Wasserretarder Der Actros bremst mit Wasser

Voith-Sekundär-Wasserretarder, Actros, Trucking Foto: Daimler, Voith 6 Bilder

Der Wasserretarder bremst mit Wasser statt mit Öl, spart damit Platz und Gewicht. Im Mercedes Actros ist er schon zu haben.

Downsizing ist nicht nur bei den Motoren ein Thema, sondern auch bei den Bremsen. Genauer gesagt bei den Dauerbremsen. "Wasser statt Öl" heißt die Devise beim Retarder im neuen Mercedes Actros, der gleich mehrere Vorteile hat: So braucht er zum Beispiel nur noch die Hälfte des Platzes, auf dem sich der mit Öl betriebene Vorgänger Voith VR 115 H breitmachte. Der Sekundär-Wasserretarder, wie ihn Mercedes nennt, spart – hauptsächlich durch den Verzicht auf den Betriebsstoff Öl, den Wärmetauscher sowie auf das dafür nötige Gehäuse – zudem rund 35 bis 40 Kilogramm Gewicht. Der Wasser-Sekundärretarder bremst außerdem noch besser als sein ölgefüllter Vorgänger: Zwar beläuft sich das maximale Bremsmoment beide Male auf 3.500 Nm, doch fungiert der Wasserretarder zugleich als Pumpe. Da er mit dem ganz normalen Kühlwasser des Motors arbeitet, treibt er in seiner Funktion als Pumpe den Kühlmitteldurchsatz eben schnurstracks nach oben und kann somit eine 20 bis 30 Prozent höhere Dauerbremsleistung als sein öl-basierter Kollege erzielen.

Wasser verfügt über eine temperaturunabhängige Viskosität

Sekundärretarder bedeutet im Gegensatz zum schon länger bekannten Wasser-Primärretarder von MAN: Das Teil lebt nicht von der Kurbelwellendrehzahl wie der MAN‘sche Aquatarder, sondern von der Drehzahl der Gelenkwelle. Deshalb bewirkt beim neuen Wasser-Sekundärretarder ganz wie bei seinen ölgefüllten Kollegen eine zusätzliche Übersetzung namens Hochtrieb, dass aus der im Grunde relativ geringen Drehzahl der Gelenkwelle – zumal im Zeitalter ultralanger Achsen – erst einmal flotteres Rotieren bis hin zum gut Doppelten der tatsächlichen Drehzahl wird, mit der die Kardanwelle rotiert. Dass der Wasser-Sekundärretarder nun aber trotz kleinerer Bauweise das gleiche Bremsmoment wie der größere Ölretarder aufweisen kann und von vornherein bissiger zu Werke geht, hat mehrere Gründe: Wasser ist im Retarder zwar schwerer zu beherrschen als das eher gutmütige Öl, eignet sich aber weitaus besser als Bremsmedium. Denn es besitzt sowohl eine hohe Dichte als auch eine hohe spezifische Wärmekapazität und Wasser verfügt über eine geringe und nahezu temperaturunabhängige Viskosität.

Der neue Actros im Vergleich zum MP3

In der Praxis bedeutet das am Beispiel des neuen Actros im Vergleich zum MP3: Entwickelt der Sekundär-Wasserretarder im zwölften Gang bei 85 km/h ungefähr 455 PS an Bremsleistung, so kommt der bekannte Öl-Retarder Voith VR 115 HV unter ähnlichen Voraussetzungen im zwölften Gang nur auf gut 325 PS Bremsleistung. Denkt der Fahrer zudem noch etwas mit und schaltet rechtzeitig zurück, stehen aber gleich noch einmal höhere Bremsleistungen zur Debatte. Jeweils in den Zehnten zurückgeschaltet resultieren daraus für den Wasser-Retarder im neuen Actros insgesamt knapp 500 Brems-PS, für den Öl-Retarder des Actros 3 rund 415 Brems-PS. Der Grund dafür ist jeweils: Ohne eine gewisse Basisdrehzahl des Motors steigt aber auch der Eifer eines Hochtriebretarders nur in Maßen. Da das Funktionsprinzip des hydrodynamischen Retarders nun einmal darauf basiert, Bewegungsenergie in Wärmeenergie umzusetzen, hat die Kühlung eben auch ein Wörtchen mitzureden. Und in dieser Hinsicht bedeutet höhere Drehzahl auch immer effektivere Kühlung. Beizeiten zurückzuschalten, das ist also bergab immer noch eine gute Idee.

Schaltet der Fahrer den respektablen Kräften des Wasser-Sekundärretarders im neuen
Actros die neue Motorbremse des OM 471 in der verstärkten Variante zu, dann dürften nur noch besonders steile Abfahrten nach einem zusätzlichen Tritt auf die Betriebsbremse rufen. Ungefähr 950 Brems-PS sind mit solch vereinten Kräften bei 85 km/h im zehnten Gang geboten, bei 90 km/h klettert die Bremsleistung im zehnten Gang sogar auf vierstellige Werte. Exakt 1.020 PS greifen dann verzögernd in den Triebstrang ein. Die Kombination aus Wasserretarder und neuer Motorbremse ist beim neuen Actros 20 bis 30 Prozent stärker als beim MP3 mit Ölretarder.

Keine Wartung notwendig bei dem Sekundären-Wasserretarder

Unter Serviceaspekten zeichnet sich der Sekundär-Wasserretarder darüber hinaus dann noch durch den erfreulichen Umstand aus, dass er keinerlei Wartung braucht. Während sich das Öl im separaten Ölkreislauf des Voith-Ölretarders eben doch im Lauf der Zeit aufarbeitet und bisweilen zu ersetzen ist, sind dem Kühlwasser des Motors solche Verschleißerscheinungen fremd. Vieles konnten Voith und Mercedes aber vom bewährten ölbetriebenen Retarder ohne Weiteres übernehmen. Dazu gehört die Einbauposition hinter dem Getriebe, wobei die Retarderantriebswelle mit der Gelenkwelle des Fahrzeugs verbunden ist, der Stator aber fest verankert im Gehäuse sitzt.

Zum anderen bedient sich der Sekundär-Wasserretarder ebenso einer gewissen Verschiebung des Rotors, um die Verlustleistung im Leerlauf zu minimieren: Federkraft bringt den Rotor während der Ruhephase auf wohltuende Distanz zum Stator. Kommt der Bremsbefehl, zieht das sich aufbauende Bremsmoment den Rotor über die Drallverzahnung in Gefechtsposition.

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