Neue Fälle aus der Autobahnkanzlei

Fahrer vor Gericht
Nah am Abgrund

Kevin* will es sich nicht nehmen lassen mit zum Gerichtstermin zu gehen. Das ist verständlich. Immerhin geht es bei ihm um den achten Punkt, also um alles. Entscheidet ein Palettenschein als Beweismittel über seine berufliche Existenz?

Fahrer vor Gericht: Neue Fälle aus der Autobahnkanzlei aus FERNFAHRER 9 / 2025.
Foto: Matthias Rathmann

Ein Abstandsverstoß nach Paragraf 4 Abs. 3 StVO wird ihm vorgeworfen. Den soll er an einem Sonntagabend begangen haben. Am Mittag war er noch auf einem Kirschfest. Da gab es leckeren Braten, gegart in Kirschrotwein. Er hat die Bedienung mehrfach gefragt, ob da auch kein Alkohol drin ist, denn er wusste, dass er am Abend wieder auf Tour gehen musste. Da ist er auch prompt von der Polizei angehalten worden. Die Beamten haben auch einen Atemalkoholtest gemacht: 0,0 Promille – Gott sei Dank. Monate später flattert jedoch ein gelber Umschlag mit einem Bußgeldbescheid wegen eines Abstandsverstoßes ins Haus.

In der mündlichen Verhandlung sitzt Kevin unruhig auf seinem Stuhl. Er zittert am ganzen Körper. Seine Uhr schlägt dauernd auf die Tischplatte, während das Video vom Abstandsverstoß läuft. Die Richterin schaut etwas erzürnt und meint: "Dabei kann sich doch kein Mensch konzentrieren!" Autobahnanwältin Heike Herzog bittet um Unterbrechung der Verhandlung, um Kevin nervlich etwas beruhigen zu können.

Als beide auf dem Gerichtsflur stehen, sagt Kevin, dass er sich gar nicht sicher sei, ob er überhaupt der Fahrer gewesen sei. Der Lkw auf dem Video sei gar nicht sein Stammfahrzeug. Dieser Lkw sei ein älteres Modell, was nur im Notfall eingesetzt werde. Er laufe noch mit analoger Tachoscheibe.

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