Magellano auf Actros-Basis Reisemobil der Superlative

Mercedes-Benz Actros 2542 Magellan Foto: Karl-Heinz Augustin 14 Bilder
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Vom Nutz- zum Komfortfahrzeug – ein Wohnmobil auf einer aus- gewachsenen Lkw-Plattform ist aufsehenerregend. Ein besonderes Exemplar ist der Magellano auf Mercedes- Actros-Basis. Und so entsteht das 18-Tonnen-Reisemobil.

Reisemobile gibt es viele. Die größten davon setzen auf Lkw-Fahrgestellen auf, überwiegend handelt es sich dabei um Chassis leichter Lkw. Ein sehr kleines, aber feines Segment basiert dagegen auf schweren Truck-Plattformen. Wer ein solches Modell wählt, muss nicht nur das nötige Kleingeld aufbringen. Sinn ergibt ein solch kostspieliges Wohnmobil nur, wenn sich das Fahrzeug auch ständig in Verwendung findet. Wer ein derart überzeugter Wohnmobilist ist, der hat auch besondere Wünsche an den Hersteller eines Luxus-Wohnmobils. Und was, wenn diese Wünsche nicht erfüllt werden? Dann muss der Camper eben selbst ran – so wie Unternehmer Michael Ebner. "Ich war bei Herstellern in ganz Europa vorstellig und habe mir deren Produktionen ganz genau angesehen, doch habe ich nirgendwo ein Fahrzeug ganz nach meinen Vorstellungen gefunden", berichtet er.

Insbesondere durchdachte Lösungen bei Beladung, Montage, Heckgarage und Grundriss hätten gefehlt, die Herstellungsqualität und das Serviceverständnis sei ebenfalls nicht entsprechend seinen Vorstellungen ausgefallen.

Mercedes-Benz Actros 2542 Magellan
Vom Feinsten: Die Einrichtung gereicht so manchem Einfamilienhaus zur Ehre.

Ebner besitzt unternehmerischen Mut

So erwartet Ebner von einem Wohnmobil beispielsweise eine ausreichende Nutzlast, um der umfangreichen Innenausstattung gerecht zu werden, und zugleich noch ausreichend Tragkraftreserven für Betriebsmittel, Energieversorgung, Mitnahmefahrzeuge und weitere Gerätschaften. Dazu gehört auch ein großer Frischwassertank etwa für Abwasch und Körperhygiene. 800 Liter sollten es schon sein. Die Gegenstücke bilden ein 300 Liter großer Toilettentank, also für sogenanntes Schwarzwasser, sowie ein 500 Liter fassenden Grauwassertank. Dass ein solches Luxus-Reisemobil auch voll wintertauglich sein muss, versteht sich von selbst. An den Haken des Gefährts soll dann auch noch eine Jacht. 3,5 Tonnen Anhängelast sind dafür erforderlich.

Natürlich ist es auch möglich, einen Pkw-Trailer anzuhängen, denn zum einen soll ein vollwertiger Pkw für eine vierköpfige Familie greifbar sein, zum anderen geht eine Heckgarage für ein Kleinfahrzeug auf Kosten des Wohnraums und bedeutet laut Ebner obendrein einen fünfstelligen Aufpreis. Der Unternehmer ist gelernter Kaufmann, selbstständig und liefert mit seiner Firma Xaxoa Software für Medizintechnik. Er ist aber auch gelernter Maschinenbauer, besitzt Kreativität und unternehmerischen Mut. Gemeinsam mit seiner Frau hat er zunächst auf dem Papier ein Wohnmobil-Grundriss ganz nach seinen Bedürfnissen entworfen, Materialien ausgesucht und die Ansprüche an Verarbeitung und Installationen definiert. Die Gewerke vergab er nach ausgiebiger Recherche an Firmen seines Vertrauens.

Verbaute Elektrik orientiert sich am Haus- und Jachtbau

Die Umsetzung der Entwürfe in einen Bauplan für den Aufbauer übernahm ein technischer Zeichner. Entscheidend war für Ebner die Vergabe des Aufbaus an ein Unternehmen, das sonst eigentlich keine Berührungspunkte mit dem Caravaning-Segment hat, ihn aber mit gehobener Ausführungsqualität überzeugte. Welches Unternehmen das ist? "Betriebsgeheimnis!", wehrt Ebner ab. Installationen, insbesondere die Elektrik und Heizanlage, orientieren sich am klassischen Haus-, aber vor allem am Jachtbau. "Wir verwenden beispielsweise Bauteile, die sehr standfest sind, sich leicht beschaffen, reparieren oder ersetzen lassen", erklärt Ebner. So könne jeder normale Elektriker und Installateur die Komponenten warten oder instandsetzen. Aus den Vorarbeiten während des Jahres 2015 ist der Magellano Edition 1 entstanden.

Ein Aufbau mit zwei seitlichen Auszügen, den sogenannten Slide-outs, der auf einem 4x2-Fahrgestell mit 10,6 Meter Gesamtlänge bei 6.100 Millimeter Radstand aufsetzt – bei Mercedes eine Serienausführung. "Ich wollte auf jeden Fall eine deutsche Marke als Trägerfahrzeug, auch wegen des gut ausgebauten Servicenetzwerks. Design außen und innen sowie Ausstattung der Kabine sollten ebenfalls meinen Ansprüchen genügen", erläutert er. Aufgrund spezieller Anforderungen an die Schnittstelle zwischen Lkw und Aufbau fiel die Wahl auf den Mercedes Actros mit Gigaspace-Kabine. Als Actros 1842 mit 420 PS für 18 Tonnen sowie einen maximal 3,5 Tonnen schweren Trailer ist der Lkw durchaus üppig motorisiert. Weitere Voraussetzungen waren eine Vollluftfederung sowie eine hydraulisch betätigte Abstützanlage, um das Reisemobil mit ausgefahrenen Slide-outs zu stabilisieren.

Mercedes-Benz Actros 2542 Magellan
Im Keller finden locker vier Fahrräder Platz, oder zwei Motorräder oder ein Quad. Ein ausgewachsener Pkw passt besser und kostengünstiger auf den Anhänger.

32 Quadratmeter Wohnfläche im Wohnmobil

Augenfällig sind an dieser Stelle die massiven Träger der beiden weit ausfahrenden seitlichen Auszüge im Bereich Wohnen und Schlafen, die den Qualitätsanspruch von Ebner unterstreichen. Sie bestehen aus acht Millimeter dickem Edelstahl und können ohne Abstützung bis zu 1,2 Meter ausgefahren werden. Ein weiteres Schmankerl ist der aus dem Jachtbau entliehene Generator von WhisperPower (Typ W-GV 7i), der 230-Volt-Spannung erzeugt und der Batterien mit 24-Volt-Spannung laden kann und auch die Klimaanlage des Fahrzeugs betreibt. 300 Liter Diesel sind für Fahrbetrieb und Komfortfunktionen an Bord. Der Vorführer genehmigt sich laut Ebner rund 19 Liter pro 100 Kilometer. Im Stand begnügt sich der hochwertig isolierte (bis zu sieben Zentimeter) Magellano laut Ebner unter schweren Bedingungen, also im Winter bei gleichzeitigem Einsatz als Heizung und Stromgenerator, mit rund acht Liter Diesel pro Tag.

Im geräumigen "Keller" des Fahrzeugs zwischen Antriebsachse und Rahmenabschluss finden vier Fahrräder, zwei Motorräder oder ein Quad, Gepäck und weitere Gerätschaften Platz. Ein zweites geräumiges Staufach findet sich zwischen dem Einstieg ins Wohnmobil und der Kabine. Dort sind zahlreiche Installationen, Sicherungskasten und Anschlüsse untergebracht. In allen Stauabteilen finden sich übrigens Airlight-Schienen und entsprechende Zurranker, um das Transportgut zu sichern. Im Inneren wuchert das Wohnmobil mit 32 Quadratmeter Wohnfläche und einer Ausstattung, die jedem Einfamilienhaus zur Ehre gereicht. Küche, Bad, Wohn- und Schlafzimmer (insgesamt gibt es Schlafgelegenheiten für bis zu sechs Personen) sind vom Feinsten.

Steigende Nachfrage in der Luxus-Nische

Gleiches gilt für die Multimedia-Ausstattung. Das hat seinen Preis. 680.000 Euro brutto ruft Ebner für den Magellano Edition 1 mit Actros 1842-Gigaspace-Fahrgestell mit 18 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht in Vollausstattung auf.Während Ebner das erste Modell für sich nutzt, hat zu Jahresbeginn die Produktion der Wohnmobile begonnen. Vier bis sechs Magellano sollen künftig pro Jahr entstehen, im ersten Produktionsjahr immerhin schon drei bis vier. Klingt nach geringen Ansprüchen. Die Größe dieses speziellen Segments in Deutschland schätzt Ebner aber auf gerade mal 20 bis 30 Fahrzeuge. Auf größere Serien angewiesene Hersteller dürften entsprechend wenig Lust haben, dieses Feld zu beackern. Ein Spezialist dagegen kann seine Freude daran haben. Zudem entwickelt sich laut Ebner auch in dieser Luxus-Nische eine steigende Nachfrage. Und weil ein Unternehmer ständig nach vorne blickt, arbeitet er auch schon an Varianten.

Auf die zweiachsige Edition 1 soll eine dreiachsige Variante mit 26 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht und zwölf Meter Länge folgen. "Ideal für den Automobil-Rennzirkus. Hier lässt sich der Magellano als vorderer Teil eines ausgewachsenen Gliederzugs betreiben." Die Nutzlast reicht dann auch für eine umfassend ausgestattete Fahrzeugwerkstatt. Aktuell hat Michael Ebner den Bau eines Reisemobils auf Basis eines Lowliner-Chassis begonnen, um die Gesamthöhe zu drücken oder um mit unterschiedlichen Radständen und Rahmenlängen zu arbeiten. Auch bei der Motorisierung verspricht er den Kunden freie Wahl. Hinzu kommt, dass Ebner an einem Sharing-Konzept für die teuren Fahrzeuge arbeitet, sodass sich die Kosten auf mehrere Nutzer aufteilen. Mehr als drei, vier pro Fahrzeug sollen es jedoch nicht sein. Wer so viel Geld ausgibt, hat schließlich seine eigenen Vorstellungen – nicht nur von der Technik, auch davon, mit wem er ein solches Schmuckstück teilt.

Vom Plan zum Wohnmobil in neun Monaten

Ab Auftragserteilung rechnet Ebner mit sieben bis elf Monaten Produktionsdauer ab Lieferung des Fahrgestells. Allein die Beratung des Kunden kann drei Monate vereinnahmen. Weitere vier Wochen gehen ins Land, bis der indi­vi­du­el­le Grundriss des Magellano sowie dessen Innen- und technische Ausstattung definiert sind. Das Fahrgestell, eine Serienausführung, bestellt Ebner direkt bei Mercedes. Rund zwei bis drei Monate gehen aktuell ins Land, bis es im Werk Wörth vom Band rollt. Der Aufbau entsteht innerhalb von vier Wochen bei einem Partner. Dort findet auch die Hochzeit von Chassis und Aufbau statt. Verhältnismäßig flott geht die Erstlackierung von der Hand. Zwei Wochen sind dafür nötig.

Weitere Partner für die einzelnen Gewerke wie Schreiner sitzen wie Xaxoa in der Rhön. Sie sind einen Monat damit beschäftigt, Fenster, Technik und Möbel zu montieren. Zum Innenausbau gehört auch die Installation der Netzwerk- und Multimedia-Technik, die mit nochmals zwei Wochen zu Buche schlägt. ­Umbauten am Serientrimm des Lkw-Fahrgestells sind nur minimal nötig, etwa im ­Bereich des Dachs, wo zusätzliche Antennen Platz finden müssen und die Seitenschweller nahtlos mit dem Wohnaufbau fluchten müssen. Zu guter Letzt dürfen Qualitäts- und Funktionschecks nicht fehlen. Auch dafür sind zwei Wochen nötig und Ebner veranschlagt weitere zwei Wochen für Nacharbeiten. Innerhalb einer Woche werden die Fahrzeugdokumente inklusive der Homologation erstellt.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
Lao 08 2017 Titel
lastauto omnibus 08 / 2017
10. Juli 2017
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