Vernetzte Trailer Daten bereitstellen und auswerten

Vernetzte Trailer Foto: Bosch 4 Bilder

Die Zeiten, in denen ein Auflieger vor allem robust sein musste, sind ein für alle Mal vorbei. Führende Trailer-Hersteller wie Krone und Schmitz Cargobull setzen auf digitale Vernetzung. Nicht nur die Bereitstellung von Daten, sondern auch die Auswertung über Telematikportale wird zum Bestandteil des Geschäftsmodells.

Zigaretten, Medikamente, Markenturnschuhe und Smartphones: Besonders beliebt bei Langfingern sind relativ kleine, aber wertvolle Waren. Die lassen sich gut weiterverkaufen. Tatort ist immer häufiger der Lkw-Rastplatz. Im Schutz der Dunkelheit schleichen sich die Diebe an, zerschlitzen die Plane des Aufliegers und stehlen in Windeseile mehrere Paletten. Den in Deutschland entstehenden Gesamtschaden durch Ladungsdiebstahl schätzt das Landeskriminalamt Niedersachsen auf jährlich 1,5 Milliarden Euro. Ein fester Kofferaufbau statt Plane bietet einen besseren, wenn auch nicht den perfekten Schutz für sensible Güter. Wird dem Fahrer Gewalt angedroht, händigt er vernünftigerweise den Schlüssel aus.

Deshalb rüsten immer mehr Spediteure ihre Trailer mit einem Türschutzsystem aus, das auf einem Telematiksystem beruht. Der Fahrer kann dann die Türen nicht mehr alleine öffnen: An die Ware kommt er nur, wenn ein in der Leitstelle sitzender Disponent diese zuvor freigibt. Das tut er erst, wenn er feststellt, dass der per GPS geortete Trailer die Entladestelle tatsächlich erreicht hat.

"Es war richtig von uns, so früh telematisch zu denken"

Die Fernentriegelung ist nur eine Anwendung innerhalb des Telematiksystems von Krone, an dem Jan Hermeling seit nunmehr zehn Jahren arbeitet. Damals begann er ein duales Studium beim Fahrzeugwerk Bernard Krone. Fasziniert von der Verbindung klassischer Mechanik mit IT-Lösungen, arbeitete er von Anfang an daran, den Funktionsumfang des Telematiksystems stetig zu erweitern. Der war anfangs bescheiden: Im Wesentlichen handelte es sich um ein GPS-Modul, das es ermöglicht, den Standort des Trailers zu bestimmen. Die Hardware stammte von einem Zulieferer, getestet wurde sie zunächst nur mit eigenen Lieferanten. Doch Hermeling, der seit 2012 die Telematik-Aktivitäten von Krone leitet, ist sich sicher: "Es war richtig von uns, so früh telematisch zu denken." In den Folgejahren entwickelte sich der Markt permanent weiter. Immer häufiger nutzen Speditionen nicht ausschließlich eigene Zugfahrzeuge, sondern engagieren Fremdfirmen. Allein die Positionsbestimmung des Aufliegers und die aus dem EBS (elektronischen Bremssystem) ausgelesenen Daten zu kennen, stellen dann schon einen Wert da.

Der große Schub kam jedoch Anfang der Dekade, als Krone erstmals eine Temperaturüberwachung für Kühlauflieger anbot. Ging es anfangs nur darum, die Ist-Temperatur auszulesen, so wurde auch hier der Umfang sukzessive ausgebaut: 2010 ermöglichte das System erstmals eine Zwei-Wege-Kommunikation, die die Nachregelung aus der Ferne erlaubt. Seit 2012 übernimmt die Steuereinheit auch die Aufgabe eines ATP-zertifizierten Temperaturschreibers. Wichtig ist das vor allem für Transporte in der Lebensmittel- oder Pharmaindustrie, wo am Zielort ein Protokoll des Temperaturverlaufs übergeben werden muss. Mit dem Telematiksystem ist es nicht nur möglich, die Temperaturen zu speichern, sondern auch elektronisch an die Entladestelle zu übergeben – das erspart lästige Papierarbeit während der Wareneingangskontrolle. "Zudem entfallen die Kosten für den mechanischen Temperaturschreiber", sagt Hermeling und fügt hinzu: "Bedienfehler sind ausgeschlossen."

Keine Angewiesenheit auf externe Strtomquellen

Mit dem Funktionsumfang wuchsen die Anforderungen an die Hardware der Telematik-Einheit. Der für Entwicklung und Produktion verantwortliche Zulieferer erwies sich als wenig flexibel, wenn es um Änderungswünsche ging. Die Konsequenz: Krone entwickelte die erste eigene Telematik-Einheit, die von einem Auftragsfertiger produziert wird. Präsentiert wurde sie zur IAA 2016. Seitdem wird sie in allen Krone-Trailern verbaut. Und nicht nur dort: Da das Unternehmen überdies eine Landtechnik-Sparte besitzt, kommt die Box auch dort zum Einsatz. "Der Trend zur Vernetzung ist in der Landtechnik noch viel ausgeprägter als in der Transportbranche", sagt Hermeling. "Wir profitieren bei der Entwicklung erheblich von dem Know-how unserer Schwesterfirma." So ermöglicht die Box beispielsweise immer den Koordinatenempfang von mindestens zwölf GPS-Satelliten und weist daher eine sehr hohe Positioniergenauigkeit auf.

Um nicht auf externe Stromversorgung angewiesen zu sein, ist ein Akku fest verbaut – wichtig für längere Standzeiten, wie sie im kombinierten Verkehr auftreten können. Neben zahlreichen Schnittstellen – etwa vier Eingängen für CAN-Bussignale – verfügt das Gerät in einer höherwertigen Ausstattungsvariante über eine WLAN-Schnittstelle für den Datenaustausch. Damit kann der Kunde seine Daten per FTP-Transfer auf besonders gesicherte Server von Krone hochladen. Von dort lässt er sie entweder über das Krone-Telematikportal auswerten und nutzen oder er integriert die Rohdaten direkt in seine eigene Fuhrpark- und Auftragsverwaltung. "Offenheit ist uns sehr wichtig", betont Hermeling. "Wir wollen auch den Kunden, die unser Portal nicht nutzen, die Daten bereitstellen."

Schmitz Cargobull setzt auf Digitalisierung

Mit der neuen Hardware sollen neue Lösungen für eine vernetzte Transportwelt möglich werden. Beispielsweise eine Laderaumüberwachung, die es dem Disponenten – oder auch einem vollautomatisierten System – ermöglicht, rund um die Uhr den noch verfügbaren Laderaum zu bestimmen und Restkapazitäten über Onlineportale zu vermarkten. Dafür arbeitet die Telematik-Einheit mit einer im Laderaum installierten Kamera zusammen. Die Bildauswertung erfolgt dann in der Box, die über entsprechende Rechenkapazität verfügt. "Letztlich arbeitet die gesamte Transportwelt daran, Frachtdaten, Tourdaten und Fahrzeugdaten zusammenzuschieben", sagt Hermeling. "Nur so gelingt es uns, langfristig den steigenden Transportbedarf vom Verkehrsaufkommen zu entkoppeln." Auch Wettbewerber Schmitz Cargobull setzt auf die Digitalisierung. Das Unternehmen will seinen Kunden künftig nicht mehr nur Auflieger, sondern digitales Transportmanagement anbieten.

"Wir entwickeln uns immer mehr zu einem Berater für die Digitalisierungen rund um Trailer und Transport. Ging es früher hauptsächlich um die Trailer-Überwachung, so betreuen wir heute unsere Kunden auch bei der Digitalisierung ihrer logistischen Prozesse", sagt Andreas Schmitz, Vorstandsvorsitzender von Schmitz Cargobull. Diese Tendenz bestätigt auch Karl-Heinz Neu, Geschäftsführer bei Schmitz Cargobull Telematics, und fügt hinzu: "Die Ladung auf dem Trailer rückt für unsere Kunden immer mehr in den Fokus. Daher ist es für uns wichtig, auch hier Lösungen für ihre Bedürfnisse anzubieten." Dafür wird Schmitz Cargobull sein komplett überarbeitetes Telematiksystem als Standard in die Trailer einbauen. So entwickelt das Unternehmen die Applikations-Software im Steuergerät jetzt selbst und öffnet sich weiter für fremde Systeme.

Der Trailer-Hersteller mit Webservice-Schnittstellen

Alle führenden Transportmanagement-Systeme können nach Herstellerangaben die Daten von Schmitz Cargobull Telematics bekommen. "Wir sind für alle Wege offen und machen es letztendlich vom Kunden abhängig, wie er die Daten aufbereitet haben möchte", erläutert Neu. Dabei arbeitet der Trailer-Hersteller mit Webservice-Schnittstellen, die leicht angepasst werden können. So dauert es nach den Erfahrungen von Dieter Honkomp, Technischer Leiter bei Schmitz Cargobull Telematics, für die IT-Abteilungen der Kunden nur wenige Tage, um die Fahrzeugdaten in kundeneigene Systeme zu integrieren. Schmitz Cargobull hat aber auch das eigene Portal "Trailer Connect" einer Verjüngungskur unterzogen. Hohe Verfügbarkeit, neue, auf den Anwender zugeschnittene Funktionen sowie eine intuitive Bedienung standen bei der Entwicklung im Vordergrund. Für das Gesamtsystem setzt Schmitz Cargobull weiterhin auf die Partner Deutsche Telekom und Bosch, wobei Bosch weiterhin die Hardware für das Fahrzeug liefert.

Individuelle Software-Applikationen für das Steuergerät entwickelt das Unternehmen hingegen künftig selbst, um schneller auf die Kundenwünsche reagieren zu können. Die auf dem Portal einzusehenden Informationen werden ab Herbst 2017 von einem neuen zentralen Steuergerät geliefert. Bereits auf der Messe "transport logistic" in München stellt Schmitz Cargobull unter dem Titel "Smart Trailer" die dritte Generation seiner Telematik-Lösung vor. Dieses Steuergerät integriert erstmals Funktionen des Aufliegers wie beispielsweise eine Reifendruckkontrolle oder einen Temperaturschreiber. Weiter ausgebaut ist die Fahrzeugvernetzung auf Basis von LIN- und CAN-Bus. Die Informationen aller Steuergeräte, Sensoren und Aktuatoren laufen damit im Telematik-Steuergerät zusammen.

2017 will Bosch mit eigener Software-Lösung an den Markt

Sowohl Schmitz Cargobull als auch Krone setzen bei der Bedienung ihrer Telematiksysteme zunehmend auf Apps, die auch vom Fahrer genutzt werden können. So unterschiedlich die Oberflächen auch aussehen mögen, der Kerngedanke ist der gleiche. Auf dem Smartphone steht nicht der volle Funktionsumfang zur Verfügung, den der Disponent auf dem Bildschirm sieht. Dafür ist das Wesentliche schnell im Blick: Warnungen etwa über unzulässige Temperaturen oder geöffnete Türen. Oder Informationen zum genauen Standort für den Fahrer der Sattelzugmaschine, der den Auflieger abholen soll. Beide Unternehmen haben ihre Software-Entwicklung in den vergangenen Jahren deutlich verstärkt. Ob die Vor- oder die Nachteile einer eigenen Hardware-Entwicklung, wie Krone sie betreibt, auf Dauer überwiegen, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden.

Sicher ist: Der Wert für die Spedition entsteht vor allem durch die Datennutzung. "Eigentlich geht es darum, die komplette Transportkette in einer Industrie 4.0 zu digitalisieren", erläutert Johannes-Jörg Rüger, beim Elektroniklieferanten Bosch für das Nutzfahrzeuggeschäft verantwortlich. "Wenn wir durch vernetzte Trailer ganz genau wissen, wann was in welchem Zustand geladen wurde und was mit dem Ladegut während des Transport passiert ist: Brauchen wir dann noch eine Wareneingangskontrolle?" So liefert Bosch nicht nur die Hardware und nutzt dabei Skaleneffekte, die dadurch entstehen, dass viele Bausteine auch für vernetzte Zugmaschinen benötigt werden. Ende 2017 will der Zulieferer mit einer eigenen Software-Lösung an den Markt gehen, mit der sich Produkte über die gesamte Lieferkette verfolgen lassen. Deren Name "Track & Trace" ist Programm: Er kann mit "Aufspüren und Verfolgen" übersetzt werden.

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