Test-Kombi Ford Transit Custom Auftakt mit Hindernissen

Ford Transit Custom Foto: Karl-Heinz Augustin 9 Bilder

Mehr als 30.000 Kilometer hat der Test-Kombi, ein Ford Transit Custom, nach Sommer und Herbst inzwischen hinter sich. Dem vielversprechenden Beginn folgte allerdings eine Ernüchterung. Beim Service und der Diagnose in der Werkstatt hakte es.

Der erste Eindruck vom rundum neuen Ford Transit Custom ist prima. Schon das Design ist gegenüber dem Vorgänger ein großer Gewinn und lädt regelrecht zur Testfahrt ein. Danach steht fest: Der Kombi aus der mittelschweren Transporterklasse ist kein Blender. Ford hat mit dem Transit Custom den Anschluss an Klassenprimus VW Transporter und Mercedes Vito hergestellt. Der kultivierte Antrieb, die gute Straßenlage und das präzise Lenkverhalten bereiten Spaß am Fahren. Hinzu kommen eine topaktuelle Sicherheitsausstattung sowie viele Komfortmerkmale, die das Leben hinterm Steuer leichter machen. Und die überaus funktio­nale Innenausstattung, etwa die leicht zu wickelnden Sitze im Fond, überzeugt.

Doch bei einem neuen Modell geht es vor allem darum, die Dauerhaltbarkeit zu beurteilen, und ob es schon in den Servicebetrieben angekommen ist. Und gerade in diesen Punkten stellten sich nach einigen Kilometer Laufleistung beim Dauertester Probleme ein.

Auslöser einer Serie von Defekten war ein punktierter Reifen. Eine Routineoperation für eine Werkstatt – sollte man meinen. Nach einer ausgedehnten Dienstreise durch die Republik meldete das Reifendruck-Kontrollsystem (RDKS), Pflichtausstattung für neue Fahrzeugmodelle seit November des vergangenen Jahres, im Multifunktions-Display zu geringen Luftdruck.

Zwei Tage warten auf einen Reifen ...

Das System am Transit Custom ist recht einfach ausgelegt. Es zeigt Luftdruckverlust zwar an, jedoch nicht, welcher Reifen davon betroffen ist und wie weit der Ist- vom Soll-Wert abweicht. Doch der schadhafte Reifen vorne rechts war schon mit dem bloßen Auge auszumachen. Also auf letzter Rille in die Werkstatt gerollt. Ärgerlich zunächst einmal ist die Wartezeit von zwei Tagen auf den neuen Reifen, den die Werkstatt nicht vorrätig hat.

Nach dem Reifenwechsel scheint die Malaise kuriert. Zumindest klagt das RDKS nicht mehr über Luftverlust. Doch schon nach den ersten 10 bis 20 Meter Fahrt von der Werkstatt weg fällt auf, dass das Fahrzeug nun vehement nach links zieht. Zudem schlägt das Lenkrad beim Beschleunigen selbstständig in diese Richtung ein. Also flugs wieder zurück in die Werkstatt. Ebenso ärgerlich wie die erneute Standzeit ist die Aussage der Werkstatt, dass man sich nicht erklären könne, wieso der Defekt direkt nach dem Reifenwechsel aufgetreten sei. Schon eine kurze Probefahrt nach getaner Arbeit hätte zumindest für die Diagnose des Problems gereicht. Oder hat da jemand bei der Probefahrt etwa rüpelhaft einen Bordstein mitgenommen und wollte nun das Mäntelchen des Schweigens darüberlegen? Das bleibt Spekulation.

... und zwei Wochen bis der Ford aus der Werkstatt kommt

Der Servicebetrieb diagnostiziert dann auch eine Abweichung in der Spur. Das Fahrwerk muss gerichtet werden. Dann der nächste Aufreger: Die Werkstatt bekommt das Einstellen der Spur nicht in den Griff. Die Achsvermessungsanlage zeige bei verschiedenen Messungen unterschiedliche Werte an, lautet die Erklärung des Serviceberaters. Man müsse das Fahrzeug außer Haus geben, die Arbeiten dauerten daher ein wenig länger. Die Reparatur zieht sich über Tage. Nach fast zwei Wochen ist der Transit Custom endlich wieder da. "Spurvermessung bei Euromaster" (die noch dazu extra berechnet wird), "Reifen untereinander getauscht" und "Wuchtgewichte angebracht" weist die Rechnung aus. Tatsächlich: Das Fahrzeug fährt nun wieder geradeaus. Doch es scheint flatteriger und nervöser als zu Beginn des Tests zu reagieren. Kurz darauf meldet sich auch das RDKS wieder. Es stellte sich heraus, dass noch ein zweiter Reifen von einem Nagel perforiert ist, nämlich hinten links. Der Reifen hat mit dem Fremdkörper im Gummi noch ein wenig länger durchgehalten, der Schaden stammt aber wohl aus der gleichen Zeit wie der erste. Wieder fallen zwei Tage Wartezeit auf den Reifen an. Freilich: Für Nägel auf der Fahrbahn kann der Fahrzeughersteller nichts – ein dummer Zufall.

Bald darauf stellt sich aber ein neues Problem ein, das womöglich auf saloppe Fertigung oder Anlaufschwierigkeiten hindeutet. Das Testfahrzeug ist ganz früh nach Modelleinführung produziert. Und es stellt den Servicebetrieb wieder vor ein Rätsel. Über Nacht ist das Fahrzeug im Inneren deutlich lauter als zuvor. Motor und Getriebe veranstalten einen Radau, als ob sie der Fahrer auf dem Schoß liegen hätte. Also wieder zur Werkstatt, die übrigens beim vorausgegangenen Test mit dem Vorgängermodell noch einen guten Eindruck hinterlassen hat. Der Serviceberater kann jedenfalls nicht das hören, was andere Fahrer sofort bemerken. "Das Modell ist noch so neu und wir haben nicht viele Transporter im Fuhrpark. Da kann ich schlecht vergleichen", lautet die Begründung.

Penetrantes Motordöhnen im Innenraum

Der Serviceberater bietet aber an, die Motorsteuerung auszulesen. Am nächsten Tag ist der Ford abholbereit. Protokoll des Fehlerspeichers: "ohne Befund, Motorleistung in Ordnung". Aber ein neues Motorsteuerungsprogramm wurde aufgespielt. Der erste Fahreindruck: Noch penetranter als zuvor dröhnt der Motor im Innenraum. Schöner Reisen war einmal. Angeblich soll das Update aber den Verbrauch optimieren. Jedenfalls prasselt die Common-Rail-Einspritzung nun aufdringlich unter Last, die Geräuschkulisse ist noch lauter geworden. Da hilft nur noch ein Anruf bei Ford in Köln. Die Testwagenabteilung zeigt großes Interesse und holt das Auto für eine gute Woche in die Werkstatt. Diagnose: Ein Teil der Motordämmung, vom Zugang durch die Motorhaube unsichtbar, hatte sich gelöst. Zusätzlich zieht Ford neue Reifen rundum auf, vermisst die Spur der Vorderachse erneut – und findet immer noch eine Abweichung. Zurück aus Köln fährt sich der Kombi endlich wieder wie zu Beginn des Tests.

Allerdings meldet sich das RDKS wieder, obwohl ein externes Messgerät gleichbleibenden Luftdruck anzeigt. Einer der vier Sensoren in den neuen Reifen ist nicht in Ordnung und muss noch einmal ersetzt werden. Für die RDKS-Systeme dem Vernehmen nach ein typisches Problem. Ford Köln regelt es einmal mehr. Seitdem rollt der Transit Custom inzwischen mehr als 8.000 Kilometer ohne Beschwerden. Und der Eindruck ist wieder wie am ersten Tag: nämlich sehr gut. Und es bleibt nach nun 34.000 Kilometern dabei: Vieles hat Ford verbessert im Vergleich zum Vorgängermodell. Vor allem an Ausstattung, Materialwahl, Fahrkomfort und der Funktionalität hat der Hersteller gearbeitet. So fühlt man sich nun ebenso wie bei den großen Wettbewerbern VW und Mercedes fast wie in einem modernen Pkw. Assistenzsysteme für Abblend- und Fernlicht, Spurhaltewächter, Rückfahrkamera mit Fahranzeige und toll zu bedienende Sitzbänke im Fond machen den Transit Custom zu einem ebenso tauglichen Kleinbus wie Transporter. Bei gewickelter zweiter Sitzreihe ergibt sich für die bis zu sechs Insassen ein riesiger Gepäckraum. Für das leichte Ausflugsgepäck einer acht oder neunköpfigen Gruppe reicht das kompakte Abteil auch noch aus. Nacharbeiten sollte Ford an der Bedienbarkeit des komplexen Navigationssystems. Wie es auch für die Pkw der Marke üblich ist, herrscht Tastenvielfalt in der Mittelkonsole. Viele Funktionen lassen sich auch über die Bedienelemente links und rechts am Multifunktionslenkrad bedienen. Und so führen viele Wege zum Ziel, was aber beim gelegentlichen Ford-Fahrer gerade beim Einstellen des Navis eher Verwirrung als Sinn stiftet.

Trotz Allem legt der Kmobi einen guten Auftritt hin

Die 125 PS der mittleren Motorisierung des Fronttrieblers reichen gut aus, vollbringen freilich keine Wunder. Wer den Transit Custom häufig voll besetzt fährt, sollte zur Spitzenmotorisierung mit 155 PS greifen. Von unten raus und jenseits Tempo 120 mutet der Kölner sonst etwas zugeschnürt an. Das Fahrzeug kam gut eingefahren mit knapp 3.500 Kilometern in der Redaktion an. So entwickelt sich der Verbrauch von Anfang an stabil. Werte zwischen 7,5 und 10,5  Liter pro 100 Kilometer sind zwar nicht Spitze in dieser Klasse, aber akzeptabel. Der Durchschnittsverbrauch pendelte sich bei exakt neun Liter pro 100 Kilometer ein. Ein halber Liter weniger wäre wünschenswert. Seit dem Motorsteuerungs-Update bewegen sich die Verbräuche auch in diese Richtung.

Wenn nun nichts Unvorhergesehenes mehr passiert, legt der Ford Transit Custom insgesamt immer noch einen guten Auftritt hin und der letzte Eindruck wird dem ersten entsprechen. Für die beiden defekten Reifen und die darauffolgende Leidensgeschichte kann das Fahrzeug ja nichts.

Download Wartungs- und Servicearbeiten (PDF, 0,05 MByte) Kostenlos
Technische Daten
Ford Transit Custom 2.2 TDCi
Aufbauart Kombi
Motorbauart Reihenmotor
Außenlänge 4.972 mm
Außenhöhe 2.020 mm
Zul. Gesamtgewicht 3.000 kg
Leergewicht 2.178 kg
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16. Februar 2015
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