Systeme zur Fahrstilanalyse Elektronische Trainer

Systeme zur Fahrstilanalyse Foto: Thomas Küppers 19 Bilder

Den eigenen virtuellen Fahrertrainer jederzeit mit an Bord. Mit Hilfe ausgeklügelter Software und Telematiksystemen verfolgen mittlerweile sämtliche Hersteller ähnliche Ziele.

Bei all den Milliarden, die in die Entwicklung spritsparender Systeme und Komponenten fließen, bleibt am Ende doch eine nüchterne Erkenntnis: Den größten Einfluss hat immer noch der Fahrer. Damit das in Ausbildung und diversen Trainings erworbene Wissen um eine wirtschaftliche Fahrweise nicht verblasst, bauen die Hersteller auf unterstützende Maßnahmen direkt am Lenkrad, permanent und in Echtzeit verfügbar.

"Driver ­Performance Assistant" von DAF

DAF setzte den Plan mit der Vorstellung der neuen XF-Baureihe Ende 2012 in die Tat um. "Driver ­Performance Assistant", kurz DPA, heißt das System der Niederländer. Basierend auf den Phasen, in denen das Fahrzeug ohne Gas rollt, und dem Eingriff der Betriebs- oder Dauerbremsen werden Gesamtbewertungen für vorausschauendes Fahren und effektiven Bremseneinsatz als Prozentsätze errechnet. Die "Eco"-Leistungsübersicht erscheint auf dem zentralen Fünf-Zoll-Farbmonitor in Form von Einzelwerten und als Gesamtpunktzahl. Wird die Anzeige ausgeblendet, verbleibt am unteren Rand des Displays der ­Balken für die Gesamtbewertung. Über die Menütaste lässt sich zusätzlich ein Zielwert für den Kraftstoffverbrauch einstellen. Die grafische Umsetzung zeigt sich in einem grünen Balken, wenn das Ziel ­erfüllt wird, und einem roten, wenn nicht. Auf Basis der ermittelten Werte reagiert das System situativ mit Textmeldungen. Dabei reicht das Spektrum von sachter Kritik ("Längeres Ausrollenlassen spart Kraftstoff") bis zum verbalen Schulterklopfen ("Gut vorausschauend gefahren!"). Insgesamt sieht DAF die Sache eher sportlich und als persönliche Motivation für den Fahrer.

"Driving Style Evaluation" von Iveco

Das Pendant von Iveco nennt sich "Driving Style Evaluation" (DSE). Laut Iveco erfolgt die Beurteilung auf der Grundlage einer dreistufigen, baumartig aufgebauten Kennziffernstruktur, die auch die Schwierigkeit des Einsatzes berücksichtigen soll. Folglich fließen neben Motor- und Fahrzeuginformationen auch GPS-Daten ein. Jede Kennziffer wird im Display in Echtzeit als Prozentwert dargestellt. Je höher der Wert, desto besser wird das Fahrverhalten hinsichtlich des Verbrauchs eingeschätzt. Ähnlich wie bei DAF ergänzen eingeblendete Tipps die Bewertung, wobei der Fahrer am Einsatzende eine Zu­sammenfassung der Kennziffern aufrufen kann, prozentual oder grafisch. Mit dem Telematiksystem "Ive­connect" können die Daten auch in die Dispo gesandt werden, als individueller Bericht für jedes Fahrzeug und jeden Fahrer.

"Connected Co-Driver" von MAN

MAN beschreitet bislang einen etwas anderen Weg. Als Ergänzung zu den klassischen Fahrerschulungen (MAN Profidrive) haben die Münchner den "Connected Co-Driver" im Angebot: Ein Ferntraining über einen Zeitraum von einer Woche bis zu drei Monaten, bei dem ein (menschlicher) Trainer dem Fahrer als virtueller Beifahrer zur Seite steht. Der Coach befasst sich mit Fahrer, Fahrzeug und Streckenprofil gleichermaßen und erarbeitet daraus eine möglichst wirtschaftliche Fahrweise. Das Werkzeug dazu ist MAN Telematics, das dem Trainer (aber nicht dem Fahrer) am Firmencomputer Einblick in die Fahrweise erlaubt. Laut MAN erzielt das praxisnahe Live-Training mit wenig Zeitaufwand schnelle Erfolge und erlaubt die direkte Klärung von Rückfragen per Telefon. Bei ­einer dreimonatigen Betreuung beziffern die Münchner die Kosten mit rund drei Euro am Tag, den messbaren Effekt mit einer Verbrauchsreduzierung von durchschnittlich 2,3 Liter auf 100 Kilometer. Die Hardware von MAN Telematics, zu der sich vier Dienstleistungspakete wählen lassen, ist in Fernverkehrs-Sattelzugmaschinen der Baureihen TGS und TGX Serie.

"Fleetboard Drivers League" von Daimler

Mercedes zählt mit dem Fleetboard-System, im Actros inzwischen Serie, zu den Telematik-­Pionieren. Schon früh haben die Stuttgarter auch den Wettbewerbs­charakter aufgegriffen: Ende 2014 startete die zehnte Runde der "Fleetboard Drivers League". Ziel ist die beste Fahrweisen-Benotung in der Einsatzanalyse. Jene setzt sich aus verbrauchs- sowie verschleißrelevanten Faktoren zusammen und der Fahrer mit der höchsten Effi­zienz gewinnt. Premiere hatten auf der IAA das neue Fleetboard-Cockpit als PC-Arbeitsplatz des Disponenten sowie eine App, mit der Fahrer unterwegs auf die persönliche Bewertung zugreifen können. Die App steht ab April 2015 kostenlos zur Verfügung und beinhaltet neben der Fahrweisen-Note (zu der auch ein verändertes Fahrverhalten tagesaktuell angezeigt wird) einen "Time Manager" für die Lenk- und Ruhezeiten. Zu den neuen Fleetboard-Features zählt unter anderem die Nutzungsanalyse des vorausschauenden Tempomaten "Predic­tive ­Powertrain Control" (PPC) und der gewählten Fahrprogramme (Standard, Power, ­Economy). Kurz: Die Dispo weiß umfassend Bescheid. Sogar die vom Fahrer eingestellten Geschwindigkeitstoleranzen (Über- und Unterschwinger im Tempomatbetrieb) werden übermittelt. Stichwort Echtzeitanalyse: Der serienmäßige "Eco-Support" zeigt während der Fahrt Tipps für eine wirtschaftliche Fahrweise an. Das System arbeitet unabhängig von Fleetboard, lässt sich jederzeit im Display aufrufen und analysiert die Fahrweise in mehreren Kategorien, darunter Rollphasen, Bremseneinsatz und Beschleunigungsverhalten. Feedback gibt es in Form von Textmeldungen wie ­etwa "Kickdown sinnvoll einsetzen!" oder "Gute Rollphase!".

Optifuel-Programm von Renault

Bei Renault sind die Maßnahmen zur Verbrauchssenkung im "Optifuel"-Programm gebündelt. Zu den Bausteinen zählen auch bei den Franzosen Fahrerschulungen und die Fahrstilanalyse. Die entsprechende Software Optifuel Infomax liest die erfassten Fahrdaten aus, analysiert sie und entwickelt daraus Verbesserungsansätze für den Fahrer. Ein Echtzeitassistent à la DAF DPA, Iveco DSE oder Mercedes Eco-Support ist aber nicht an Bord. Der Fahrer könnte die Daten via Laptop mit Infomax-Software höchstens selbst auslesen. Künftige Systeme zur Verbrauchssenkung testet Renault derzeit im Erprobungsfahrzeug "Optifuel Lab 2". Installiert ist unter anderem ein adaptives Gaspedal: Bei aktiviertem System wird das Pedal härter oder weicher, je nachdem, ob der Fahrer beschleunigen oder verlangsamen soll. Sieht das System per GPS-Positionsbestimmung und Kartenabgleich beispielsweise einen Kreisverkehr oder das Ende einer Steigung voraus, verhärtet sich das Pedal und zwingt den Fahrer, den Fuß vom Gas zu nehmen – auch eine Form von sanftem Druck.

Eco-Modul von Scania

Scania betont, das eigene "Eco-Modul" gemeinsam mit routinierten Fahrern aus ganz Europa entwickelt zu haben. Das System ist in Fernverkehrs-Lkw mit Retarder ­serienmäßig und analysiert mit Hilfe von Sensordaten kontinuierlich vier Kategorien: Fahren an Steigungen (Gaspedalstellung, Rollen­ lassen vor Kuppen), Vorausschau (Intervalle zwischen Beschleunigungs- und Bremsvorgängen), Bremseneinsatz (Retarder, Motor- und Scheibenbremsen) sowie die Gangwahl. Die Auswertung wird fortlaufend für jede Kategorie in Prozent angezeigt und läuft im Hintergrund weiter. Der Fahrer kann wählen, ob er die Gesamtauswertung sehen will oder die einzelnen Kategorien aufgesplittet. Motivierend findet auch das ­Scania-System in einzelnen Situationen per Texteinblendung lobende Worte, etwa nach einer langen Rollphase oder beim Beschleunigen vor Steigungen. Zudem werden heftige Bremsmanöver als Notbremsung erkannt und fallen aus der Wertung. Generell sieht Scania das Eco-Modul als nachhaltige Ergänzung zu einem Fahrtraining. Insbesondere sollen die Schwankungen beim Spritverbrauch sinken, der Fahrstil also insgesamt gleichmäßiger werden. Neuestes Gimmick: Die Daten des Eco-Moduls lassen sich nun auch per Armbanduhr ("Scania Watch") abrufen.

I-Coaching von Volvo

Volvo hatte ein Echtzeitinstrument im Fahrzeug zuerst in der Konzernsparte Bus zu bieten: Hier liefert das System "I-Coaching" dem Busfahrer kontinuierlich Rückmeldungen zu Beschleunigungs-, Brems- und Lenkmanövern. Bei Volvo Trucks stützt sich die Analyse auf das im Jahr 2004 eingeführte Flottenma­nagementsystem Dynafleet. Jenes umfasst verschiedene Ausbaustufen, zu denen auch der Posten "Fuel & Environment" zur Auswertung von Fahrzeug- und Fah­rerdaten zählt. Die Systematik verläuft nach bekanntem Muster: Auf einer Skala von 0 bis 100, dargestellt als Farbcodes und Zahlen, werden die Leistungen in den Kategorien vorausschauendes Fahren, Bremseneinsatz, Drehzahl und Gänge sowie gefahrene Geschwindigkeit angezeigt. Ein vom System ermittelter Kraftstoffeffizienzwert soll dem Spediteur einen detaillierten Vergleich der Fahrer untereinander (inklusive Rangliste) und einen ­Einblick in die Trends der letzten 13 Monate erlauben – zu Schulungszwecken und zum internen Fahrerwettbewerb. Der Fahrer kann sich mit der kostenlosen Dynafleet-App die Echtzeitdaten auf sein Handy übermitteln lassen, zur Selbstkon­trolle und im Vergleich zu Kollegen. Die Integration ins Fahrzeug ist erst seit Kurzem möglich, ein überfälliger Schritt. Denn während der Fahrt aufs Telefon zu schauen ist bei allen Spritspar-Bemühungen ­sicher nicht Sinn der Sache.

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