bezeichnung L 312, die seit 1954 für den heimischen Markt galt. Geliefert wurde er nach Nigeria und erhielt dort, entweder direkt oder später, den Pritschenaufbau, den er bis heute trägt. Das Typenschild ist in französischer Sprache gehalten und mit Kreuzschlitzschrauben montiert anstatt genietet – was sehr unüblich ist.
Außerdem findet sich eine Plakette des nigerianischen Fahrzeugbauers Anammco innen am Türrahmen – der aber erst Jahre später Mercedes-Benz-Partner für CKD-Bausätze wurde. Davon abgesehen gab es die Langhauber nie als CKD-Bausätze. „Wenn ich so etwas recherchiere, komme ich mir manchmal vor wie Sherlock Holmes“, scherzt Hufendiek. Technikgeschichte kann so spannend sein!
Gepflegte Feuerwehr-Schönheiten
Dass Aufbau und Fahrgestell bisweilen aus unterschiedlichen Dekaden stammen können, wissen auch die Feuerwehrleute am Gemeinschaftsstand von Landesfeuerwehrverband, Feuerwehrmuseen, Werkfeuerwehr Mercedes-Benz und Berufsfeuerwehr Stuttgart zu berichten. So hatte die eine oder andere ausgestellte Drehleiter auf einem Lkw-Fahrgestell aus den 1920er- und 30er-Jahren ein früheres Leben als Anhängerleiter oder Pferdegespann.
Harald Pflüger leitet den Messeauftritt und berichtet: "Dieses Jahr haben wir den Platz recht kurzfristig bekommen und als Motto Vorkriegsfahrzeuge sowie Holz- und Stahlleitern gewählt." Eines dieser trotz der kurzfristigen "Alarmierung" 14 ausgestellten Fahrzeuge ist die Daimler-Benz Kraftfahrspritze KS 20 (L 64) der Werkfeuerwehr Sindelfingen von 1933, die schon mehrfach auf der Retro Classics zu Gast war und an der man sich einfach nicht sattsehen kann. Ehrensache, dass sich die Werkfeuerwehrmänner für ein stilechtes Erinnerungsfoto in die mitgebrachten historischen Uniformen zwängen.
Von der Normandie an den Rhein
Auf die chromblitzenden feuerroten Schönheiten folgt ein ebenso schmuckloses wie zweckmäßiges ultramarinblaues Monstrum: der dreiachsige Schwimmwagen DUKW 353, hergestellt 1942 von GMC für die US-Landungsoperationen im Zweiten Weltkrieg. Mitte der 50er-Jahre gelangte das neun Meter lange Amphibienfahrzeug erst zur jungen Bundeswehr und dann zum Hochwasserzug Rheinland-Pfalz des Technischen Hilfswerks. Als eines der ältesten und exotischsten Fahrzeuge gehört es inzwischen zur THW-historischen Sammlung. "Wir feiern 2025 ja 75 Jahre THW, daher haben wir unseren alten DUKW mitgebracht", erklärt Rainer Mahn von der THWhS.
Die Idee eines Amphibien-Lkw griff Iveco im Jahr 2010 nochmal auf, im Rahmen eines EU-geförderten deutsch-französischen Projekts. Eine einzige Amphibie auf Eurocargo-4x4-Fahrgestell wurde von Hampel in Luckenwalde aufgebaut. Sie ist beim Ortsverband Germersheim im aktiven Dienst – und auf der Retro Classics 2025 mit von der Partie. Über eine beigestellte Plattformtreppe können die Messebesucher beide Amphibienfahrzeuge erklimmen und am Lenkrad beziehungsweise Ruder Platz nehmen.
Probesitzen im Polizei-Panzer
Weitere Sitzgelegenheiten in Blaulichtveteranen gibt es in den Hallen 5 und 7, beim Polizeimuseum Stuttgart und am Stand der Bundeswehr. Während letztere auf "harmlose" Exponate wie einen Unimog U1300L als Krankenkraftwagen und einen Rettungshubschrauber vom Typ Bell UH-1D SAR setzt, hat das Polizeimuseum schweres Demo-Gerät aufgefahren: den ausrangierten Wasserwerfer 9000 („WaWe 9“) auf Mercedes-Benz 2634 AK von 1995 und den gepanzerten "Sonderwagen 4", 1988 aufgebaut von Thyssen auf einem Unimog U1300L.
Auch zwei dunkelgrüne Allradler (aus Privatbesitz), wie sie die Bereitschaftspolizei ab Ende der 1950er nutzte, stehen diesmal auf der Retro Classics: ein Unimog S als Funkkraftwagen und ein Borgward B 2000 A/O als leichter Gruppenkraftwagen mit Lederverdeck und, aus heutiger Sicht, sehr rustikalem Interieur. Ulrich Herzog, pensionierter Oberkommissar, erinnert sich: "Ich war damals während meiner Ausbildung bei der Bereitschaftspolizei Göppingen, und wir hatten so einen B 2000 im Fernmeldezug. Ich bin auch selbst damit gefahren – das war spaßig, aber auch grobschlächtig."
Begehrter MB-trac
Apropos Unimog: Der steht diesmal auch bei den Bulldog- und Schlepperfreunden Württemberg in Halle 7 im Fokus – gemeinsam mit seinem Bruder, dem von 1973 bis 1991 produzierten und als Sammlerstück heißbegehrten MB-trac. Auch der Unimog-Club Gaggenau hat ein Geschwisterpaar aus U 1400 und MB-trac 1000 mitgebracht. Bei so vielen Fahrzeugen mit dem Stern im Kühlergrill, die Mercedes-Pkw in den übrigen Messehallen nicht zu vergessen, ist die Rückkehr der Daimler Truck AG auf die Retro Classics nicht nur ein wichtiges Signal, sondern auch ein echtes Heimspiel.












