Wels: Unsere Thermomanagementsysteme machen den öffentlichen Verkehr attraktiver und tragen zu einer Reduzierung von Schadstoffen im Straßenverkehr bei. Sie müssen sich nur vor Augen halten, dass man mit einem voll besetzten Omnibus circa 70 Pkw stehen lassen könnte. Doch das funktioniert nur, wenn die Fahrgäste dort denselben Komfort vorfinden wie in ihrem Auto – und genau hierin besteht unser Ziel. In der Entwicklung unserer Anlagen ist die Gewichtsreduktion ein großes Thema: Mit einer leichteren Anlage sinkt der Kraftstoffverbrauch des Busses. Gerade mit Blick auf die Zukunft liegt der Schwerpunkt unserer Forschungsarbeit am Standort Renningen zudem auf Busklimaanlagen, die mit alternativen Kältemitteln betrieben werden. Um unsere Anlagen effizienter zu gestalten, setzen wir auf den Einsatz von automatisierten, elektronischen Ventiltechnologien statt mechanischer Magnetventile und untersuchen zudem die Verwendung besonderer Beschichtungen der Verdampferpakete, um Vereisung zu vermeiden.
Wels: Elektrisch betriebene Anlagen stellen für uns das Zukunftsszenario dar. Mit derartigen Anlagen-Serien sind wir ein Vorreiter in der Branche: Unsere Systeme sind so ausgelegt, dass alle für den Kältemittel-Kreislauf nötigen Komponenten auf den elektrischen Betrieb abgestimmt sind. Die Leistung herkömmlicher Anlagen ist von der Drehzahl des Kompressors abhängig, die Kälteleistung hängt unmittelbar an der Leistung des Fahrzeugmotors. Im Stadtverkehr kommt man so nicht auf die maximale Kühlleistung. Bei einer vom Motor unabhängigen Regelung kann man die Anlage kleiner auslegen und gleichmäßiger und effizienter kühlen.
Wels: Derzeit betreiben wir unsere Anlagen mit R134a, das weltweit in gut 90 Prozent aller Fälle eingesetzt wird. Es gibt ähnliche Kältemittel, wie das in Amerika geläufige R407c, das weniger Treibhauseffekte verursacht, oder das Kältemittel R1234y, das allerdings eine hohe Flammbarkeit aufweist und daher als Alternative nicht infrage kommt. Für die Zukunft setzen wir auf die CO2-Lösung. Wir gehen davon aus, dass wir im Jahr 2020 die ersten Serien-Klimaanlagen mit CO2-Kältemittel-Kreislauf liefern können. Eine große Herausforderung besteht darin, die Anlagen auf hohe Drücke auszulegen, um ein derartiges System betreiben zu können. Eine mit R134a betriebene Anlage arbeitet mit etwa 12 bis 14 bar, bei CO2-Anlagen sprechen wir von 100 bis 150 bar. Aktuell beschäftigen wir uns mit der Qualifizierung entsprechender Komponenten, die diesen Drücken gewachsen sind. Das Ziel ist ein hermetisch abgeschlossenes CO2-System.
Wels: Nein, gar nicht. Man kann ein mit R134a betriebenes System nicht ohne Weiteres mit einem anderen Kältemittel befüllen. Die Treibhauseffekte von R407c sind unwesentlich geringer als bei R134a, der technische Aufwand wäre zu hoch. Wir setzen klar auf CO2, da R134a einen um 1.400-fach höheren Treibhauseffekt hat.
Wels: Der häufigste Grund, warum Anlagen gerade dann nicht arbeiten, wenn sie sollten, ist die Vernachlässigung der präventiven Wartung. Wichtige Komponenten müssen regelmäßig überprüft werden. Filter, die die Umgebungsluft ansaugen, verstopfen mit der Zeit. Bei den Kompressoren müssen Ölwechsel und Wartungsdienste durchgeführt werden. Die Betreiber sollten in der kalten Jahreszeit hin und wieder einen Probelauf machen, damit sich die Teile bewegen und geschmiert werden. Wenn ein Fahrzeug mit unseren Systemen ausgestattet ist, sollte es aber nicht zu einem Ausfall kommen. Und wenn doch, haben wir durch ein flächendeckendes Service-Netzwerk immer kompetente Hilfe vor Ort.

Wels: Wir haben mit fast 800 Service-Punkten weltweit eines der, wenn nicht das dichteste Service-Netzwerk der Branche. Service und Wartung sind uns extrem wichtig, kein Produkt der Welt ist gänzlich problemfrei. Gute Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Kunden auch nach dem Kauf umfassend betreuen. Wir setzen auf geschultes Personal und bieten Serviceleistungen nah am Einsatzort unserer Anlagen. Unsere Vertretungen und Service-Stationen bevorraten Ersatzteile der Anlagen, die sich im Markt befinden. So können wir schnelle Hilfe garantieren – rund um die Uhr. Für die Zukunft planen wir die Durchführung von Ferndiagnosen. Die Betriebszustände des Fahrzeugs können über Telematiksysteme ausgelesen werden, dahin geht auch bei Klimaanlagen die Reise. Über eine Ferndiagnose kann man den Leistungsgrad im Bereich Gebläse oder Lüfter messen und damit bestimmen, ob ein Austausch in diesem Bereich notwendig ist. Diese Themen gehen wir an – hier geht es nicht mehr um die Klärung der Machbarkeit, sondern um die Umsetzung.
Wels: Renningen ist unser Kompetenzzentrum für Thermomanagementsysteme und unser Forschungs- und Entwicklungsstandort für Stadt-, Reise- und Überlandbusse. Hier betreiben wir Prüfstände für Aufdachklimaanlagen und eine Busklimakammer. Über thermodynamische und mechanisch-physikalische Tests stellen wir sicher, dass unsere Anlagen und Neuentwicklungen optimal auf die Umgebungsbedingungen ausgelegt sind. An diesem Standort sind insgesamt 35 Ingenieurinnen und Ingenieure beschäftigt, weltweit umfasst das Team 40 Mitarbeiter. Die Engineering-Leistung erfolgt aus Renningen, wobei die Entwicklung ein globaler Prozess ist – wir haben mehrere Fertigungsstandorte weltweit. Mit unseren Partnern stehen wir in enger Zusammenarbeit und lassen uns Testergebnisse zeigen – beispielsweise Leistungskurven von kritischen Bauteilen wie Gebläsen und Lüftern.
Wir sind schon beim Test der Komponenten involviert und beraten unsere Kunden bereits in der Entwicklung neuer Fahrzeuge bei der Auslegung eines Systems. Dabei setzen wir auf einen dokumentierten Produktentstehungsprozess, der verschiedene Entwicklungsgates vorsieht, an denen wir gewisse Testparameter abrufen. Es gibt vorgeschriebene Testverfahren nach nationalen und internationalen Standards, die unter anderem festlegen, in welcher Zeit eine Klimaanlage bei vordefinierten Umgebungsbedingungen auf eine bestimmte Temperatur abkühlen muss. Die Entwickler der Fahrzeughersteller nehmen auf dieser Grundlage eine Anlage ab, anschließend startet die Serienproduktion.
Wels: Wir wollen aus uns selbst heraus wachsen – der Fokus liegt hier auf den Systemlösungen. Die Sütrak war immer das Synonym für Klimaanlagen, Eberspächer steht für die Heizungsseite. Mit der Symbiose dieser beiden Ausrichtungen ergibt sich das Thermomanagement. Wir verstehen uns als Systemanbieter und Partner unserer Kunden, von der Beratung über die Applikation und Entwicklung bis hin zu Vertrieb und Service. Fahrzeugherstellern und Flottenbetreibern bieten wir komplette Thermomanagementlösungen an. Dabei denken wir nicht nur an Klimaanlagen oder Heizgeräte, sondern an alle benötigten Komponenten – Kältemittelleitungen, Konvektoren, Unterflurheizer und die Regeltechnologie. Die Nähe zum Kunden ist uns wichtig. Wir verstehen uns als Unternehmen mit deutschen Wurzeln und werden auch zukünftig in Renningen ansässig sein. Kundennähe schaffen wir mit unseren internationalen Standorten, die wir ausbauen: Neben unseren bestehenden Standorten in Indien und Brasilien haben wir in diesem Jahr ein weiteres Werk in Polen eröffnet. Ich beziffere unseren Marktanteil weltweit auf circa 15 Prozent, wobei das eine Schätzung ist. Damit liegen wir im globalen Wettbewerb an dritter Stelle.
Wels: Die Chancen des Nahverkehrs waren seit jeher gut und werden es auch in Zukunft sein – völlig unabhängig von eventuellen neuen Regularien hinsichtlich der aktuellen Dieselantriebs-Diskussionen. Der Markt befindet sich in einem nachhaltigen Wachstum. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre zeigen auf, wie sich der Markt mittelfristig, sprich in den nächsten fünf Jahren, entwickeln wird. Gegenwärtig ist mit einem Wachstum von fünf bis zehn Prozent in der reinen Zulassung und dem Bau von neuen Omnibussen zu rechnen.
Zur Person
Seit Juli 2015 ist Oliver Wels General Manager für den Bereich Climate Controls Bus & Coach bei der Eberspächer Sütrak GmbH & Co. KG. Nach einer kaufmännischen Ausbildung und einem berufsbegleitenden MBA-Studium zum Master of General Management hat der 51-jährige Schwabe seine berufliche Heimat schon früh in der Omnibus-Branche gefunden. Zehn Jahre lang verantwortete Wels die Bereiche Vertrieb und Marketing bei Carrier Sütrak, wechselte 2005 dann zum schwedisch-amerikanischen Unternehmen Mobitec/DRI, bevor er als Geschäftsführer für die italienische Unternehmensgruppe aesys und später in der gleichen Position für Remsgold Chemie GmbH & Co. KG tätig war. Bei Eberspächer Sütrak will Wels eine kundenorientierte Dienstleistungsorganisation verstärken und weiter ausbauen.