Bus-Cockpits von Continental Wir können auch anders

Neue Buscockpits von Continental, Cockpit, Manager, Kliewer, Tedesco Foto: Continental 9 Bilder

Cockpit-Hersteller Continental verbindet man mit dem VDV-Stadtbus-Arbeitsplatz. Davon gibt es jetzt neue Ausführungen. Aber der Zulieferer kann viel mehr.

"Der Markt verlangt nach individuellen Lösungen", sagt Georg Kliewer, Programm-Manager Fahrerarbeitsplatz bei Continental. Seit Mitte der Neunziger fertigt Conti (einst Kienzle, VDO) das standardisierte Cockpit für Stadt­busse nach der Richtlinie des Verbands Deutscher Verkehrsbetriebe (VDV). Doch Standard wird immer weniger akzeptiert. Mit neuer Optik, neuer Instrumentierung und hoher Variabilität startet Conti deshalb eine neue Cockpit-Generation.

Altgediente Linienwagen sind noch unterwegs

Rückblende: In den früheren Standardbussen schauten Fahrer auf die sogenannte VÖV-Banane, ein gewölbtes, aus heutiger Sicht unaufgeräumtes Cockpit Stand sechziger Jahre. Noch sind altgediente Linienwagen damit unterwegs. Mitte der neunziger Jahre endete die Standardisierung, aber wesentliche Komponenten wurden weiterhin vereinheitlicht, darunter das Cockpit. Die Ursache dafür sind schnelle Fahrerwechsel ohne Umgewöhnung im laufenden Betrieb gemischter Fuhrparks. Vor diesem Hintergrund wurde der VDV-Arbeitsplatz geboren, mit einheitlichen Abmessungen, sparsamer Instrumentierung, definierter Verteilung von Tasten und Schaltern sowie einer kombinierten Verstellung von Lenkrad und Armaturenträger. Premiere feierte das Cockpit in drei neuen Stadtbussen von Mercedes, MAN und Neoplan auf dem UITP-Kongress 1997 in Stuttgart. Hersteller war und ist vor allem Continental.

Der Zulieferer fertigt zwischen 5.000 und 7.000 Einheiten im Jahr. Kunde Nummer eins ist Mercedes mit dem Citaro, es folgen MAN und Solaris. Selbst wenn das Cockpit in seiner Grundform standardisiert ist: Mit 40 unterschiedlichen Schaltern, rund 1.000 möglichen Schaltersymbolen und etwa 100 verschiedenen Leuchtfeldsymbolen besteht eine riesige Variantenvielfalt. "Es gibt kaum zwei gleiche Cockpits", sagt Kliewers Kollege Mario Tedesco, das sei eine Herausforderung für die Logistik.

Der Fahrerarbeitsplatz wird emotionalisiert

Generell ist der VDV-Arbeitsplatz sachlich, übersichtlich und ergonomisch günstig. Aber er ist auch in die Jahre gekommen. Nicht zuletzt fehlt dem wuchtigen Klotz jeglicher Charme. Conti reagiert – passend zur anstehenden Stadtbusgeneration. "Wir wollen etwas Neues machen und den Fahrerarbeitsplatz emotionalisieren", sagt Kliewer. Das herkömmliche Modell wird weiterhin als "Classic" hergestellt und es bekommt einen Bruder namens "Plus". Form und Abmessungen sind identisch, das Erscheinungsbild aber ist anders. Der Lichtschalter rückt von der Stirnseite nach oben ins Blickfeld. Runde Luftdüsen mit Chromring anstelle eckiger Düsen werten das Cockpit auf. Zwar handelt es sich um Standardteile, die auch in ganz anderen Cockpits auftauchen, trotzdem vermitteln sie laut Kliewer eine hohe Wertigkeit.

Neu ist die Instrumentierung. Basierte der bisherige Tacho in Größe und Form auf dem analogen Tachografen, so kommt nun eine neue Anzeige zum Einsatz. Ihr gleichberechtigt ist der Drehzahlmesser, bisher Option und eher mickrig. Das Display rückt in die Mitte, nun können auch Zusatzinfos aufgeschaltet werden. Das altmodisch-bunte Rechteck mit Kontrolllampen ist verschwunden. Zwei Lampenreihen mit LEDs, die nur beim Aufleuchten zu erkennen sind, ersetzen es. Welches Signal sich meldet, lässt sich ebenso frei gestalten wie deren Zahl. Eine neue Konstruktion erlaubt den Anbau von Zusatzgeräten. Unter dem Steuer ist an der Lenksäule jetzt ein Platz für den Drehwinkelsensor des ESP vorgesehen.

Das neue Cockpit zulässt zahlreiche Individualisierungsmöglichkeiten

Zudem lässt das neue Cockpit zahlreiche Individualisierungsmöglichkeiten zu. Sie gehen weit über das bisherige Maß hinaus. So gibt es die Abdeckung in einer Farbe nach Wahl. Solaris zum Beispiel hat sich Blau als Markenfarbe ausgesucht. Auch einzelne Verkehrsbetriebe können hier ihre Hausfarbe wählen. Spannend wird’s bei den Armaturen: Die Anzahl der Zusatzinstrumente neben Tacho und Drehzahlmesser ist frei wählbar. Zur Wahl stehen insgesamt zwei, vier oder sechs Rundinstrumente. "Es gibt Marktdruck für die volle Instrumentierung", erklärt Kliewer. Für die Instrumente sind individuelle Zifferblätter möglich, Conti druckt sie im eigenen Haus. Überdies können Bushersteller ihr Markenzeichen nicht nur im Lenkrad, sondern auch in der Instrumententafel unterbringen. Erster Nutzer des neuen Cockpits ist die junge Marke Viseon. Sie wählt für das Cockpit des Liniendoppeldeckers LDD 14 eine eigene Instrumentenfarbe. Über dem Display dehnt sich das Viseon-V. "Das neue Cockpit ist relativ preisneutral", sagt Tedesco.

Eine eigene Abdeckung für Instrumententafel von Mercedes

Noch weiter geht Mercedes beim neuen Citaro. Mercedes nutzt zugunsten der Beinfreiheit eine eigene Unterschale. Sie ist im Bereich der Knie spürbar abgeflacht. Da deshalb der Block mit Bedientasten des Getriebes nicht an die klassische Position hochkant auf der rechten Seite passt, findet sich die Tastatur im neuen Citaro quer über den Tasten rechts neben dem Lenkrad. Mercedes verwendet auch eine eigene Abdeckung der Instrumententafel mit einer weichen Oberfläche. Eine schlankere Verkleidung der Lenksäule schafft im Citaro mehr Platz rund um die Pedalerie.

Mercedes erhält den Armaturenträger exklusiv. Er ist Beispiel für Individualisierung, obwohl das Cockpit allen Richtlinien entspricht und die Elektronik unter der Hülle identisch bleibt. Damit entfernt sich Continental deutlich vom bisherigen Einheitsprodukt. Das ist notwendig, denn die neue Cockpit-Generation wird über das EBSF-Projekt (siehe Kasten) internationalisiert. Umgekehrt verliert Conti damit seinen bisherigen Alleinstellungsanspruch in Deutschland. Ohne das Classic-Cockpit abzuwerten: "Wir wollen aus der reinen VDV-Ecke heraus", erläutert Kliewer.

Freie Verteilung von der Tasten und Schalter möglich

Wer mit Standardisierung nichts am Hut hat, erhält den Arbeitsplatz "Individual". Hier sind Form, Instrumentierung und Verteilung der Tasten und Schalter frei – die Elektronikstruktur unter der Oberfläche bleibt indes die gleiche. Beispiel ist der britische Bushersteller Wright. Ziel ist eine andere Verpackung für den gleichen Inhalt – ein markenspezifischer Auftritt mit bewährten Elementen. Und wer sagt, dass Conti-Cockpits nur in Stadtbussen anzutreffen sein sollen? So lieferte Conti bereits die Instrumentenanlage des Bova Magic. Neue Projekte sind im Gespräch – auch auf anderen Kontinenten mit Fertigung vor Ort.

Continental hat weitere Pläne, sieht sich als Systemanbieter, nicht auf den Fahrerarbeitsplatz beschränkt. Schließlich hat man Erfahrung mit kompletten Cockpits einschließlich Brüstung – Continental steuerte dies beim Neoplan Starliner erster Generation zu. Das Thema will Conti aufleben lassen. "Wir positionieren uns als Cockpit-Experten, nicht nur als Hersteller des VDV-Arbeitsplatzes", sagt Kliewer.

Auch mit dem frisch renovierten VDV-Platz ist nicht aller Tage Abend. So widmet sich Continental nach der Bedienoberfläche im nächsten Schritt der wuchtigen Unterschale. "Wir denken über weitere Verbesserungen nach und sind in der Konzeptphase", deutet der Produktmanager künftige Neuigkeiten an.

EBSF – das Cockpit der Zukunft

Von VDV zu EBSF, dem European Bus System of the Future. Hier geht es seit dem Jahr 2008 um neue Konzepte für Omnibus-Verkehrssysteme, im Detail auch um den Stadtbus von morgen und Anforderungen an seine Komponenten. Der Weltverband der Verkehrsbetriebe UITP koordiniert das millionenschwere internationale Projekt der Europäischen Kommission. Eines der zahlreichen Projekte beschäftigt sich mit dem künftigen Cockpit. Der entsprechende Arbeitskreis setzt sich aus den Busherstellern Mercedes, Irisbus und Volvo, dem deutschen Verband VDV, seinem italienischen Kollegen ASSTRA, Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammen. Darunter das Fraunhofer-Institut in Dresden. Ergebnisse werden dieses Jahr veröffentlicht, die Überraschungen werden sich in Grenzen halten. Das Lastenheft für das Cockpit wird unter Federführung von Evobus/Mercedes mit den Projektpartnern gemeinschaftlich erstellt. Es erstaunt nicht, wenn Mercedes auf Anfrage mitteilt: "Die spezifischen Anforderungen und Funktionen des EBSF-Fahrerarbeitsplatzes werden durch den neuen Citaro-Fahrerarbeitsplatz erfüllt."

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