Neue Lkw-Kabinen Von Haus zu Haus

Neue Lkw-Kabinen Foto: Michael Kern 11 Bilder

Nicht immer kommt mit Euro 6 auch gleich eine ganz neue Kabine. An Neuheiten im und rund ums Fahrerhaus herrscht derzeit dennoch kein Mangel.

Beim Rundgang über die IAA hätte man fast meinen können, es handele sich ganz nebenbei auch noch um eine Multimedia-Messe. Kaum ein Hersteller, der bei Audio, Navi und Telematik nicht aufgerüstet hätte. Konjunktur hatten in der Kabine obendrein vielfältige Besserungen im Detail. Und außen all das, was einer verbesserten Aerodynamik dient.

Stralis-Verbesserungen bringen Auszeichnung

Neben Volvo mit dem komplett neuen FH führte DAF ein umfangreiches Paket an Neuerungen im Gepäck mit, dem diese Ausgabe von lastauto omnibus einen eigenen Artikel widmet. Und der gute alte Stralis, erst kürzlich umfassend renoviert, konnte mit seinen gezielten Verbesserungen gar gleich den Titel "Truck of the Year" abräumen. Da hat er auf seine alten Tage hin die Kurve richtig gut gekriegt. Und zwar, obwohl seine Kabine jetzt doch bald als Einzige noch den antiquierten Steg im Seitenfenster zeigt, nachdem DAF diesen Anachronismus dieser Tage endlich abschafft. An anderer Stelle kann der Stralis aber ganz gewaltig punkten. Da wäre zum Beispiel die Euro-6-Version der Cursor-Motoren, die es als Einzige weit und breit ganz ohne die generell ungeliebte Abgasrückführung schaffen, die neuen Grenzwerte zu erreichen. So hält sich die Kühlproblematik in Grenzen, womit der Stralis bei der Leistung weiterhin aus dem Vollen schöpfen kann.

Aber die neue Motortechnik ist bei Weitem nicht alles, womit sich der neue Stralis hervortut. So schaut er in seinem neuen Gewand nicht nur viel schnittiger aus als zuvor, sondern bietet dem Wind mit seiner Frontpartie auch weniger Angriffsfläche. Neu gestaltet sind dabei zum Beispiel die seitlichen Windleitelemente, die mit LED-Leuchten versehene Sonnenblende sowie die Formgebung der Stoßfänger. Auf drei Prozent beziffert Iveco den Gewinn beim Cw-Wert.

Erst recht gründlich umgekrempelt hat Iveco aber das Interieur. Einzug gehalten hat ein sachgerechteres und moderneres Design. Statt öden Grautönen schimmert es vielerorts nun vornehm in Anthrazit. Auch sind die Schalter schlanker sowie fescher geworden – und gefälliger sortiert. An Ablagen allerorten hat der neue Stralis gleich ganz gewaltig zugelegt.

Elektronikpaket heißt Iveconnect

Und es sind obendrein die Systeme hinter den Armaturen schwer auf Vordermann gebracht. "Iveconnect" nennt Iveco das neue Elektronik-Komplettpaket, das gleich vier ganz verschiedene Funktionen unter einen Hut bringt: Infotainment, Navigation, Assistenzsysteme sowie Flottenmanagement. Mit von der Partie ist dabei auch eine Art Fahrstilbewertungssystem, das dem Fahrer Hinweise zur Optimierung des Umgangs mit Gas und Bremse gibt. Das Ganze spielt sich auf einem attraktiven Touchscreen-Display mit stattlichen sieben Zoll in der Diagonalen ab, das mittig im zentralen Block der Armaturen prangt.

Nicht zuletzt ragt das neue, mehr als zwei Meter lange Bett maximal 80 Zentimeter in die Breite. Und ruht seinerseits nun vorbildlich auf einem Lattenrost. Ein hochklappbares Kopfteil macht Lesen wie TV-Konsum zu einer besonders entspannten Angelegenheit, und zwar auch in heißen Nächten: Kam der Hi-Way von Iveco doch sogar noch vor dem neuen Volvo mit einer elektrisch betriebenen Standklimaanlage auf Kompressorbasis.

Kein Wunder also, dass Iveco zur IAA gleich nachlegte und dem umfassend modernisierten Stralis gleich die neue Fassung der Bautiger namens Trakker zur Seite stellte. Hi-Land heißt dabei die Typenbezeichnung für die Bau-Lkw mit kurzer Kabine, unter der Flagge Hi-Track segeln die Varianten mit langem Fahrerhaus. Soweit für den harten Einsatz vertretbar oder in daraufhin modifizierter Form, übernimmt der neue Trakker eine Vielzahl der Stralis-Innovation drinnen wie draußen.

Der neue Verteilerspezialist hört bei Mercedes auf den Namen Antos. Er ist das Tüpfelchen auf dem i bei den bisher gezeigten Neuen von Mercedes. Und er macht zugleich klar, dass die Marschrichtung beim Stern nun eine ganz andere ist als vorher. Im Gegensatz zum Axor wildert der neue schwere Verteilerspezialist Antos kein bisschen mehr im Fernverkehrsrevier, beschränkt sich das Angebot an Fahrerhäusern doch auf eine kurze und mittellange Variante namens Compact Space. Hochdach sowie volle Länge sind für ihn tabu.

Actros: Dreierlei Motoren zur Wahl

Dafür darf er in vollen Zügen aus dem sonstigen Baukasten schöpfen, den die neue Actros-Generation parat hält. Lieferbar ist er mit voller sowie in reduzierter Breite, der Motortunnel misst mal 170, mal 320 Millimeter in der Höhe. Dreierlei Motoren stehen zudem zur Wahl. Die Palette reicht vom kleinen OM 936 (7,7 Liter Hubraum) über den OM 470 (10,7 Liter Hubraum) bis hin zur derzeitigen Mercedes-Maximallösung OM  471 (12,8 Liter Hubraum) und bietet ein lückenloses Spektrum von 238 bis 510 PS.

Die vielleicht wichtigste Neuerung am Antos aber ist: Endlich traut sich einer, dem Nahverkehrskutscher automatisierte Getriebe serienmäßig an die Hand zu geben. Überhaupt marschiert der Antos bei sämtlicher Elektronik in engstem Schulterschluss mit dem großen Bruder Actros und kommt so zum Beispiel auch in den Genuss der jetzt schon dritten Generation des automatischen Notbremssystems ABA (Active Brake Assist). ABA 3 reagiert nun auch bei stehenden Hindernissen mit einer echten Vollbremsung und begnügt sich in solchen Fällen nicht wie das 2010 eingeführte System ABA 2 mit einer Teilbremsung.

Fertig zur IAA war auch eine neue Palette an schmucken Extras, die das Leben an Bord des neuen Actros auf andere Weise versüßen sollen. Da gibt es nun verchromte Lamellen für die Front ebenso wie spezielle Inlays für die Staukästen. Praktisch auch die neue Aufbewahrung für Smartphones, die an die Außenantenne des Lkw angebunden ist und sich per Bluetooth mit dem Radio ins Vernehmen setzt.

LED-Technik reckt nun zumindest innen schon mal schüchtern den Finger. Optional kann der ­Actros nun mit einer individuell montierbaren LED-Leselampe dienen, die sich beim Schmökern in Frachtpapieren oder auch angenehmerer Lektüre nützlich macht.

Volvo gar nicht mehr bieder

Haufenweise Details der besonderen Art fuhr nicht zuletzt der neue FH16 von Volvo auf, der noch mehr als der gemeine FH mit dem bisherigen, eher auf Biederkeit ausgerichteten Stil von Volvo radikal bricht. Blitzendes Chrom auf mattschwarzem Grund: Ungewohnt kess und modern kommt das Volvo-Flaggschiff daher. Manch einem wird es gar vorkommen, als hinterließe er eine leichte Anarcho-Note. So ungewohnt ist nun mal die Farbgebung.

"Mystic Fjord" nennt Volvo den geheimnisvollen Farbton, der das Licht schon fast so schluckt wie ein schwarzes Loch im Weltall. Dass der FH16 etwas Besonderes und nicht nur irgendein FH ist, das verrät der kleine Schriftzug im fahrerseitigen oberen Eck des Grills. Reflexe vom großen Silberbesteck am Grill tauchen auch sonst überall am Torso des FH16 auf, fungieren aber zunehmend eher als Akzent denn als wuchtiges Stilmittel.

Drinnen geizt der FH16 ebenfalls nicht mit Chrom, führt mit grellgelben Tönen aber noch eine weitere Farbnuance ein, die in höchstem Kontrast zur dunklen Kutte des Dickschiffs steht. Ganz sparsam ist aber nur hier und da ein Tupfer gesetzt: Diese in der Natur zumeist besonders giftigen Geschöpfen vorbehaltene Couleur akzentuiert zum Beispiel die Konturen des luxuriösen Gestühls, auf dem der Fahrer des FH16 Position bezieht und taucht auch andernorts dezent auf.

Extravaganter FH 16

Giftiges Gelb, blanke Silbertöne und provokantes Mattschwarz: Der neue FH16 treibt nun neben der Leistung auch noch die Kontraste auf die Spitze. Dass er die Traditionalisten mit seinem extravaganten Auftritt womöglich ein wenig verprellt, scheint ihn kaum zu kümmern. Sein Motto lautet offenkundig: "Wo ich bin, da ist die Avantgarde."

Das gilt aber auch – wenn auch nicht ganz so stark – für den neuen FH im Allgemeinen. Er sucht geradezu den Schulterschluss mit dem Pkw der Oberklasse. Seien es die filigranen Schalter, unter anderen der für die elektronische Handbremse oder sei’s generell der Zuschnitt der Innenarchitektur: Die hat mit der traditionellen Truck-Gemütlichkeit nicht mehr viel zu tun und auch nicht viel im Sinn.

Der steht dem neuen FH eher nach straffen, klaren und lichten Konturen. Ein Raumgefühl wie im TGX-XXL von MAN oder auch im Super Space Cab von DAF kann da nicht aufkommen, zumal Volvo wohl ganz bewusst auf maximale Raumgewinnung verzichtet hat und der Aerodynamik oberste Priorität einräumt. Dennoch bietet der neue FH mit seinem aufgeräumten  und schlanken Wesen ein schlüssiges Konzept mit vielerlei brillanten Details, die vom Kurvenlicht bis hin zur Funkfernbedienung für vielerlei Funktionen wie der Steuerung der Luftfederung reichen.

Dass all das auf positive Resonanz stößt, zeigt vielleicht nichts besser als die auf der IAA begonnene Ebay-Versteigerung des ersten in den Verkauf gelangenden FH für einen guten Zweck: Binnen kurzer Zeit zogen die Gebote an. Bei Redaktionsschluss wechselte die "Nummer eins" für 150.000 Euro zur französischen Spedition
Ducournau Transports.

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