Interview Dr. Götz von Esebeck: Operieren mit der Glaskugel

Interview Dr. Götz von Esebeck
Operieren mit der Glaskugel

Götz von Esebeck, der sich bei MAN Truck & Bus um die Entwicklung der Alternativen Antriebe kümmert, spricht über die verschiedenen Wege, den Schwerverkehr sauberer zu machen und die MAN-Strategie für Elektrobusse.

Götz von Esebeck
Foto: Doerfel Fotodesign, Peter Doerfel
Welche Optionen sehen Sie am weiteren Horizont generell beim Thema alternative Antriebe für Nutzfahrzeuge?

Götz v. Esebeck: Man muss sich bei dem Thema immer bewusst sein, dass wir hierbei noch oft mit der Glaskugel operieren müssen. Grundsätzlich muss man sich bei dem Thema alternative Antriebe und deren Eignung sehr genau die Segmente anschauen, in denen diese zum Einsatz kommen sollen. Dabei gehen wir immer weniger von den konventionellen Gewichtsklassen, sondern von segmentspezifischen Anwendungsbereichen aus, wie dem der Innenstadt (bis 50 Kilometer Radius), dem Verteilerverkehr (bis 150 Kilometer Radius) und dem Fernverkehr bis über 300 Kilometer. In Abhängigkeit dieser Matrix muss man sich dann genau anschauen, welche Technologien sich für welchen Bereichen eignen. Und da ist es für uns weitgehend klar, dass der städtische Bereich, also Innenstadt- und Verteilerverkehr, von der reinen Elektromobilität dominiert werden wird. Das große Fragezeichen sehen wir im Fernverkehrsbereich. Was passiert in diesem Bereich in welcher zeitlichen Abfolge? Das ist noch völlig unklar bisher, und zwar bei allen Akteuren.

Gerade wurde auch eine neue Initiative des Bundesverkehrsministeriums zum klimaneutralen Güterverkehr gestartet, die genau diesem Thema auf den Grund gehen soll. Heute verfügt der Diesel immer noch über die besten TCO-Werte für den Kunden, das ist unstrittig. Aber wenn es um CO2-optimierten Verkehr bis zum Jahr 2050 geht, dann stellt sich sehr schnell die Frage, welche Technologie sich hierfür anbietet: vom Oberleitungs-Lkw, CNG oder LPG-Antrieben bis hin zur Brennstoffzelle. All diese Technologien parallel zu der weiteren Optimierung des klassischen Verbrenners und seiner kommenden Emissionsstufen zu entwickeln, erfordert große Investitionen.

Wie bewerten Sie als ehemaliger Hersteller von Wasserstoff-Verbrennungsmotoren heute das Thema Wasserstoff in den beiden Ausprägungen Verbrennungsmaschine oder Brennstoffzelle?

Götz v. Esebeck: Wir haben in den vergangenen Jahren den Markt intensiv beobachtet, und die neuerlichen Aktivitäten der Pkw-Hersteller Toyota, Hyundai und Weiterer zur Brennstoffzelle lassen uns aufhorchen. Wir haben allerdings aufgrund unserer Marktbeobachtungen nicht den Eindruck, dass es derzeit größeres Interesse an der Wasserstoff-Verbrennung gibt. Wir würden daher für die Zukunft eher auf die Brennstoffzelle setzen. Alles andere wie z.B. eine Nachrüstung von Dieselmotoren halte ich derzeit für rein hypothetisch. Wir haben zu unserer weiteren Wasserstoff-Strategie aber noch keine finale Entscheidung getroffen. Gerade mit unseren Partnern, wie zum Beispiel der Hamburger Hochbahn, sind wir in fruchtbaren Diskussionen zum Thema, ob die Brennstoffzelle eine Alternative zur Batterie werden kann. Ich halte es grundsätzlich für unwahrscheinlich, dass es im Nutzfahrzeug jemals eine Technologie geben wird, die es im Pkw gar nicht gibt. Nur so kommen die entsprechenden Skaleneffekte zusammen, um solche Innovationen durchzusetzen. Gerade die Synergien, die wir im Volkswagenkonzern hierbei haben, sind ein echter Pluspunkt für die Entwicklung. Auch die "Power-to-Gas"-Ansätze sind hierbei sehr interessant, mit denen im Rahmen der Energiewende zum Beispiel nachts überschüssige Energie in Wasserstoff umgewandelt werden könnte, der dann sogar im Erdgasnetz gepuffert werden kann. Wir schauen uns das Thema sehr genau an, um dann zu entscheiden, was wir in Zukunft tun werden in Sachen Brennstoffzelle. Allerdings ging das Feedback der Kunden auf der IAA eindeutig mehr in Richtung batterieelektrischem Antrieb, konkrete Nachfragen nach der ausgestellten Brennstoffzelle gab es wenige.

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