Von einer Firma, die gut und pünktlich zahlt, die anständig mit dem Personal umgeht und vernünftiges Material hat, wird man nie irgendwo eine Anzeige lesen. Diese Stellen sind besetzt oder werden vererbt. Das ist immer noch die Meinung vieler Fahrer. Doch selbst für eine sehr vorbildliche Spedition wie Höhner aus Weyerbusch trifft das nicht mehr zu. Neue Aufträge etwa führen zu einer Fuhrparkerweiterung. Das macht dann eine Aufstockung des Fahrerstamms notwendig.Auch die Spedition Bünten aus Jülich ist ein typisches mittelständisches Transportunternehmen: 35 moderne Lkw von MAN und Renault, 38 feste Fahrer und drei Aushilfen – eine davon ist Heinz Rudolph. Im April ist er 80 Jahre alt geworden und fit wie ein Turnschuh. Gerade erst hat er seinen Gesundheitscheck bestanden und auch die fünf Module. Jetzt hat er für weitere fünf Jahre die "95" im Führerschein. Seit 21 Jahren fährt er für Bünten. Und es sieht so aus, als würde er noch eine Zeit gebraucht, um immer dann einzuspringen, wenn Not am Mann ist.
Geschäftsführer Theo Breuer, der zusammen mit Petra Fischer das Unternehmen leitet, schaltet allerdings selten Anzeigen. "Der letzte Fahrer, der sich bei uns auf eine Anzeige beworben hat, kam zum Vorstellungsgespräch, hat einen Arbeitsvertrag unterschrieben und ist dann nicht zum Arbeitsbeginn erschienen", berichtet Breuer. Heinz musste einspringen, die letzte Reserve – jedenfalls so lange, bis die Disposition die verplante Tour anders aufteilen konnte. "Der Markt ist leergefegt", sagt Breuer, "motivierte und qualifizierte Fahrer sind kaum noch zu finden."
Hat sich ein Fahrer bewährt, steigt der Lohn
Bünten fährt Kartonagen, meist von lokalen Produzenten, dazu Papier in Rollen und oft Altpapier als Rückladung. Die Disposition achtet auf das Arbeitszeitgesetz. Für den Nahverkehr, Tagestouren bis 350 Kilometer, gibt es einen Lohn von 2.350 Euro plus Spesen; für den nationalen Fernverkehr mit ein bis zwei Übernachtungen am Standort pro Woche ein Anfangsgehalt von 2.400 Euro plus Spesen. Hat sich ein Fahrer bewährt, steigt der Lohn auf 2.700 Euro. "Ich muss zu Beginn schon einen Unterschied machen zwischen den Leuten, die neu anfangen, und dem langjährigen Stamm", begründet Breuer. "Für den Nahverkehr haben wir ausreichend Nachfragen, im Fernverkehr leider nicht." Gut 60 Prozent der Fahrer zählen zur Stammmannschaft. Sie kennen die Abläufe, sie stehen für das gute Betriebsklima zwischen Fahrern, Dispo und Chef. "Diese Leute gehen auch nicht mehr weg, wenn hier in der Gegend 100 Euro mehr angeboten werden." Das Gros der Belegschaft kommt aus der Region. Am Wochenende stehen die Züge auf dem Hof. Die anderen 40 Prozent unterliegen der Fluktuation. Auch sechs Dauerkranke müssen ersetzt werden. Breuer braucht Leute. Er weiß aber, dass andere Unternehmen sogar 2.800 Euro bieten sollen. Andererseits sucht eine Firma aus der Region, die eine knapp formulierte Anzeige in einem Feld positioniert hat, Fahrer im Containertransport für 1.800 bis 2.000 Euro plus 300 Euro Nahverkehrsspesen. Bei Anruf lautet die grobe Arbeitszeitbeschreibung: von fünf bis sechs Uhr in der Frühe bis zum Nachmittag.
Die Fronten zum Thema "Gründe für den Fahrermangel" scheinen verhärtet. Da sind auf der einen Seite die vielen unzufriedenen Fahrer. Vor allem in den sozialen Netzwerken beschweren sie sich über stagnierende Löhne, zu lange Arbeitszeiten, zu viel Stress, zu viel Verkehr, zu lange Wartezeiten an den Rampen, zu geringe Wertschätzung in den Firmen. Und auf allem lastet der spürbare Druck der Billigkonkurrenz aus Osteuropa, der auf die Preise drückt. In diesem Punkt ist sich Breuer mit den Fahrern einig: "Wir würden gern mehr Lohn bezahlen, wenn wir von unseren Auftraggebern die entsprechenden Frachten bekommen." Auf der anderen Seite kann Breuer die Enttäuschung über manche Fahrer, die er eingestellt hat, nicht verhehlen. "Einige kommen gar nicht zur Arbeit, andere klagen über die Ladungssicherung, die wir nun mal machen müssen, und viele kommen immer noch nicht mit den Lenk- und Ruhezeiten klar, obwohl darin eigentlich alle Fahrer geschult sein sollten. Von denen müssen wir uns während der Probezeit trennen." Viel Auswahl bleibt dann nicht mehr. Nun hat er zwei Umschüler eingestellt, die sich unter Anleitung zunächst im Nahverkehr langsam an die Bedingungen der Branche herantasten – ein langfristiger Aufbau und eine Hoffnung. Ansonsten haben Breuer und Fischer die Konsequenz gezogen: Statt sich ständig zu ärgern, haben sie den Fuhrpark von einst 42 auf nun 35 Lkw verringert. "Jetzt geht es uns besser", sagt Breuer.
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