Mercedes-Benz X-Klasse (2017) Erster Kontakt mit dem Daimler-Pick-up

Daimler wagt sich in ein bisher unbekanntes Terrain. Ab Ende 2017 rollt der neue Midsize Pick-up mit dem Stern vor. Die X-Klasse soll etwas mehr Glamour ins Segment der robusten Lastentiere bringen.

Der Markt der Midsize Pick-ups wächst. Da ist sich auch Daimler sicher. Von 2016 bis 2026 geht der Hersteller von einem Wachstum des Segments von 2,2 auf 3,2 Millionen Einheiten weltweit aus. Mit der neuen X-Klasse will Mercedes ein Stück vom Kuchen abhaben. "Mit der X-Klasse schließen wir eine Lücke im Portfolio, an der Schnittstelle zwischen Pkw und Nutzfahrzeugen", sagt Wilfried Porth, Personal und Arbeitsdirektor Mercedes-Benz Vans und Daimler-Vorstandsmitglied. "Mit dem Vito und der V-Klasse ist Mercedes-Benz Vans dort bereits international sehr erfolgreich. Auch mit dem Pick-up haben wir unterschiedliche Märkte auf der Welt im Blick." Dadurch richte sich Mercedes-Benz Vans noch internationaler aus. Die Schwaben verfolgen dabei eine differenzierte Strategie. 

Mercedes X-Klasse 2018 Foto: Mercedes
Die mittlere Designlinie Progressive vertritt mit robustem Auftreten aber luxuriöserem Innenraum den goldenen Mittelweg.

Lifestyle-Pick-up

Während andernorts der Pick-up vorrangig als Arbeitstier zu Hause ist und vor allem im Midsize-Segment nur selten wirklich das Lifestyle-Segment bedient, schlägt Daimler mit den drei Ausstattungslinien Pure, Progressive und Power den Bogen vom puristischen Arbeitstier mit unlackierten Stoßfängern, Stoff und Plastiklenkrad zum Luxus-Transporter mit Edelholz, 19-Zoll-Alufelgen, Chromzierrat, Vollleder und einer Fülle von Assistenzsystemen. Die goldene Mitte markiert die Progressive Linie, die schon genug Pkw-Flair versprüht. Der Progressive gibt den guten Allrounder samt Lederlenkrad und auch sonst hochwertigeren Materialien. Eine Klimaanlage haben übrigens alle drei an Bord. "Die X-Klasse ist der erste echte Pick-up, der mit Pkw-Eigenschaften überzeugt. Robust, belastbar und geländegängig, wie es ein Pick-up sein muss. Ästhetisch, fahrdynamisch, komfortable, sicher, vernetzt und individuell, wie man es von einem Mercedes erwartet.", sagt Volker Mornhinweg, Leiter Mercedes-Benz Vans in selbstbewusster Manier. 

Die Designer bleiben mit der Serienversion des X relativ nahe an der Studie. Außen dominiert neben dem markentypischen Offroader-Gesicht eine fast schon monolithische Formensprache. Bei den Proportionen trickst Daimler. Mit dem langen Radstand (3.150 Millimeter) und einem auf Kürze getrimmten Überhang samt nach hinten versetzter Fahrgastzelle und einem langen hinteren Überhang wirkt die Silhouette gestreckt, fast sportlich. An der Front verstärken weit nach hinten gezogene Lufteinlässe und Scheinwerfer diesen Effekt. Das Ganze gibt es in drei Uni-Farbtönen sowie sechs Metallic-Lackierungen. Der spektakuläre Gelbgrünton der Studie wird es mit Verspätung nun auch in die Palette schaffen. Dazu kommt ein umfangreiches Zubehörprogramm, aus dem sich die Käufer nach Herzenslust ihr Paket aus Trittbrettern, Bügeln und sonstigen glamourösen Anbauteilen schnüren können.

Mercedes X-Klasse 2018 Foto: Mercedes
Im Gelände hat der X genügend Reserven.

Flächige Designsprache

Im Interieur setzt sich die flächige Optik am Armaturenträger fort. In den Turbinen-Lüftungsdüsen findet sich der sportliche Geist wieder. Dagegen steht die wuchtige, von einem metallenen – Mercedes nennt die Optik "Silver Shadow" - Rahmen eingefasste Mittelkonsole. Etwas aufgesetzt wirkt allerdings auch in der X-Klasse das Multimediadisplay.

Allen Varianten gemein ist die robuste Basis aus dem Hause Nissan. Ein Leiterrahmen sorgt für die nötige Festigkeit, Schraubenfedern und eine Mehrlenkerhinterachse bieten genug Komfort, um auch den anspruchsvollen Mercedes-Fahrer bei Laune zu halten. Dazu kommen Scheibenbremsen ringsum. Daimler hat zudem die Spur verbreitert, was dem X tatsächlich eine Pkw-taugliche Straßenlage beschert. Auch bei sportlicher Gangart bleibt der Wagen lange neutral. Wankbewegungen halten sich in engen Grenzen. 

Zwei Diesel zum Start

Für den nötigen Vortrieb sorgen in der X-Klasse zunächst zwei Dieselmotoren namens 220d und 250d. Beide stammen inklusive Getriebe grundsätzlich aus dem Renault-Nissan-Regal. Man habe die Aggregate jedoch an die spezifischen Mercedes-Standards angepasst und gründlich überarbeitet. Die Leistungsdaten der beiden 2,3-Liter-Diesel entsprechen indes exakt denen der Motoren im Nissan Navara: 163 und 190 PS beziehungsweise 403 und 450 Newtonmeter. Auch beim Getriebe hat Daimler demnach Hand angelegt, die Schaltpräzision verbessert und Schaltwege verkürzt. Dass Schaltknüppel und Handbremshebel Mercedes-untypisch in der Mittelkonsole zwischen den Sitzen ihren Platz finden, liegt laut Daimler an den eindeutigen Präferenzen der Pick-up-Klientel. Es liegt jedoch nahe, dass auch das Grundlayout im Technologiespender Nissan Navara seinen Anteil an dieser Aufteilung hatte. Im Sommer 2018 schießt Daimler einen Sechszylinderdiesel nach. Der kommt komplett aus Mercedes-Fertigung und bringt auch sein eigenes schwäbisches Getriebe mit. Die Leistungsdaten des X 350d orientieren sich an der bekannten Pkw-Version: 258 PS Leistung. Dazu bekommt der 350er einen permanenten Allrad spendiert. Für einzelne Märkte bietet der Hersteller überdies einen 2,5-Liter-Benziner als X 200 an. 

Für Offroad-Einsätze gerüstet

Als Pick-up muss sich der X indes auch abseits der Straße beweisen. In Europa beträgt die Bodenfreiheit mit dem serienmäßigen Komfortfahrwerk luftige 202 Millimeter. Die Wattiefe liegt bei 600 Millimetern. Je nach Motorisierung verfügt der Wagen entweder über zuschaltbaren (Vierzylinder) oder permanenten Allradantrieb (Sechszylinder). Dank der Geländeuntersetzung und Differenzialsperre an der Hinterachse schafft der X laut Daimler bis zu 100 Prozent Steigung, also 45 Grad. Zumindest etwa 36 Grad erklimmt er bei der ersten Mitfahrt mühelos, wenn auch auf griffigen Rasengittersteinen. Bergab hilft die Elektronik, die Fuhre im Griff zu behalten und lässt den Wagen sachte ins Tal tuckern. Vor allem an Kuppen praktisch ist die 360-Grad-Kamera. Wenn durch die Frontscheibe nur abwechselnd Himmel oder Erde zu sehen sind, sieht der Fahrer im Display deutlich mehr von seiner Fahrumgebung. Ein penibles Lastenheft hat dafür gesorgt, dass auch bei härterer Gangart im Gelände nichts klappert. 

Elektronik en masse

Was die Elektronik betrifft, hat der X auch jenseits der Offroad-spezifischen Helferlein je nach Konfiguration alles an Bord, was das Mercedes-Fahrer-Herz begehrt: Aktiver Brems-Assistent, Spurhalter, Verkehrszeichenerkennung, Parkassistent, LED-Scheinwerfer und noch ein paar Systeme mehr. Sicherheitssysteme wie ESP, Bremsassistent, ABS und insgesamt sieben Airbags stehen ebenfalls auf der Haben-Seite. Dazu kommt im Innenraum das serienmäßige Multifunktionslenkrad. Ob in Plastik oder Leder: der Fahrer kann über zwölf Tasten unter anderem auf die Anzeigen im 5,4 Zoll großen Farbdisplay zugreifen, das sich zwischen den Rundinstrumenten im Cockpit befindet. Im X hat der Kunde auf Wunsch zusätzlich zum serienmäßigen Audio 20 USB die Wahl zwischen den beiden Multimediasystemen Audio 20 CD und Daimlers Flaggschiff Comand Online, die ihre Inhalte auf besagtem Display mit bis zu 8,4 Zoll Diagonale darstellen. Beide lassen sich neben den Knöpfen auch über das multifunktionale Touchpad zwischen den Sitzen steuern. Ähnlich wie beim Smartphone lässt sich dieses mit Gesten bedienen oder erkennt mit dem Finger gemalte Buchstaben und Zahlen. Wem die Funktionalitäten nicht reichen, oder wer einfach nur sein Handy laden will, hat im Innenraum die Wahl zwischen drei 12-Volt-Buchsen. Einen Einschub für SD-Karten gibt es obendrein. Eine der Steckdosen büßt indes ein, wer den Pick-up fit machen will für den gewerblichen Betrieb. Hierfür sieht Daimler einen 1-DIN-Schacht in der Mittelkonsole vor, der Armlehne und eine Steckdose verdrängt. 

Zugang zu Mercedes me

Zudem ist der X an die virtuelle Plattform Mercedes me angebunden und kehrt am Smartphone sein Innerstes nach außen. Kernstück ist ein Kommunikationsmodul mit fest verbauter SIM-Karte. Darüber kommuniziert das Fahrzeug mit dem Smartphone des Fahrers. Serienmäßig mit Mercedes me kommen verschiedene Basisdienste. So verbindet es den Kunden nachdem er einen Notruf ausgelöst hat mit dem Customer Assistance Center, das gegebenenfalls Bergungsmaßnahmen in die Wege leitet. Auch bei Pannen übermittelt das System sowohl Standort als auch "Gesundheitszustand" des Wagens. Der Servicemitarbeiter weiß also, wo er das Fahrzeug findet und bestenfalls auch, welches Ersatzteil er einpacken muss. Weiter erkennt me Wartungsbedarfe und übermittelt die nötigen Informationen an die Werkstatt. Diese sendet dem Kunden dann ein passendes Angebot. 

Zu diesen Diensten kommen sogenannte Fahrzeug-Setup-Dienste, ebenfalls serienmäßig in me enthalten und zusätzliche Fahrzeug-Monitoring-Dienste. Die Rubrik Setup informiert den Fahrer über Reifendruck, Kilometerstand oder den Füllstand der Betriebsstoffe. Die Monitoring-Dienste zeigen den Fahrzeugstandort an und können den fahrenden Pick-up via GPS lokalisieren. Weiter lässt sich ein geographischer Überwachungsbereich definieren. Verlässt oder befährt der X diesen, sendet me eine Meldung. Der aktuelle Fahrer wird per Meldung im Display informiert, dass er aktuell überwacht wird. Das Paket Mercedes me ist laut Daimler in 21 europäischen Märkten verfügbar. 

Mercedes X-Klasse 2018 Foto: Mercedes
Doch auch auf der Straße macht er dank breiter Spur und dynamisch-komfortabler Abstimmung eine gute Figur.

Platz für Euro-Palette

Doch neben all der Elektronik und den Kompetenzen on- wie offroad ist ein Pick-up ja eigentlich ein geborenes Lastentier. Die offene Ladefläche – auf Wunsch sind diverse Abdeckungen erhältlich - misst beim X 1.587 mal 1.560 Millimeter (Länge mal Breite) und ist mit vier Verzurrösen (Pure) oder Verzurrschienen ausgestattet. Zwischen den Radkästen lässt sich zwar eine Euro-Palette quer laden, das hat der X seinem Cousin Nissan Navara voraus, für die zweite ist der Platz aber zu knapp. Schade – viel hätte nicht gefehlt. Dank einer Nutzlast von einer guten Tonne je nach Version darf die Ladung aber immerhin auch etwas wiegen. Daimler beispielsweise qualifiziert den Pick-up für den Transport von 17 vollen 50-Liter-Bierfässern – damit kann er zwar nicht mit der Wackener Pipeline mithalten, für ein Straßenfest reicht’s aber allemal. Und die Lichterkette betreibt der Pick-up dann auch gleich mit: Im Ladeabteil hat Daimler eine 12-Volt-Steckdose untergebracht.

Fazit

Der erste Eindruck des Premium-Pick-ups mit den Nissan-Genen überzeugt und man nimmt dem X den Mercedes bis auf wenige Stellen vollkommen ab. Der aufgerufene Preis von 31.000 Euro netto ist ein Wort. Damit enteilt er seinem Technologiespender ausstattungsbereinigt weniger weit als es zunächst den Anschein hat. Später im Jahr muss der X beim ersten Fahrbericht zeigen, was er wirklich auf dem Kasten hat.  

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