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Messe transport logistic Lebensmittel-Logistik neu gedacht

Lieferdienst Lebensmittel Foto: Miriam Doerr & Martin Frommherz

Das Forum "König Kunde und die letzte Meile: Lebensmittel-Logistik auf neuen Wegen" auf der Messe transport logistic offenbart einen Paradigmenwechsel.

Bislang spielte das Zustellen von Lebensmitteln an Endkunden in Deutschland so gut wie keine Rolle. Das Forum "König Kunde und die letzte Meile: Lebensmittel-Logistik auf neuen Wegen" der Lebensmittelzeitung auf der Messe transport logistic zeigte, dass sich hier ein Wandel vollzieht. Wohl nicht zuletzt deshalb, weil der Online-Versandhändler Amazon seinen Dienst Amazon Fresh in Berlin gestartet ist. Die Analysten Björn Weber und Lisa Byfield-Green von LZ Retaillytics, einem Tochterunternehmen der Lebensmittelzeitung, haben in diesem Zusammenhang die Handelswelt unter die Lupe genommen.  So gab es in der Vergangenheit immer wieder Versuche, Frischeprodukte nach Hause zu liefern. Bislang allerdings erfolglos. Der Lidl-Express-Service etwa kam nie richtig zum Tragen. Beim Lebensmittel-Filialisten REWE hingegen habe man ein bundesweites Netz aus Abholmärkten und Zustellservice eingeführt.

Nun aber nimmt sich der amerikanische Konzern des Themas an. Nicht ohne Grund: "Deutschland ist Amazons wichtigster Markt jenseits der USA", berichtete Lisa Byfield-Green. Daher sei der Vorstoß mit Amazon Fresh nicht weiter verwunderlich, auch wenn das Ganze erst einmal als Testballon in Berlin gestartet wurde.

Das Motto lautet "Think Big"

Von Alt-Tegel aus werden in der Hauptstadt Amazon Prime-Kunden für 9,99 Euro monatlich zusätzlich zur Prime-Gebühr und ab einem Mindestbestellwert von 40 Euro mit Frischeprodukten beliefert. Rund 120 Millionen Euro an Umsatz sollen es bis 2021 in Deutschland mit den Lebensmitteln sein, berichtet die Analystin. Wobei das Geschäftsmodell für den Versandhändler nicht neu ist: Amazon handelt zwar erst seit Kurzem mit Lebensmitteln über Amazon Prime Now in Berlin und demnächst auch in München. Das Motto allerdings laute "Think Big". In 30 Städte in den USA und in 15 in Europa, elf davon in Großbritannien, gibt es den Service bereits. "Für Amazon ist das das Modell der Zukunft", erklärte Byfield-Green.

In München Dingolfing werde Amazon Fresh in Kürze starten, ist sie überzeugt. Und weitere sollen folgen: Es sollen folgen: Hamburg, Hannover, Stuttgart, Frankfurt/Main, Köln-Düsseldorf, Leipzig, Dresden. Partner bei der Belieferung ist der KEP-Dienstleister Deutsche Post DHL. Dennoch stellte sich Björn Weber die Frage: "Ist das Ganze überhaupt profitabel möglich?" Mit einer eigenen Flotte, wie das beispielsweise REWE versucht, eher nicht, so sein Fazit. In der Partnerschaft zwischen Amazon und DHL sieht er hingegen sehr wohl die Weichen für den Erfolg gestellt. "Bereits heute kommen 14 Prozent aller Paketsendungen in Deutschland von Amazon. Bei diesem Volumen fällt es buchstäblich nicht ins Gewicht, wenn Sie einen Salatkopf obendrauf setzen", sagte er. Anders sehe es da beim REWE-Zusteller aus, der die Wasserflaschen für 19 Cent durch die Gegend schleppe.

Tourenplanungstool entwickelt sich zum Erfolgsmodell

Dr. Michael Lierow, Partner im Beratungshaus Oliver Wyman, sieht in Sachen Lebensmittellieferungen die potenziellen Anbieter unter zeitlichem Druck. "Wer zu sehr vorausläuft, verbrennt unter Umständen Geld. Hinterherlaufen ist allerdings auch keine Option", zeichnet er das Dilemma der Unternehmen nach. Mit einem speziellen Tourenplanungstool habe Oliver Wyman daher eine Standard-DHL-Tour unter die Lupe genommen. Dabei ging es um die Frage, ob es möglich ist, die Stopps für den Frischebereich so ansetzen, dass es passt und der Rest mit anderen Paketen aufgefüllt wird. Für sein Dafürhalten, ist das ein Erfolgsmodell. "Das greift den stationären Einzelhandel an, in einer Art, die man bislang nicht vermutet hat", sagte Lierow. Er spricht dabei von einem Strukturwandel. Im Fulfillment-Anteil würden folglich Arbeitsplätze entstehen, die im Einzelhandel wiederum wegbrechen. Mit Blick auf die potenziellen Amazon Fresh-Herausforderer zieht Lierow ein eindeutiges Fazit: "Die letzte Meile geht aus unserer Sicht nur über eine Kooperation mit einer der beiden großen verbleibenden Dienstleister DPD und Hermes."

"Schnelle und flexible Zustelllösungen für den Lebensmittelversand", versprach dann auch Michael Knaupe, Director Customer Experience & Communications von DPD Deutschland. Dabei sei dieses Geschäftsfeld für DPD noch recht neu. "Noch vor drei Jahren hätten wir nichts zu zeigen gehabt", berichtete Knaupe. In dieser Zeit habe man sich digital neu aufgestellt. Denn der KEP-Dienstleister sieht hier enormes Wachstumspotenzial: 28 Prozent aller Online-Shopper hätten schon einmal Lebensmittel bestellt. Bislang tun das allerdings nur fünf Prozent regelmäßig. Nicht zuletzt durch das Angebot Amazon Fresh werde sich das ändern.

Änderungsoptionen bis kurz vor Zustellung möglich

"Es geht um Geschwindigkeit und es geht um Digitalisierung", benannte Knaupe die Faktoren für den Erfolg. Denn ob Same Day oder Next Day – frische Ware müsse schnell am Ziel sein. Daher habe ein traditionelles DPD-Produkt aus dem B2B-Berereich jetzt eine Art Renaissance erlebt: Die garantierte Zustellung am nächsten Tag zu einer bestimmten Uhrzeit. "Das ist der Benchmark, wo die Reise hingeht." Daher habe sich DPD auch am Start-up tiramizoo beteiligt. Aber auch sonst habe sich DPD digital neu aufgestellt. So sind für die Kunden mittlerweile fünf Änderungsoptionen bis zu fünf Minuten vor der Zustellung möglich – etwa dass das Paker nun doch beim Nachbarn abgegeben werden soll. Oder aber es werde eine Abstellgenehmigung in der Garage erteilt. Darüber hinaus erhalte der Kunde die maximale Transparenz.

Er bekommt proaktive Push-Nachrichten mit Infos darüber, wo sich seine Sendung gerade befindet. Aber eben auch dann, wenn es zu unerwarteten Verzögerungen – etwas aufgrund eines Staus – kommt. Im Zuge der Digitalisierung der Zustellung hat DPD zudem einige Funktionen in die Smartphone-App integriert, die die Nutzer aus anderen Bereichen gewohnt sind. So kann man etwa die Zustellleistung bewerten oder auch per Paypal ein Trinkgeld geben. "Es liegt in der Natur der Sache, dass bei der Zahl an Sendungen nicht alles klappt. Aber aufgrund der Rückmeldungen haben wir die Möglichkeit, jeden Tag besser zu werden", berichtete Knaupe. Und bei rund 1,5 Millionen Sendungen in Deutschland scheint dieser Optimismus – auch im Hinblick auf neue Dienste wie etwa der Lebensmittel-Zustellung – durchaus gerechtfertigt.

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