Die Rechnung, die Paul Schwalm* im Juli von seinem ehemaligen Arbeitgeber, einem Transportunternehmer im Kipperbereich, bekam, beläuft sich in drei von fünf Forderungen auf rund 1.400 Euro. Mit der Begründung der "eigenmächtigen Überschreitung der Pausenzeiten" berechnet der Arbeitgeber den Umsatzausfall des Lkw mit jeweils 50 Euro pro Stunde und wirft Paul mit Verweis auf die Fahrerkarte Arbeitszeitbetrug vor. Einige Aufträge seien durch Pauls nicht genehmigte Pausen wiederholt nicht ausgeführt worden. Die Summe behält er nach Beendigung des vierwöchigen Arbeitsverhältnisses von Pauls Lohn ein.
Laut Arbeitsvertrag und einigen Tagesausdrucken, die Binhammer vorliegen, hat Paul im Baustellenverkehr im Radius von 350 bis 400 Kilometern bis auf die täglichen Ruhezeiten nur gelenkt und gearbeitet. An einem der Tage im Mai also 7:44 Stunden Lenkzeit und 4:08 Stunden Arbeitszeit. "Das ist grundsätzlich auch nach dem neuen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts nicht erlaubt", so Binhammer. Die Verantwortung trägt der Arbeitgeber laut Artikel 10 (2) der VO (EG) 561/2006. So muss er dafür Sorge tragen, dass der Fahrer, wenn er etwa den Lkw ablädt, den Tacho auf Pause stellt. Der betrügt sich damit meist selbst um seinen Lohn. "Nun haben wir quasi den umgekehrten Fall", so Binhammer. "Zu lange Pause ist eigentlich kein Betrug, wenn sie auch so dokumentiert ist. Ist allerdings Arbeitszeit dokumentiert, und der Fahrer macht tatsächlich Pause, ist das ein Betrug."
Zahlung des Mindestlohns wäre Pflicht gewesen
Paul hat im Stundenlohn gearbeitet. Mit einem Vertrag, der die Arbeitszeit auf mehr als 40 Stunden nicht eindeutig festlegt. Dazu sollte er eine Schichtzulage bekommen, wenn er mehr als 600 oder 700 Euro Umsatz mit dem Lkw macht. Das wäre nur durch mehr Touren zu erreichen gewesen. "Allerdings ist das in diesem konkreten Fall ohne Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz wohl nicht zu schaffen", sagt Binhammer. Paul dagegen behauptet, sein Chef habe ihm gegenüber gesagt, er verdiene erst ab der sechsten Tour Geld.
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