Augen auf beim Gehalt

Neuer Mindestlohn
Augen auf beim Gehalt

Ab dem 1. Oktober 2022 gilt in Deutschland ein Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde. Bei Berücksichtigung von Arbeitszeit, Überstunden und Bereitschaftzeiten sind für Fahrer nahezu 3.000 Euro brutto möglich.

beladung, rampe, laden, Lagerhalle, Lkw-Fahrer beim Beladen,  Recht aktuell FF 11/2022
Foto: Jan Bergrath

Das Thema Arbeitszeit und Lohn wird immer wieder in den Fahrerforen der sozialen Medien kontrovers diskutiert. "Oft geht es dabei um die Frage der Arbeitszeiten, des Mindestlohns, der richtigen Aufzeichnung und der tatsächlich geleisteten Überstunden", sagt Harry Binhammer. "Viele Lkw-Fahrer sprechen dabei von einem 13 oder 15 Stunden dauernden Tag. Was allerdings nur die erlaubte Einsatzzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten ist. Die meisten Fahrer sind dennoch nach eigenen Angaben komplett ausgelastet. Deshalb kommen zum Teil diese hohen genannten reinen Arbeitszeiten von bis zu 250 Stunden und mehr zustande, die dann so sicherlich nicht festgehalten werden und schon gar nicht im digitalen Tacho dokumentiert sind."

In fast allen Arbeitsverträgen findet sich eine 40-Stunden-Woche mit einer Überstundenregelung, die entweder alle Überstunden mit dem Gehalt abgelten soll oder zumindest einen Teil davon. "Somit wäre bei einer 40-Stunden-Woche eine monatliche Arbeitszeit von 173,3 Stunden anzusetzen", berechnet Binhammer. "Mit dem ab Oktober 2022 neu geltenen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde ergibt das einen Grundlohn von 2079,60 Euro brutto im Monat."Achtung: Ohne Geltung eines Tarifvertrages, der zwischen den jeweiligen Arbeitgeberverbänden und der Gewerkschaft Verdi abgeschlossen wurde, und ohne Regelung im Arbeitsvertrag, gibt es grundsätzlich keine Zuschläge für Überstunden, sondern nur für die Nacht-Arbeitsstunden. Auch nicht für Sonn- und Feiertage, es sei denn, sie sind explizit im jeweiligen Arbeitsvertrag geregelt oder ein Tarifvertrag ist anwendbar.

Überstunden sind extra zu vergüten oder auszugleichen

Dennoch gilt weiterhin auch für alle "pauschalen" Arbeitsverträge: "Jede darüberhinausgehende Arbeitszeit wird zu Überstunden und ist entweder extra zu vergüten oder durch Freizeit auszugleichen." Nach wie vor in der Transportbranche existierende alte Verträge, bei denen "alle anfallenden Arbeitszeiten mit dem Lohn abgegolten sind", sind nicht erst seit dem 1. August 2022 nach der nun umgesetzten EU-Richtline 2019/1152 nicht mehr wirksam. Siehe dazu Heft 9/2022. "Auch die pauschale Abgeltung der Überstunden mit dem Grundlohn ist in der Regel unwirksam", betont Binhammer. "Überstunden sind ab der ersten Stunde zu bezahlen." Bei acht Überstunden pro Woche, also 34,66 Stunden im Monat, kommen noch 416 Euro dazu. Das sind 2.496 Euro bei voller Ausnutzung der Arbeitszeit nach dem ArbZG (48h im Schnitt). "Jeder Lohn darunter ist ein Verstoß gegen das Mindestlohngesetz", betont Binhammer. Luft nach oben in diesem Rahmen bietet die ebenfalls mit zwölf Euro zu zahlende, genau definierte Bereitschaftszeit (von hier maximal 36 Stunden), was dann 416 Euro mehr und final 2.912 Euro sind.