Sicherheit von Omnibussen Steilvorlage

Sicherheit von Omnibussen Foto: Thorsten Wagner 10 Bilder

Der Notbremsassistent ABA 3 stellt den vorläufigen Höhepunkt der
Sicherheitsentwicklung bei Mercedes dar. Zeit für einen Rückblick in die Technikgeschichte.

Wer kennt den Slogan nicht? "Ihr guter Stern auf allen Straßen." Will sagen: Wohin man auch fährt, der Stern beschützt rundum, wenn man auf Achse ist. Waren es früher vor allem die hardwarebezogenen Themen, die in der aktiven und passiven Sicherheit die bedeutendste Rolle spielten, so geht der Trend seit einigen Jahren immer mehr in Richtung softwaregestützer Systeme. Sie helfen mittels vernetzter Sensorik und Aktuatorik dabei, den größten Risikofaktor an Bord, nämlich den Mensch hinterm Steuer, immer mehr zu entlasten.

Epochenwechsel durch Mehrwert

"Die großen Meilensteine für einen Epochenwechsel sind Ultraschall, Radar und Stereo­kamera. Hiermit werden nicht nur alte Technologien ersetzt, sondern auch echte Mehrwertfunktionen geschaffen. In Zukunft wird die Entwicklung wesentlich davon abhängen, wie wir die Systeme miteinander kombinieren, dabei sprechen wir dann von Sensorfusion", erklärt Dr. Eric Sax, bei Daimler Buses für die Elektronikentwicklung zuständig.

Bestes Beispiel für diesen Technologiewechsel ist die dritte Entwicklungsstufe des Active Brake Assist (ABA), den Mercedes 2008 mit der zweiten Modellgeneration des Travego vorgestellt hat, und der an den Abstandsregeltempomaten (ART) gekoppelt ist. Im Gegensatz zur zweiten Generation, die zwar erstmals stehende Objekte erkannte, aber nicht bis zum Stillstand bremste, kann das System jetzt auch eine Notbremsung einleiten. Das geschieht dann, wenn der Fahrer nicht auf die der Notbremsung vor­auseilende Warnkaskade im Cockpit reagiert.

Neben der neuen Software und nochmals komplexeren Steuer-Algorithmen fällt hierbei vor allem der neue Sensorkopf auf, der auch in der Mercedes M-Klasse Verwendung findet. Statt dreier Radar-Keulen mit einer Reichweite von rund 125 Metern beherbergt der neue Sensor ein sogenanntes walzenartiges Array, das eine Feldwolke erzeugt, die die Straße 250 Meter voraus abtastet. Dieses System ist bisher einmalig auf dem Busmarkt und erfüllt schon heute die gesetzlichen Vorgaben für das Jahr 2016.

Um die Marktdurchdringung des Systems zu verbessern, hat sich Mercedes bereits vor einiger Zeit entschieden, für ART keinen Aufpreis mehr zu verlangen, sofern der Kunde auch ABA ordert. Mit Erfolg: Die Verbauungsrate für das System ist seit 2008 laut Hersteller auf rund 53  Prozent gestiegen. Insgesamt seien inzwischen 3.000 Fahrzeuge mit ABA auf der Straße.

1991: Erster Reisebus erfüllt Überschlagrichtlinie ECE R66

Wie ist aber der Weg des Unternehmens verlaufen, um in einer Zeit anzukommen, in der der Bus als eines der sichersten Verkehrsmittel zählt? Erste Ansätze, um die in den 30er-Jahren entstandenen Ganzstahlkarosserien weiter zu optimieren und überschlagsicher zu machen, gab es schon in den 60er-Jahren. Es sollte aber noch bis 1991 dauern, bis der erste Mercedes-Reisebus die Überschlagrichtlinie ECE R66 erfüllte – als erster Hersteller in Europa. Eine Pole-Position, die Mercedes bis heute mit Stolz verteidigt, auch wenn die Premiummarke Setra heute genauso von den modernen Segnungen profitiert.

Im Fokus standen zunächst die Fahrzeuge O 303 und dessen Nachfolger O 404. Ersteres galt als äußerst robuster Genosse mit Starrachse und Trommelbremsen vorn. Mercedes-Pressemann Josef Ernst geriet noch 2008 im Rückblick ins Schwärmen: "Ein Reisebus nach dem O  303? Kaum vorstellbar!" Grund genug, um erste Umsturzversuche mit ihm zu absolvieren, bei denen er gar nicht schlecht wegkam. Zu dieser Zeit hatte sich auch der Begriff der "aktiven und passiven Sicherheit" nach Mercedes-Konstrukteur Béla Barényi etabliert, der neben dem Ponton auch einen "Großen Reisewagen" baute.

Der O 404 wurde bei seiner Einführung 1991 mit "hochfeiner und weit entwickelter Technik" als "riesige Großraumlimousine mit viel Nähe zum Pkw" – so lautete der Pressetext – behutsam in den Markt eingeführt. Mit an Bord waren elektronische Systeme, die heute eine Selbstverständlichkeit sind: ABS, ASR sowie der Retarder als verschleißlose Dauerbremse.

1981 kommt ABS

Der erste Einsatz des ABS geht allerdings auf das Jahr 1981 zurück. Das Ende der ambitionierten Baureihe O 404 markiert auch so etwas wie eine Trennung der Anspruchsklassen unter dem Sternenzeichen. Aus dem teuren Premiumbus wurden in den 90er-Jahren die robusten Modelle O 340 und O 350 abgeleitet, die sich auch noch als Tourismo mehr durch Kostenbewusstsein als durch das letzte Quäntchen an ausgeschöpftem Sicherheitspotenzial auszeichneten.

Die Produktmanager bei Mercedes haben dieses lukrative Second-Line-Konzept bis heute beibehalten. Vorenthalten wird dem aktuellen Tourismo neben den Assistenzsystemen ART und Spurassistent (SPA) auch der Front Collision ­Guard (FCG), der die Frontstruktur des Vorderwagens verstärkt.

Auf der anderen Seite gab der Hersteller in der Premiumklasse jedoch so richtig Gas. Der erste Travego, der 1999 das Licht der Straße erblickte, mauserte sich schnell zum Pace Car in Sachen Sicherheit und hat diese Stellung bis heute verteidigt. Die technische Revolution war mit der elektronischen Grundlage für die Bremse und den Nervenstrang des Fahrzeugs, den CAN-Bus (Controlled Area Network), seit 1997 grundlegend bereitet.  Der nächste konkrete Schritt der Entwicklung war im Jahr 2003 die Einführung des serienmäßigen ESP sowie des optionalen, radargestützten Abstandsregeltempomaten.

Sicherheitswolke als Zukunftsvision

"Am Ende dieser Entwicklung könnte so etwas wie eine umfassende Sicherheitswolke stehen, die mit allen Sensoren und Aktoren im Fahrzeug vernetzt ist, und aus der der Kunde dann anwendungsspezifisch Systeme einzeln kombinieren kann. Aber da sind wir noch lange nicht", erklärt Dr. Sax.

Was könnte uns denn in Zukunft an Systemen ins Haus stehen? Da wird der Entwickler naturgemäß wortkarger, deutet aber zumindest mögliche Richtungen an: "Die heutigen Spiegelsysteme etwa sind längst an Grenzen angekommen. Ergänzend könnten Stereokameras noch weitere Sicherheitsfunktionen ermöglichen." Im ­Idealfall würden diese Maßnahmen zudem Beiträge liefern, den Kraftstoffverbrauch deutlich zu senken. Eine Vision, die nicht mehr allzu weit entfernt scheint, auch wenn der fehlende Blick in den Rückspiegel schon eine Umgewöhnung darstellen wird auf dem Weg in die unfallfreie Zukunft unter dem Zeichen des Sterns.

Virtuelle Erprobung von Komponenten und Sicherheitssystemen auf dem Vormarsch

Seit rund fünf Jahren erprobt Daimler im Busbereich elektronische Komponenten und ihr Zusammenspiel mit der Software in einer virtuellen Testumgebung – der sogenannten Hardware-in-the-Loop (HiL)-Erprobung. Hierbei werden bis zu 49 Steuergeräte gleichzeitig in einer realen oder modellierten Umgebung in Echtzeit (rund eine Millisekunde Taktrate) getestet. Bisher wurden bereits über eine Millionen Tests gefahren, um Fahrzeugkomponenten und deren Funktionen abzusichern. "Wir haben in dieser Zeit rund 1.400 Auffälligkeiten gefunden, darunter auch einige gravierende Fehler. Wir können so die Qualität der Elektronikkomponenten in der Serie deutlich steigern", erläutert Dr. Eric Sax, Leiter der Elektrik- und Elektronikentwicklung bei Daimler Buses. Die Ergebnisse der aufwendigen Erprobung sind jederzeit reproduzierbar. "So konnte die Einführung der B2E-Elektronikplattform so problemlos wie nie abgesichert werden", sagt Sax.

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