Lange hat es gedauert, bis einer der weltgrößten Batterie- und Busproduzenten, BYD (steht für Build Your Dreams), den deutschen Markt geknackt hat. Dabei haben die Chinesen mit Sitz im südchinesischen Shenzhen seit ihrer Gründung 1995 mit 65.000 Elektrobussen schon mehr Fahrzeuge auf die Straße gebracht als alle außerchinesischen Busbauer zusammen. Laut Javier Contijoch, europäischer Vertriebsdirektor in der Europazentrale in Amsterdam, arbeiten rund 35.000 Ingenieure für die Firma. "Wir verfügen über die Erfahrung von 65.000 Elektrobussen und wissen genau, was wir tun. Wer kann also Flotten von 100 oder 200 Bussen liefern? Wir können es mit unseren Werken in aller Welt." Die beiden jüngsten Buswerke stehen in Frankreich und Ungarn.

Das Jahr 2020 war für das Unternehmen ein ganz besonderes. Erstmals erreichte man auch ohne die Elektrobusse, die Alexander Dennis in Schottland auf BYD-E-Chassis karossiert, mit 412 Bussen die europäische Marktführerschaft knapp vor Solaris (Quelle: Chatrou CME Solutions; Basis: Westeuropa inklusive Polen, ohne Trolleybusse). Ein Jahr vorher hatte man noch mit 236 Bussen hinter VDL gelegen. Auch in der Langzeitbetrachtung ab 2012, als die ersten Serienbusse in Europa auf die Straßen kamen, konnte sich BYD 2020 mit 819 Bussen knapp gegen VDL und Solaris, die beiden bisherigen Marktführer, durchsetzen. Was bisher fehlte im Portfolio, war der deutsche Markt, der härteste Europas, wenn nicht der Welt.
Bogestra öffnet die Tür für BYD in Deutschland
Der Türöffner war 2020 dann Bogestra, der kommunale Nahverkehrsbetreiber im Ruhrgebiet. Hier traf die Elektromobilität nicht gerade auf Novizen. Jürgen Böttcher, Fachbereichsleiter Kraftfahrzeuge bei Bogestra, kennt die Entwicklung genau. "Das Thema ist nicht neu für uns. Bogestra hat schon immer viel in neue Technologien investiert und war schon 2007 auch Vorreiter bei den Hybridbussen, von denen wir die größte Flotte in NRW betrieben haben." Im Jahr 2003 wurden auch die ersten Stadtbusse von Solaris für Deutschland beschafft, was seinerzeit eine kleine Sensation war. Die Hybridbusse werden jetzt langsam ausgemustert – also musste man den nächsten konsequenten Schritt gehen. "Die Entscheidung des Aufsichtsrats kam dann 2017 aber recht überraschend, und der Schritt zum Elektrobus war nur folgerichtig. Wir hatten für die Umsetzung nicht sehr viel Zeit, da die Planungsphase doch recht lange dauerte", sagt Böttcher. Ein festes Ausstiegsdatum der Politik aus der fossilen Fortbewegung gibt es derzeit noch nicht. Vorstandsmitglied Andreas Kerber sieht die Branche trotzdem unter Zugzwang: "Der nächste Schritt ist uns durch die Clean Vehicles Directive der EU mit ihren Mindestquoten bei der Beschaffung ja quasi vorgegeben. Irgendwann kommt die Forderung auch an uns als regionales Unternehmen."

Die Ausschreibung erfolgte dann im Dezember 2018 für ein Gesamtsystem inklusive Infrastruktur (siehe Zeitleiste auf Seite 80), was einige Bieter wie Daimler Buses von der Teilnahme abschreckte. Das ergibt für Andreas Kerber viel Sinn. "Ohne einen Gesamtverantwortlichen habe ich in jedem Gewerk Probleme, die man sich hin- und herschieben kann." Die Ausschreibung selbst umfasste rund 900 Einzelpositionen, die dann in einem gemeinsamen Lastenheft für die Bietergemeinschaft KMR (ehemals KÖR) mündeten. Verhandlungssprache war jederzeit Deutsch, auch wenn dieses hier und da mit reichlich Fachchinesisch angereichert war. Verzögerungen im Projekt gab es dann aber vor allem aufgrund der Förderung vom Umweltbundesamt und dem Land Nordrhein-Westfalen, deren Zusagen sich fast ein Jahr hingezogen hatten, sodass die Vergabe erst im September 2019 erfolgte. Trotzdem konnten dann alle 22 Busse im Herbst 2020 auf die Linie gehen. Die Bogestra-Experten setzen dabei auf ein pantografisches Nachladen im Depot oder an der zentralen Haltestelle Gelsenkirchen-Buer mit bis zu 300 kW Ladeleistung (Ladezeit dann rund 1,5 Stunden).
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