Bei all den umfänglichen Messungen für diesen Vergleichstest beeindruckt eine Zahl aus der Statistik am meisten: Drei von vier Neuzulassungen in der Drei-Tonnen-Klasse (74,9 Prozent) gehen auf die Kappe von T6, Vito oder Transit Custom. Grund genug, die drei Verkaufsschlager zu einem Kräftemessen einzuladen. Die Vorgaben: kompakteste Karosserievariante, mittelstarke Motorisierung und maximal 10.000 Euro Budget für Sonderausstattung. So bleiben sie unter der stadtfreundlichen Fünf-Meter-Marke und bringen mit 105 PS (Ford) beziehungsweise 114 PS (VW und Mercedes) genug Power mit, um das Testgewicht von 500 Kilo zu schleppen.
Transit: Dynamiker mit Gardemaß
Ausgerechnet der vermeintlich Schwächste in der Runde müht sich mit der Last am wenigsten ab. Für einen Transporter wuselt der Transit Custom überraschend agil durchs Stadtgetümmel. Die 105 PS auf dem Papier nimmt man ihm kaum ab. Des Rätsels Lösung ist das satte Drehmoment des neuen Zweiliter-Ecoblue-Dieselmotors. 360 Nm zerren ab frühen 1.375 Touren vehement an der Vorderachse. Auf rutschigem Boden ist er damit selbst etwas überfordert, zupft ab und zu cholerisch am Lenkrad und sucht nach Halt. Das ESP regelt spät, greift zu ruppig ein. Bei 2.000 Umdrehungen flacht das maximale Drehmoment deutlich ab, auf der Autobahnauffahrt trabt er wieder brav mit den anderen mit.
Dennoch: Wenn man bei kantigen Kastenwagen überhaupt davon sprechen darf, dann ist der Ford der Spaßmacher unter den Dreien. Harte Federung, sportlich direkte Lenkung, knackige Schaltung und Turbobums: Alles zusammen zieht Handwerkern, die auf hohen Fahrkomfort pfeifen, die Mundwinkel höher. Bestens gedämmt, dringt nur das Turbozischen leise in die Fahrerkabine durch. Die ist großzügig geschnitten, drei Personen kommen ohne Ellenbogen-Gerangel unter. Die Sechsgang-Schaltung hat Ford weit oben angebracht, auf Höhe der Lenkradspeiche. Für den Fahrer ist das angenehm und die Person in der Mitte muss keine Druckstellen am Knie befürchten.
Ablagen gibt es genug: ein großes Fach unter der Doppelbank, aus der Mittelsitzlehne klappt eine Schreib-Arbeitsfläche hervor. Teilweise sind sie aber nicht optimal platziert, wie die große Getränkehalterung auf Kniehöhe. Eine offene Dokumentenablage fehlt. Externe Geräte stöpselt der Fahrer im geschlossenen Fach auf dem Armaturenträger vor dem Lenkrad ein. Die Polsterung ist hart, dafür lässt sich der Fahrersitz am weitreichendsten verstellen. Von der Lordosenstütze ist nichts zu spüren, selbst wenn man das fummelige kleine Einstellkreuz bis zum Anschlag dreht.
Tasten und Knöpfe am Armaturenträger fehlt es an logischer Struktur, teilweise liegen sie versteckt hinterm Lenkrad. Im Vergleich zu den beiden Konkurrenzmarken, die mit Pkw-Bauteilen, Chrom und Klavierlack ihre Transporter pimpen, schaut der Transit altbacken und blass aus. Positiv ist der Fehlbetankungsschutz. Negativ: Zum Öffnen der Motorhaube benötigt man den Fahrzeugschlüssel, die Suche nach dem winzigen Widerhaken unter der Haube kostet Nerven und Zeit.
Bei Antrieb und Komfort spielt der Ford mit Vito und T6 in einer Liga. Das Nachsehen hat der Testwagen in puncto Laderaum und Sicherheit, trotz der umfangreichsten Assistenzsysteme und trotz bester Rundumsicht dank Weitwinkelspiegel. Außer den acht Ösen am Boden hat der Transit an Verzurrmöglichkeiten nichts zu bieten. Und er braucht die meisten Meter bis zum Stillstand, sackt bei Vollbremsungen etwas instabil in die Knie.
Die entscheidenden Punkte gehen am Ende aber wegen der niedrigen Nutzlast verloren. Der Testwagen (270 L1) trägt nur 645 Kilogramm. Als 310 L1 mit bis zu 1.200 Kilo Nutzlast stünde er hier deutlich besser da. Dafür wäre beim Grundpreis aber ein Tausender mehr fällig geworden, was wiederum bei den Kosten ein paar Punkte gekostet hätte. Das nur nebenbei. Dass der Ford die größten Laderaumabmessungen und die größten Türausschnitte mitbringt, kann die Nutzlast-Schwäche nicht ausbügeln.
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