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Tödlicher Lkw-Abbiegeunfall in München BGL: Abbiegeassistent muss Pflicht werden

Foto: ADFC

2015 kamen mehr als 70 Radfahrer bei Unfällen mit Lkw ums Leben. Abbiegeunfälle ereignen sich nach immer demselben Muster und haben fatale Folgen. In München kam am Mittwoch erneut eine Radfahrerin ums Leben. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) und der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) fordern Konsequenzen.

Die Serie der Lkw-Abbiegeunfälle reißt nicht ab. Erneut ist eine Radfahrerin von einem Lkw überrollt worden und ihren Verletzungen erlegen. Der Unfall ereignete sich am Mittwochmittag in München, als ein 20-jähriger Fahrer eines Container-Lkw beim Abbiegen von der Reger- in die Welfenstraße eine 51-jährige Radfahrerin beim Rechtsabbiegen übersah und überrollte. Bei dem Opfer handelt es sich nach Informationen des Bayerischen Rundfunks um die ehemalige "Marienhof"-Darstellerin Silvia Andersen.

ADFC: Verkehrs- und Termindruck darf keine Ausrede sein

Unfälle nach diesem Muster gibt es in der bayerischen Landeshauptstadt immer wieder: Nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) kommen jährlich fünf bis zehn Radfahrer durch Kraftfahrzeuge ums Leben – besonders schwerwiegend sind die Folgen, wenn ein Lkw im Spiel ist. Fünf von sieben Fällen, die der ADFC-Kreisverband München auf seiner Internetseite aufgelistet hat, gehen auf das Konto von abbiegenden Lkw. Andreas Groh, der stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbands, kritisiert, dass sich sorgloses und zügiges Abbiegen eingebürgert hätten. "Verkehrs- und Termindruck mögen hier eine Rolle spielen, das kann jedoch keine Ausrede sein", erklärt er gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell.

2015 gab es in Deutschland 3.226 Kollisionen zwischen Lkw und Radfahrer, davon 72 mit Todesfolge, wie Zahlen des Statistischen Bundesamts ausweisen.  Die Versicherer registrierten 665 Schwerverletzte.

ADFC empfiehlt Einbau von Kamerasystemen

Gerade Speditionen können laut ADFC einen wichtigen Beitrag leisten, um solchen Unfällen vorzubeugen. "Nicht umsonst, aber mit 300 bis 500 Euro pro Fahrzeug verträglich, wäre der freiwillige Einbau von Kamerasystemen", sagt ADFC-Kreisverbands-Mann Andreas Groh und weist auf das Positivbeispiel von Edeka Südbayern hin.

Als der Fahrer einer befreundeten Spedition in einen Abbiegeunfall mit Todesfolge verwickelt wurde, stand für den Technischen Leiter von Edeka Südbayern, Anton Klott, fest: "Da muss ich aktiv werden", wie er vor einigen Wochen bei einem Expertengespräch bei trans aktuell sagte. Er entwickelte den besagten Abbiegeassistenten, der bereits mit dem Dekra Award ausgezeichnet wurde, der nun in Klotts gesamte Flotte eingebaut werden soll.

BG Verkehr hat Plastikplane zur Spiegeleinstellung entwickelt

Auch die BG Verkehr weist auf die Vorteile von solchen Kamera-Monitor-Systemen hin. Ferner hat sie Plastikplanen entwickelt, die Fahrer um ihre Fahrzeuge legen und daran ihre Spiegel ausrichten können, um den toten Winkel zu reduzieren.

Als erster Hersteller bietet seit wenigen Monaten Daimler ein entsprechendes Assistenzsystem an: Der Abbiegeassistent warnt den Fahrer per gelbem LED-Licht in Form eines Dreiecks, sobald sich ein bewegliches Objekt in der seitlichen Überwachungszone befindet. Der Blick des Fahrers soll auf diese Weise auf die Situation rechts neben dem Lkw und den rechten Außenspiegel gelenkt werden. Droht eine Kollision, blinkt das LED-Licht mehrfach rot auf, nach zwei Sekunden leuchtet es dauerhaft rot. Zusätzlich ertönt ein Warnton über den Lautsprecher der Radioanlage. 

BGL-Chef Prof. Dirk Engelhardt: Abbiegeassistent obligatorisch

Angesichts der schweren Unfälle mit Radfahrern fordert auch der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) Konsequenzen: „Der Abbiegeassistent muss für Neufahrzeuge obligatorisch werden“, erklärt BGL-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Dirk Engelhardt gegenüber trans aktuell. Er weist auf die BGL-Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl hin, die auch Vorschläge zu einer verbesserten Verkehrssicherheit machen.

Die Politik bleibe aufgefordert, durch Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen für eine zügige europaweite obligatorische Einführung von Fahrerassistenzsystemen auf aktuellem Stand der Technik zu sorgen, heißt es darin. "Ein besonderes Anliegen ist dem BGL in dem Zusammenhang die verpflichtende Einführung eines elektronischen Abbiegeassistenten."

Der ADFC empfiehlt neben dem Einbau von Kamera- oder Abbiegesystemen Kraftfahrern dringend, ihre Spiegel richtig einzustellen und zu benutzen, Radwege im Vorfeld zu beobachten, rechtzeitig den Blinker zu setzen, beim Abbiegen wiederholt über die Schulter zu blicken und langsam abzubiegen.

Der Stadt München hat der Club rund 1.200 Kreuzungen gemeldet, bei der es zu Gefahrensituationen kommen kann. Die Polizei hatte als Reaktion auf die schweren Unfälle darum gebeten. Nun sei es Aufgabe der Stadt, entsprechende Maßnahmen zu prüfen und durchzuführen, argumentiert der ADFC.

Ghostbikes erinnern an die Opfer von Abbiegeunfällen

Im vergangenen Jahr hatte er zusammen mit der ÖDP nach dem Vorbild anderer Städte eine Aktion mit sogenannten Ghostbikes ins Leben gerufen. Solche weiß gestrichenen Geisterfahrräder stellt der ADFC an Orten auf, an denen Radfahrer im Straßenverkehr getötet wurden. Sie sollen einerseits an die Opfer erinnern und gleichzeitig zu Vorsicht mahnen.

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