Die EU-Kommission hat im Januar 2013 einen 44-seitigen Vorschlag für eine Richtlinie verabschiedet, die den Aufbau der Infrastruktur für alternatie Kraftstoffe regeln soll. Als alternative Kraftstoffe zum Öl benennt die sie Elektrizität, Wasserstoff, Biokraftstoffe, Erdgas (CNG), Flüssigerdgas (LNG) und Flüssiggas (LPG). Doch ohne ein flächendeckendes, europaweites Tankstellennetz und einheitliche Schnittstellen scheitert die grüne Revolution.
1,5 Millionen Stromtankstellen
Die EU-Richtlinie schreibt, etwa bei der E-Mobilität, vor, dass jedes EU-Land einen nationalen Strategierahmen erstellt und eine Mindestanzahl an Ladestationen aufbaut. Für Deutschland sind demnach 1,5 Millionen Stromtankstellen vorgesehen, davon 150.000 öffentlich zugänglich.
Der Landesverband Bayerischer Spediteure (LBS) forderte neulich bessere Rahmenbedingungen für Elektromobilität. Die Fahrzeuge könnten mangels Reichweite bisher nur in der Citylogistik und für Pendelverkehr zwischen Logistikzentrum und Fertigungsstätte eingesetzt werden. "Für einen verlässlichen Einsatz ist eine flächendeckende Abdeckung mit Ladestationen unumgänglich", stellt der LBS fest. Der Bau öffentlicher Ladestationen müsse vom Bund stärker gefördert werden.
Erdgas für Lkw-Fuhrpark
Im Moment sieht es auch noch mau aus, was das Tanken von LNG besonders für Lkw angeht. Im März vor einem Jahr eröffnete Shell in Rotterdam eine Tankstelle mit 70.000 Liter LNG, um täglich bis zu 170 Lkw zu befüllen. Spätestens ab 2021 sollen alle Seehäfen des TEN-V-Netzes mit LNG-Tankstellen ausgestattet sein. Für die Binnenhäfen gilt dies ab 2026.
Für LNG- und CNG-betriebene Nutzfahrzeuge soll spätestens 2021 alle 400 beziehungsweise 150 Kilometer eine öffentliche Tankstelle stehen. Nicht alle werden jedoch Lkw-tauglich sein, was Zufahrt, Betriebsdruck und Größe betrifft. Auch die technischen Spezifikationen sind darin festgelegt. Über die Fortschritte sollen die Mitgliedsstaaten alle zwei Jahre berichten, erstmals im Oktober 2016.
160 Millionen Starthilfe für Wasserstoff
In einem Branchendialog von Politik und Industrie Anfang Dezember wurde als Ziel ein Anteil von Erdgas am Energiemix des deutschen Verkehrssektors von vier Prozent bis 2020 ausgegeben. Beim Wasserstoff (H2) plant H2-Mobility – ein im Oktober von Linde, Air Liquide, Daimler, Shell, OMV und Total gegründetes Gemeinschaftsunternehmen – den Aufbau eines deutschen H2-Tankstellennetzes bis 2023 mit rund 400 Stationen. Bis 2018 gibt die Bundesregierung dem Projekt 160 Millionen Euro Starthilfe.
H2-Mobility verantwortet dabei Netzplanung, Genehmigung, Beschaffung, Errichtung und Betrieb. Die ersten 100 Stationen mit 700-bar-Technologie sollen bis Ende 2018 erreichtet sein, „Wir gehen von bis zu 400 Stationen bis zum Jahr 2023 aus, dazu müssten aber auch zirka 200.000 Brennstoffzellen-Fahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sein“, sagt Sprecherin Sybille Riepe.
Zur Entwicklung alltagstauglicher H2-Pkw- und Lkw hat sich bereits 2002 die Clean Energy Partnership (CEP) gegründet. Ende 2016 soll das H2-Tankstellennetz 50 Standorte in Deutschland zählen – vom nördlichsten Punkt Neumünster bis ins südliche München –, zwei Jahre später doppelt so viele, bis 2023 „flächendeckend“ 400 Stationen. Aktuell sind es 19, an denen rund 150 H2-Pkw tanken.
LNG-Reichweite bis 1.000 Kilometer
Einfacher ist Erdgas als Treibstoff, bei LNG-Fahrzeugen gibt es diverse Transporter- und Lkw-Modelle. Dafür wird das Gas eisigkalt auf minus 162 Grad gekühlt, verflüssigt und schrumpft auf 1/600 des Volumens. "Dadurch sind auch für Lkw-Reichweiten bis 1.000 Kilometer pro Tankfüllung möglich", sagt Zukunft Erdgas-Sprecher Christopher Schmidt. Während in den USA, Schweden, den Niederlanden und China LNG bereits verbreitet ist, fehlt es hierzulande noch an der Infrastruktur.
Eine weitere Alternative bietet Hydrotreated Vegetable Oil (HVO), ein aus Abfallstoffen wie Speiseresten und -ölen hergestellter Biodiesel. In Skandinavien ein großes Thema, versorgen sich Nutzer hierzulande direkt beim Hersteller oder über eigene Hoftankstellen. Im Februar hat Daimler HVO als Treibstoff für diverse Euro-6 Lkw-Dieselmotoren freigegeben (OM 470, 471, 936 und 934), das Rohmaterial stammt aus kontrolliertem und zertifiziertem Anbau und stehe nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion.
Während der Biostoff in Skandinavien ein großes Thema ist, versorgten sich Nutzer hierzulande aus Ermangelung eines Tankstellennetzes direkt beim Hersteller oder den Lieferanten über eigene Hoftankstellen, teilte Daimler dazu mit. Im Nachbarland Österreich setzt etwa der Lebensmittellogistik Bischof seit einem Jahr im Nahverkehr auf HVO. Von der 170 Fahrzeuge umfassenden Flotte seien 20 Prozent der Volvo-Nahverkehrs-Lkw mit HVO unterwegs, sagte Fuhrparkleiter Robert Binder – weil Klimaschutz bei dem klimaneutral fahrenden Unternehmen zur Firmenphilosophie gehört, und weil es billiger ist.
Projekte für Öko-Treibstoffe
- LNG Blue Corridors: EU-Kommission mit 27 Partnern und elf Ländern. Ziele: sinnvoller Einsatz von LNG im Lkw, gemeinsame EU-Standards
- LNG Taskforce: Dena, DVGW und Zukunft Erdgas (November 2015).Erste LNG-Tankstelle in Rotterdam für Lkw (Shell)
- H2-Mobility: Linde, Air Liquide, Daimler, Shell, OMV und Total (Oktober 2015). Aufbau und Betrieb eines deutschen H2-Tankstellennetzes bis 2023 mit rund 400 Stationen, 160 Millionen Euro Bundeszuschuss