So manche Fahrzeugmarke kann man im Bekanntheitsgrad oft auf ein einziges Erfolgsmodell herunterbrechen. Volkswagen Käfer, Tesla Model S oder eben: Iveco Crossway. Der in Tschechien gebaute Italofranzose ist so etwas wie der Inbegriff des europäischen Überlandbusses geworden, und auch in seiner überhöhten Reisebusvariante Evadys macht er sich nicht schlecht im Markt. Jochen Grau, Marketingleiter Iveco Bus für die Region D-A-CH in Ulm, bescheinigt denn auch stolz, "fast in ganz Europa" Marktführer zu sein mit dem Modell. "Man kann den Crossway schon als das Brot-und-Butter-Auto vieler Busunternehmen bezeichnen." Und das beweist er auf allen Straßen Europas sehr deutlich, sind doch bereits mehr als 50.000 Busse aus dem Werk im tschechischen Vysoké Mýto gerollt und seither täglich im Einsatz.
Weniger bekannt ist Iveco bisher für seine Elektrobusse, auch wenn man seit Ende 2018 bereits mehr als 500 Stromer in ganz Europa ausgeliefert hat (in Deutschland sind es erst etwas mehr als 20). Im Jahr 2020 rangierte die Marke mit 113 E-Bussen europaweit auf Platz sieben mit einem Marktanteil von 5,5 Prozent, noch vor Ebusco, Mercedes-Benz und MAN (Quelle: Chatrou CME Solutions). Das Problem neben den geringen Stückzahlen war bisher auch, dass die Strategen in Lyon die Marke der Edelschmiede von Heuliez im französischen Rorthais exklusiv für die Batteriebusse verwenden wollten und eine europaweite Marketingkampagne dafür aufgelegt hatten. Bis 2019, da legten dieselben Strategen einen überraschenden U-Turn hin und wollten nun alle Busse außerhalb Frankreichs als Iveco E-Way "Powered by Heuliez" vermarkten. Und tatsächlich hat sich an dem Technikangebot und dem Design kaum etwas geändert. Glücklich war man in Ulm beim deutschen Importeur trotzdem nicht gerade über die Konzernidee gewesen, die der Kundenakzeptanz hierzulande nicht gerade zuträglich war. Umso eifriger und begeisterter sind die Kollegen unter dem seit 2019 von MAN gekommenen Business Director Erhan Eren denn dabei, den Elektrobus in Deutschland zu promoten.
E-Way-Baureihe: Zwei Modelle unter zwölf Meter Länge

Das Besondere an der E-Way-Baureihe, das den eher südwesteuropäischen Genen geschuldet sein mag, sind gleich zwei Modelle unter zwölf Meter Länge und mit einer Breite von nur rund 2,35 Metern. Optimal also für Altstadtzentren und andere enge Herausforderungen. Die deutschen Platzhirsche haben gerade mal die beiden Standardlängen mit Mühe und Not in den Markt gehievt, Nischen sehen sie nicht mehr so wirklich als ihre Aufgabe an. Eine Chance für die Spezialisten von Heuliez, denen die Ulmer Kollegen noch ein "eher handwerkliches Verständnis" des Busbaus zuschreiben – wo gerade die Produktion komplett auf Elektrobusse umgestellt wurde. Vorteil der beiden Kurzvarianten ist ein extrem kleiner Wendekreis von 16,3 respektive 19,4 Metern aufgrund der kleinen Radstände, die den Gesamteindruck des Busses von außen etwas beeinträchtigen. Nachteil des Layouts: Wegen der nötigen Gangbreite hinten müssen zwingend Supersingle-Reifen der Größe 455/45 R 22,5 aufgezogen werden, an denen sich bereits MAN und Elektromotorenbauer Ziehl-Abegg die Zähne ausgebissen haben. Jochen Grau sieht das unkritisch: "Das ist sicher nicht immer ideal – zum Beispiel bei der Verwendung von Schneeketten. Aber für die meisten Kunden überwiegen die anderen Vorteile des Konzepts mit einer Breite von 2,33 Metern und einer Länge von 9,5 beziehungsweise 10,7 Metern." Und die Innenraumbreite von rund 2,17 Metern lässt den Wagen nicht wirklich geschrumpft wirken. Kapazitäten und Gewichte sind mit 11,5 Tonnen Leergewicht und 18 Tonnen Gesamtgewicht gut austariert, der kürzere Stromer bietet 16 Sitze, 3 Klappsitze und stolze 55 Stehplätze – nach gesetzlicher Vorgabe, versteht sich. Der Innenraum wirkt dabei hell und freundlich und auf Wunsch sogar futuristisch mit von innen beleuchteten, transparenten Sitzschalen, die auch der Enterprise D gut zu Gesicht stünden. Wer die Extravaganz à la française auf die Spitze treiben will, kann auch einen links verglasten Stehperron ordern. USB-Steckdosen und mit blauen LED unterlegte Haltewunschtasten tun ihr Übriges zum Überfliegerimage.
Aber kommen wir zu den wichtigsten Komponenten eines Elektrobusses: den stromleitenden und -speichernden. Fangen wir beim E-Motor an, der hier als robuster Zentralmotor auf eine konventionelle ZF-Portalachse einwirkt. Iveco setzt hier neuerdings nicht mehr auf Lieferant BAE, sondern auf die jahrelange Erfahrung von Siemens und sein Elfa-System der neuesten Generation. Es ist mit Permanentmagnet (PSM) ausgerüstet und arbeitet somit besonders effizient. Iveco-Mann Pierre Dellori, der mittlerweile erkennbar vom Diesel- zum Batterieexperten avanciert ist, stellt die Vorteile des hinten links montierten Kraftpakets heraus: "Das ist derzeit eindeutig ein Trend im Markt, da der Zentralmotor viel einfacher zu kühlen ist und daher auch besser und mehr Energie rekuperieren kann." Laut Siemens sind es rund 90 Prozent Rekuperationspotenzial, die Nennleistung von 165 kW soll bald auch auf 240 kW erweitert werden können. "Er hat im Vergleich zum radnabennahen Motor zudem massive Wartungsvorteile bei Bremsscheibenwechsel und bei anderen Arbeiten an der konventionellen Achse", sagt Dellori. Nicht ohne Grund geht gerade auch bei ZF der Zentralmotor in Serie, für China bereits als PSM-Variante. Zudem sind die Motoren besser schallisolierbar als radnahe Motoren, somit im Betrieb etwas dezenter surrend. Bei dem gefahrenen Modell handelte es sich aber noch um einen Prototyp, bei dem das Zusammenspiel vom Motor und Wechselrichter noch nicht ganz optimal abgestimmt war.
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