Der Actros ist – ganz ehrlich – wahrlich nicht der geborene Fahrer-Truck. Scania und Volvo haben eine größere, eingeschworenere Fan-Basis. DAF hat spätestens mit dem voluminösen XG ein Stein im Brett der Frauen und Männer hinter dem Steuer. Der Mercedes dagegen gilt im Allgemeinen als Unternehmerauto – und hat den Fahrern (in der Folge?) mit so mancher Gedenksekunde im Schaltvorgang und lauterem Grummeln aus dem Motorraum die kalte Schulter gezeigt.
Feingeistern mit ausgeprägtem Popometer reichen die Schwaben mit dem rundum optimierten OM-471-Antriebsstrang nun aber friedvoll die Hand: Ende 2022 bereits ist die dritte Generation des 12,8-Liter-Motors in Serie gegangen, gesegnet mit einem laut Hersteller um bis zu vier Prozent niedrigeren Dieselverbrauch. Für die Fahrer viel wichtiger aber: das Plus an Drehmoment dank des erweiterten Top-Torque-Programms. Das ist für alle OM-471-Reihensechszylinder mit 450 und 476 PS in Verbindung mit dem G281-Getriebe an Bord und sorgt im Standard-Modus für immerhin 2.500 Nm in den Gängen sieben bis zwölf.
Mindestens ebenso wichtig: die optimierte Getriebesteuerung PowerShift Advanced. Mit ihr fährt der Actros spürbar lebendiger an und wechselt die Gänge schneller. Im oberen Bereich sollen die Zugkraftpausen um sage und schreibe bis zu 40 Prozent kürzer ausfallen. Ein Wort. Eines, dem wir nach der Testfahrt mit dem auf 40 Tonnen ausgeladenen Sattelzug aus dem Unternehmensfuhrpark tatsächlich Glauben schenken. Die 476-PS-Kombi wirkt schließlich kaum über Gebühr bemüht.
Vollumfängliches Motor-Update
Einfach so hinnehmen müssen wir dagegen die weiteren Infos zum Motor-Update, ist davon am Steuer doch wenig bis nichts zu spüren. Kolbenmulde und Einspritzdüsen wollen die Ingenieure verbessert haben. Das Verdichtungsverhältnis fällt mit 20,3:1 jetzt höher aus (früher 18,3:1), was zu einer effizienteren Verbrennung mit 250 bar Spitzenzünddruck führt. Um den inneren Widerstand zu reduzieren, nimmt Mercedes-Benz Trucks zudem ein Motoröldruckregelventil mit elektrischem Stellantrieb in die Pflicht. Außerdem trauen sich die Schwaben an ein Motoröl mit niedrigerer Viskosität dran, was Reibungsverluste minimiert, gleichzeitig den Verschleiß aber nicht erhöhen soll. Die Ölwechselintervalle bleiben gleich.
Die überarbeitete Abgasnachbehandlung wiederum bringt den Motor mit weniger Gegendruck leichter auf Touren, dazu sollen mittels eines erhöhten "Adblue-Gleichmäßigkeitsindex" die Stickoxide besser umgewandelt werden. In Sachen Turbolader rollt der aufgefrischte Actros unterdessen mit zwei unterschiedlichen, vom Hersteller selbst gefertigten Teilen vom Band: Die verbrauchsoptimierte Version kommt in Modellen bis 476 PS zum Einsatz, die auf hohe Leistung und Motorbremskraft hin entwickelte Variante ist den OM 471 mit bis zu 530 PS vorbehalten.
Doch zurück zu Dingen, die sich tatsächlich erfahren lassen: Neben neuem Tatendrang zeichnet den aktuellen Actros nämlich auch eine wahrnehmbare Gelassenheit aus. Mit anderen Worten: Das Ding fährt mit dem L als Namenszusatz leiser als bisher, einer besseren Dämmung hin zum Motorraum sei Dank. Der Testwagen ist außerdem mit der zweiten Generation der Mirrorcams ausgestattet, deren Kameraarme um zehn Zentimeter verkürzt sind. Damit ragt nach rechts jetzt der Rampenspiegel weiter raus als die teure Technik, was im Falle eines ungewollten Zusammenstoßes zu erheblich günstigeren Reparaturkosten führen sollte. Daneben glänzen die Spiegel-Displays mit einer besseren Farb- und Helligkeitsabstimmung.
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