Von Aachen nach Paris Teure und mühsame Strecke für Fahrer

Abenteuer Route Lüttich Paris Foto: Felix Jacoby 19 Bilder

Der meistbefahrene Weg von Deutschland nach Paris beginnt hinter Aachen. Für Fernfahrer kann die Strecke mühsam und schon bei kleinsten Vergehen teuer werden.

Das gegenwärtige Elend des europäischen Straßengüterverkehrs wird auch rund um Aachen sichtbar. Obwohl die ehemalige Residenzstadt deutscher Kaiser und Könige eine viertel Million Einwohner und vielerlei Industrie hat, gibt es weit und breit keinen Autohof. Zur Not finden sich in der Carlo-Schmid-Straße in Würselen ein paar Lkw-Stellflächen in der Nähe von Schnellrestaurants. Doch auch die sind meist schon am frühen Abend belegt. Schade, denn die herrliche Altstadt ist durchaus einen Ausflug wert. Die schlechten Bedingungen für Fernfahrer setzen sich ein Stück südwestlich am Grenzübergang Aachen-Lichtenbusch sichtbar fort. Nur noch auf den Standstreifen neben der Hauptfahrbahn finden spät ankommende Lastwagenfahrer Platz, wenn sie ihre gesetzlich vorgeschriebenen Pausen machen wollen.

Dahinter liegt Belgien, genauer gesagt zunächst der kleine deutschsprachige Teil des Landes, als dessen Hauptstadt Eupen gilt. Früher, als der Diesel hier noch deutlich billiger als in Deutschland war, lockte dieses Städtchen mit Großtankstellen. Doch seit die belgische Regierung an der Mineralölsteuerschraube gedreht hat, gibt es kaum noch Gründe, die das Verlassen der E 40 lohnenswert erscheinen lassen. Diese ist übrigens mit rund 8.000 Kilometern die längste Europastraße überhaupt, sie führt vom Atlantik bis nach Kasachstan.

Zwielichtiges Gesindel auf den Autobahnparkplätzen

Ein Stück weiter Richtung Westen beginnt Wallonien, die südliche Region Belgiens. Bis weit in die 1970er-Jahre hinein war das dank der Kohleförderung und einer riesigen Stahlindustrie der reichere Teil des Landes. Doch mit dem Niedergang dieser Gewerbezweige ist die Region ziemlich verarmt und schaut etwas neidisch auf das wirtschaftlich erstarkte Flandern im Norden. Früher durfte der Lkw-Verkehr Richtung Luxemburg noch durch die 200.000-Einwohner-Stadt Liège, beziehungsweise Lüttich, fahren, heutzutage wird er im weiten Bogen drum herum geführt. Als Engstelle zeigt sich die Brücke bei Herstal über die Maas, von Jahrzehnten Schwerverkehr ist das Bauwerk übel zermürbt. Ursprünglich war geplant, die 30 Millionen teure Sanierung demnächst abzuschließen, doch noch lange scheint kein Ende dieser stauträchtigen Baustelle in Sicht. Zwei Abfahrten weiter liegt die Abfahrt Haut Sarts, dort in der 2ème Avenue gibt es freie Parkplätze und einen sieben Tage die Woche geöffneten Minisupermarkt.

Etwas weiter, am Flughafen von Lüttich, bietet ein Truckstop (Navi: Rue D’Awans, 4460 Grace- Hollogne) einen großen Sicherheitsparkplatz, 9 bis 12 Stunden für 20 Euro und bis zu 24 Stunden für 25 Euro. Leider sind die Gefahren für Fernfahrer in Belgien ziemlich groß. Ohne Übertreibung kann man sagen, dass sich nachts auf den Autobahnparkplätzen und Raststätten allerlei Ganoven und zwielichtiges Gesindel herumtreiben. Auch wenn unsere Rubrik Abenteuer zu dieser Strecke nur eingeschränkt passt, so ist es doch abenteuerlich, wie heftig den durchreisenden Fernfahrern hier gerne in die Geldbörse gegriffen wird. So wenig wie die belgische Polizei hier nachts für die Sicherheit sorgen mag, so gerne verhängt sie tagsüber abenteuerlich hohe Strafen.

Unter dreistelligen Bußgeldern geht in Belgien gar nichts

Verboten ist Lastwagen unter anderem das Überholen auf zweispurigen Autobahnen oder bei Regen, ohne dass das vernünftig beschildert ist. Teuer kann es auch werden, die Nummer der Transportlizenz nicht auf dem Frachtbrief zu vermerken, im Fahrerhaus zu rauchen, einen Gurt zu schwach über die Ladung zu spannen oder keine Dokumente über das eigene Beschäftigungsverhältnis mitzuführen. Unter dreistelligen Bußgeldern geht gar nichts. Ludwig Christian aus Reilingen, der Fahrer des roten Scania, gibt zu bedenken: "Natürlich akzeptiere ich den Zusammenhang zwischen den Strafen und der Verkehrssicherheit. Doch hier wird oft übertrieben, wir haben doch auch Familien und Kinder, da kann schon eine wilde Strafe den Monatsverdienst schmerzhaft mindern."

Ein Kuriosum ist die Tatsache, dass die Autobahnen in Belgien nachts beleuchtet sind. Ende der 1950er-, Anfang der 1960er-Jahre glaubte man, dass die Atomkraft der Menschheit unermesslich viel Strom schenken werde, deswegen machte man sich über Energiekosten noch keine großen Gedanken. Gute 100 Kilometer westlich von Lüttich liegt das Gewerbegebiet Garocentre nördlich der Ausfahrt Houdeng. Hier bieten sich Dutzende von Lkw-Parkplätzen, dazu gibt es ein Fachgeschäft für Transportzubehör und ein kleines, gemütliches Fahrerlokal, das "Relais Spiru", das aber nur wochentags geöffnet hat.

Kostenpflichtige Autobahnen in Frankreich optimal in Schuss

40 Kilometer weiter kommt die Grenze zu Frankreich in Sicht, beidseitig werden anstelle der alten Kontrollstellen gerade neue Raststätten gebaut. Noch mal 20 Kilometer weiter liegt die Stadt Valenciennes. Die Franzosen haben in vielen Städten so genannte Centre Routiers, die gallische Variante eines Truckstops. Dieser hier (Navi: Rue Francois Durieux) bietet einen weiteren Sicherheitsparkplatz entlang der Strecke nach Paris. Bis zwei Stunden für den Besuch des guten Restaurants sind frei, 9 bis 12 Stunden kosten 25,86 Euro, ein Wochenende 47,38 Euro. Direkt daneben kann man in einem großen Supermarkt den Bordproviant auffüllen.

Noch ist die Autobahn hier kostenfrei, dafür aber auch in ziemlich zerschlissenem Zustand. Björn Homann aus Hilgert mit dem blauen DAF berichtet: "Auf den mautfreien Straßen in Frankreich gibt es viele Schlaglöcher, dafür ist die kostenpflichtige Autobahn optimal in Schuss, und es gibt reichlich Parkplätze und sogar elektronische Anzeigen, wo noch Flächen zur Verfügung stehen." Ein Stück weiter kommt die Mautstelle in Sicht und sofort danach bestätigt sich der Eindruck des Kollegen. Die Autobahngesellschaft Sanef hält die Strecke in perfektem Zustand. Ein kleines Heer von Straßenbetreuern kümmert sich um den optimalen Zustand und die Sicherheit. Erfreulich ist auch das Angebot an Parkplätzen für Lastwagen an den Raststätten.

Paris für Lkw äußerst ungastlich

Ein Teil der Mauteinnahmen wird lobenswerterweise dafür verwendet, sie ständig dem Zuwachs des Straßengüterverkehrs anzupassen. Geht man dort essen, gibt es für Berufskraftfahrer Rabatt, eine Tatsache, von der sich die deutschsprachigen Länder eine dicke Scheibe abschneiden könnten! Dazu sagt man am besten: "Je suis routier" – ich bin Lastwagenfahrer, dann wird es billiger. Bald mündet die A 2 von Valenciennes auf die A 1 von Lille nach Paris. Der durchgehende Ausbau dieser Etappe wurde vor genau 50 Jahren eröffnet. Kult sind in Frankreich die Relais Routiers. Eines davon gibt es von Weitem sichtbar westlich der Ausfahrt Royes, das nächste weiter südlich an der Anschlussstelle Compiègne Sud (Navi: Av de Berlin), wo man sogar nachts umsonst parken kann, wenn man sich abends ein Menü für knapp 15 Euro gönnt. Das besteht üblicherweise aus drei leckeren Gängen plus Getränke.

Bald dann kommt Paris in Sicht, ein Riesengebilde von Stadt, extrem dicht besiedelt und für Lastwagen äußerst ungastlich. Plätze finden sich fast nur in Güterzentren wie Garonor oder Rungis, ansonsten sieht das Pausenangebot düster aus. Weiträumig lässt sich die Metropole über den Außenring A 104 umfahren, kürzer über die städtische Ringautobahn Boulevard Périphérique, die täglich von über einer Million Fahrzeuge benutzt wird. Es ist wohl die einzige Schnellstraße in Europa, auf der der einfahrende Verkehr gegenüber der rechten Spur Vorfahrt genießt. Die Außenbezirke sind oft widerlich versifft und vermüllt, aber wenn man es ins Zentrum schafft, zeigt sich die schöne Seite von Paris. Unser Tipp ist eine Fahrt mit der Metro zur Station Forum des Halles: Von dort lohnt ein Spaziergang zum Centre Pompidou und dem Seineufer, eine eindrucksvolle Gegend für die Freizeit.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
FF 05 2017 Titel
FERNFAHRER 05 / 2017
3. April 2017
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