Renault Premium Route 430.19T Verbrauchsbegrenzer

Renault Premium Route 430.19T, Solutions Optifuel Foto: Jacek Bilski 16 Bilder

Optifuel heißt das Mittel von Renault Trucks gegen hohen Verbrauch. Dass es wirkt, zeigt der Test des Premium Route 430.19T. Die Nebenwirkungen sollten allerdings beachtet werden.

Frankreich spart. Beim Auto, beim Urlaub und – man mag es kaum glauben – beim Essen. Unseren westlichen Nachbarn,  bekannt für ihre Vorliebe für gutes Essen, geht  das Geld aus. Statt ein leckeres Menü im Restaurant um die Ecke zu genießen, zieht es sie – zwar widerwillig, aber notgedrungen – immer mehr in die Fastfood-Ketten, die in Frankreich zumeist am unschönen Stadtrand oder im Gewerbegebiet siedeln. Menüs gibt es schließlich auch bei McDonald’s oder Burger King – freilich im Geschmack Welten vom französischen Standard entfernt.

Optifuel ist Beispiel für verbrauchsoptimierte Lkw

Da wird das Menü, das Renault mit Optifuel  zusammengestellt hat, deutlich besser schmecken – zumindest jenen Franzosen, die ihr Geld mit Transport verdienen. Optifuel ist das Produkt einer Welle, die vor zwei, drei Jahren einsetzte und seitdem immer mehr verbrauchsoptimierte Lkw auf die Straße spülte. Mit verbesserter Aerodynamik, optimierter Antriebstechnik, allerlei verbrauchssenkenden Maßnahmen und mit einem geschulten Fahrer, der all das optimal nutzen soll. Vom Tüv Rheinland ließ Renault sich das Sparpotenzial bestätigen. "Mindestens drei Prozent spart die verbesserte Technik, mindestens drei Prozent spart der geschulte Fahrer", so das attestierte Ergebnis nach ausgiebigen Messfahrten.

Renault Premium Route 430.19T heißt die Sattelzugmaschine korrekt, die Mitte September zum Test antrat. Selbstverständlich ausgerüstet mit allen Optifuel-Zutaten, die ausnahmslos das unumgängliche "Opti" im Namen tragen: Optiroll, Optidriver, Optibrake. Die Eckdaten: 430 PS und 2.040 Nm aus sechs Zylindern mit zusammen 10,8 Liter Hubraum, ein automatisiertes Zwölfganggetriebe ohne Kickdown und eine recht lange Achsübersetzung von 2,64 zu 1, die bei der üblichen Bereifung (315/70 R 22,5) nur rund 1.200/min bei Tempo 85 ergibt.

430 PS ziehen 40 Tonnen

Mit kernig klingendem Sound und spontaner Reaktion auf Gaspedalbewegungen setzt sich der Premium in Bewegung und kaschiert damit gekonnt, dass den 40 Tonnen eben nur 430 PS gegenüberstehen. Die tatsächlichen Fahrleistungen (80,9 km/h) auf der Teststrecke rücken die subjektiven Eindrücke allerdings wieder zurecht. 81,5 bis 82,0 km/h müssten mit dieser Leistung möglich sein. Klarer Fall: Die Getriebeelektronik lässt den kleinen Motor zu lange ziehen – eine Konzession an den Optifuel-Gedanken und allgegenwärtige Strategie, um Kraftstoff zu sparen.

Die Kombination aus langer Achsübersetzung und vom Getriebe verordneten niedrigen Drehzahlen machen es dem Motor nicht eben leicht, die Teststrecke zügig zu meistern. Und erweist sich gar manchmal als kontraproduktiv. Beispielsweise dann, wenn der Premium an Steigungen ins Gangpendeln gerät, weil er zu spät zurückschaltet und dann wieder vehement 
beschleunigt. Das kostet Zeit und Kraftstoff. In aller Regel schaltet das Optidriver genannte Getriebe ziemlich unflexibel und erst bei 1.050 bis 1.100/min abwärts, erkennt auch nicht immer, wann es für eine Schaltung aufwärts an der 
Zeit ist.

Französisches Laissez-faire

Überhaupt fehlt dem Premium, wenn es um die elektronischen Helfer geht, jene Perfektion im Detail, die sich generell in einem Scania R oder einem (neuen) Actros zeigt. Auch fehlt ihm (noch) ein Tempomat, der die Topografie erkennt und die Fahrweise entsprechend anpasst. So bleibt es – Optifuel hin oder her – zu einem guten Teil Aufgabe des Fahrers, die kraftstoffsparenden Fähigkeiten auszuschöpfen. Insbesondere auch deshalb ist das Optifuel-Paket erst mit einem geschulten Fahrer komplett.

Wer im Premium 430.19T ganz niedrige Verbräuche erreichen will, muss ins Schaltgeschehen eingreifen, muss die Topografie "lesen" und den Zug beizeiten rollen lassen. Dann nämlich stellt sich erst ein Verbrauch auf ganz niedrigem Niveau ein. 35,8 l/100 km erreichte der Renault auf der bergigen Teststrecke – viel besser geht es derzeit kaum. Dass Technik und Aerodynamik des Franzosen stimmen, zeigen die guten Verbrauchswerte bei Volllast und beim Rollen über flache Passagen. Am Testberg blieb er deutlich unter der 100-Liter-Marke, beim Rollen im Flachland reichten ihm 21,8 l/100 km.

Dennoch stößt der Premium 430.19T auf dieser Messstrecke an seine Grenzen. Die lange Achse, die im Flachland einen wesentlichen Teil zum niedrigen Verbrauch beiträgt, will hier nicht ganz zu Motorcharakteristik und Schaltstrategie passen. Die Anzahl der steigungsbedingten Schaltungen ist relativ hoch – ein 460er-DAF kommt mit 30 Prozent weniger aus –, die Verweildauer im größten Gang ist deutlich kürzer als gewohnt, die Transportgeschwindigkeit sinkt. Gut, dass Renault den Premium auch mit 460 PS und 2.200 Nm aus dem gleichen Grundmotor liefert, der sich deutlich besser mit niedrigen Drehzahlen, langen Achsen und deftigen Steigungen verträgt. Die 430-PS-Version hingegen ist auf flachen und nur leicht hügeligen Strecken die bessere Wahl – zumal bei voller Auslastung.

Quirliger Motor

Der 10,8 Liter große Sechszylinder ist in beiden Leistungsstufen ein quirliger Geselle, der zudem sehr kultiviert, wenn auch deutlich vernehmbar läuft. Produziert wird er bei Renault Trucks in Lyon und kommt auch in Lkw, Baumaschinen und Bussen von Konzernmutter Volvo zum Einsatz. Wie alle Volvo-Sechszylinder arbeitet die elektronische Einspritzung mit Pumpe-Düse-Elementen, verfügt über eine oben liegende Nockenwelle im einteiligen Zylinderkopf und heckseitig angeordnete Steuerräder. Auch die Motorbremse, die es immerhin auf 303 kW (bei 2.300/min) bringt, arbeitet nach dem Volvo-Prinzip – also als von der Nockenwelle gesteuerte Dekompressionsbremse und mit geregelter Auspuffklappe. Im Fall Optifuel kombiniert Renault diesen Motor mit dem Optidriver-Getriebe (Basis Volvo I-Shift AT2412 TD) mit zwölf Gängen in Direktgangausführung. Als Option steht die Rollfunktion Optiroll mit 1.116 Euro in der Preisliste. Das Getriebe schaltet schnell, fast ohne Zugkraftunterbrechung, die Logik der Optiroll-Funktion ist etwas schwierig zu verstehen, geht zu oft in den Leerlauf und hat manchmal Schwierigkeiten, die topografischen Gegebenheiten zu deuten.

Seit 1996 liefert Renault den Premium, der damals das Erbe der besonders in Frankreich populären G-Baureihe antrat. Er begründete eine neue Generation von schweren Lkw unterhalb der reinen Fernverkehrsbaureihen mit drei markanten Kennzeichen: kompaktes Fahrerhaus, relativ geringes Gewicht und trotzdem ausreichend Leistung. Maximal 385 PS standen anfangs zur Verfügung. Nachahmer gibt es reichlich. Sie heißen Mercedes Axor (oder heute Antos), DAF CF85, MAN TGS oder Volvo FM. Das kompakte Fahrerhaus des Premium mit 2,3 Meter Breite und 2,2 Meter Länge (Außenmaße) zeigt innen eine unfranzösische Aufgeräumtheit, verfügt über reichlich Ablagen in Reichweite des Fahrers, muss aber mit wenig Stauraum auskommen. Eine mittelgroße Konsole über der Frontscheibe, etwas Stauraum unter der Liege – mehr gibt es nicht. Der hohe Motortunnel, der Fahrer wie Beifahrer etwas einengt, garantiert einen niedrigen Einstieg, der zudem recht bequem geriet. Arg klein fällt der Außenstauraum im Radlauf aus.

Lenkrad als Bedienzentrale

Alle fürs Fahren wichtigen Bedienelemente sind im Lenkrad beziehungsweise darum herum gruppiert. Insgesamt fünf Bediengruppen sind als Tastenfelder oder Hebel rund um die Lenksäule angebracht, was sich anfangs als etwas ungewöhnlich erweist, sich nach einem Tag hinter dem Lenkrad aber als durchaus praktisch zeigt. Zentrales Instrument ist ein großer Drehzahlmesser mit digitaler Tempoanzeige, der übliche Tacho entfällt. In Kombination mit dem Hochdach passen zwei Liegen ins Fahrerhaus. Der bessere Schlafplatz ist unten. Die obere Liege ähnelt einer Hängematte, lässt sich in mehreren Positionen arretieren und bestens als Stauraum nutzen. Unter der unteren Liege bleibt Platz für den Kühlschrank und etwas Stauraum.

Gemessen am Renault-Flaggschiff Magnum muss der Fahrer einige Konzessionen an den Fahrkomfort machen – die Einschränkungen sind allerdings verschmerzbar. Selbst die Innengeräusche bleiben trotz des kernigen Motorlaufs meist auf niedrigem Niveau. Bei hohem Tempo dominieren die Windgeräusche an der etwas zerklüfteten Fahrzeugfront.  Ganz exakt arbeitet die Lenkung, das Fahrverhalten tendiert in Richtung "sportlich   sympathisch". Der eingeschränkte Stauraum, das knapp geschnittene Blechkleid und auch der etwas eingeschränkte Fahrkomfort klassifizierten den Premium für Transporte mit wenigen Übernachtungen im Fahrerhaus. 

Ganz so leichtgewichtig wie in seinen frühen Tagen ist der Premium Route aber nicht mehr. Der Volvo-Konzern-Motor wiegt mehr als das einstige Renault-Aggregat, der Ausstattungsumfang nahm mit den Jahren zu, die SCR-Anlage samt Tank sorgt für den Rest der Gewichtszunahme. Rund 7,4 Tonnen bringt der Premium in lastauto omnibus-Spezifikation heute auf die Waage. Vor 16 Jahren waren es 300 Kilogramm weniger.

Dass Optifuel Diesel sparen kann, steht nach dem Test außer Frage. Kleine Kompromisse mit einigen Nebenwirkungen müssen aber in Kauf genommen werden. Und: Der Fahrer muss seinen Teil zum Sparen beitragen. Erst dann geht die Rechnung auf.

Download Renault Premium Route 430.19T Optifuel (PDF, 0,32 MByte) Kostenlos
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