Kraftstoffverbrauch Nebenverbraucher bergen Einsparpotenzial

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Kurzfristig sind bedarfsgerecht gesteuerte Systeme das beste Mittel, um Diesel zu sparen. Der Entwicklungsdienstleister AVL hat das Potenzial solcher Systeme analysiert. Jüngstes Beispiel ist die Kühlmittelpumpe von Behr.

Im Konsortium, das die EU-Kommission berät, hat AVL List (AVL) aus Graz maßgeblich das Simulationsmodell entwickelt. Das Unternehmen bezeichnet sich als den weltweit größten privaten Entwicklungsdienstleister. „Wir haben die Software seit 2003 programmiert, zunächst aber als Pkw-Anwendung“, sagt Andreas Ennemoser, Leiter der CFD-Berechnung bei AVL. Erst 2011 habe man das Modell für schwere Nutzfahrzeuge entwickelt. Ennemoser misst den bedarfsgerecht gesteuerten Nebenverbrauchern ein großes Potenzial bei. Es sei mit deren Hilfe möglich, den Kraftstoffverbrauch von schweren Lkw und Bussen im Fernverkehr um bis zu vier Prozent und im Verteilerverkehr um bis zu fünf Prozent zu senken und das in einem sehr guten Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Bergab benötigt der Lkw kaum Kühlung

„Beim bedarfsgerecht gesteuerten Lüfter ist das Potenzial, Kraftstoff zu sparen, am höchsten – es liegt bei 1,5 bis 2 Prozent“ sagt Ennemoser. Ein Lkw, der bergab fährt, benötige kaum Kühlung. Hier müsse nur die Bremsleistung weggekühlt werden. Das habe AVL entlang der Strecke Stuttgart-Hamburg-Stuttgart berechnet und auf dem Prüfstand verifiziert. Im Modell kam eine stufengeregelte Lösung zum Einsatz. Eine vollvariable, elektrisch betriebene Technologie ergibt laut Ennemoser in diesem Fall keinen Sinn. Wegen der hohen Lüfterleistung bis zu 40 kW würde ein entsprechend leistungsfähiger E-Motor viel zu groß, zu schwer und zu teuer ausfallen. Der Nutzen der bedarfsgerechten Schaltung wäre laut dem Ingenieur noch größer, könnte das System GPS-Daten nutzen, um die Topografie vor dem Fahrzeug zu erkennen.

Neben dem Lüfter weist laut dem AVL-Mann auch die stufenlos geregelte Kühlmittelpumpe ein sehr gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis auf. Beide Systeme, Lüfter und seit kurzem auch Kühlmittelpumpe, bietet Behr als Serienprodukt an. Um bedarfsgerecht zu regeln, setzt der Spezialist für Motorkühlsysteme sowohl am Lüfter wie auch an der Kühlmittelpumpe Visco-Antriebe ein. „Bei der Visco-Kühlmittelpumpe beträgt die Dieselersparnis im Fernverkehr ungefähr ein Prozent“, sagt Jochen Eitel, Leiter der Vorentwicklung Motorkühlung bei Behr. Wobei ein Prozent im Segment der schweren Nutzfahrzeuge eine deutliche Verbesserung der Kraftstoffeffizienz bedeute. Die intelligente Kühlmittelpumpe kommt laut Eitel weltweit erstmals im neuen Mercedes Actros zum Einsatz.

Nur so viel pumpen wie nötig

Der Nutzen für die Kraftstoffeffizienz wird noch größer, werde das gesamte Kühlsystem entsprechend ausgelegt. Hierzu zählen neben den Antriebsaggregaten wie der Kühlmittelpumpe, Wärmetauscher und Regelelemente sowie das Thermomanagement. „Bei den Antriebselementen wie einer Pumpe geht es darum, nur die maximal notwendige Fördermenge darzustellen, die notwendig ist, um bestimmte Bauteile zu schützen – und nicht mehr“, erklärt Eitel. Das gleiche gelte im Falle eines Lüfters für die Regelung der Luftmenge. „Zum zweiten geht es darum, die Menge bedarfsgerecht bereitzustellen. Das Dritte ist, das Ganze bei möglichst geringer Antriebsleistung zu realisieren“, erläutert der Entwickler.

„Über die Wärmeüberträger und Kühlsysteme können wir über einen indirekten Beitrag die maximal notwendigen Fördermengen reduzieren“, erklärt Eitel. Ein Kühlmittelkühler beispielsweise benötigt ein bestimmtes Luftvolumen, um eine bestimmte Wärmemenge an die Kühlluft abzugeben. Dieses Luftvolumen wird durch einen Lüfter mit entsprechender Antriebsleistung erzeugt. Wenn durch eine Neuentwicklung der Kühlmittelkühler weniger Kühlluft benötigt, oder die Kühlluft leichter den Kühlmittelkühler durchströmt, wird weniger Lüfterleistung benötigt. Das senkt zusätzlich den Kraftstoffverbrauch. Hinzu kommt laut Eitel der Nutzen von gewichtsoptimierten Bauteilen, was wiederum günstige Auswirkungen auf den Fahrzeugverbrauch hat.

Geeignet für bedarfsgerechte Betriebsstrategien sind laut AVL-Entwickler Ennemoser zudem die Schmierölpumpe und die Spritzkühlung der Kolben. Auch ließen sich etwa bei einer Bergabfahrt mit geringerer Leistung betreiben. Die beiden Aggregate würden aber nur gemeinsam eingesetzt einen Nutzen ergeben. An dritter Stelle kommt die Lenkhilfpumpe, die bei hohem Tempo, beispielsweise auf der Autobahn, bei geringerer Leistung arbeiten könne. Im Falle der Lenkhilfpumpe seien aber Sicherheitsaspekte zu betrachten. Als letztes in der Kosten-Nutzen-Rangfolge nennt Ennemoser Luftpresser und Kraftstoffpumpe. Solche Systeme sind ebenfalls schon entwickelt wie der E-Comp-Luftpresser von Wabco oder die elektrische Kraftstoffpumpe von Federal-Mogul.

Nutzfahrzeug als Gesamtsystem simulieren

Entscheidend, um den Nutzen solcher Aggregate zu berechnen, ist laut Ennemoser, dass das Nutzfahrzeug als gesamtes System simuliert wird. Die Potenziale der einzelnen Systeme addieren sich nämlich nicht linear auf. Würden mehrere intelligente Nebenverbraucher einzeln berechnet, werde mit hoher Wahrscheinlichkeit ein zu niedriger CO2-Ausstoß unterm Strich herauskommen. Denn jeder einzelne schaltbare Nebenverbraucher sorge schon dafür, dass die Öltemperatur steige und die innere Reibung sich dadurch reduziert. Je höher die Öltemperatur, desto viskoser ist das Öl und desto geringer sind die inneren Reibungsverluste, was den Verbrauch günstig beeinflusst. Dieser Vorteil bestehe in einem Fahrzeug aber nur einmal, dürfe also nur einem Nebenaggregat zugerechnet werden und müsse bei den weiteren intelligent geregelten Nebenverbrauchern außer Acht gelassen werden.

Damit diese Komponenten trotz der elektronischen Steuerung genauso ausfallsicher wie herkömmliche Bauteile sind, greifen die Entwickler in die Trickkiste. Zur Absicherung nutzen sie unter anderem virtuelle Sensoren – also Messfühler, die es gar nicht in Hardware gibt, sondern die als Rechenformeln in der Steuerelektronik vorhanden sind. Die Daten für die Variablen der Rechenformeln liefern tatsächlich vorhandene Sensoren, die aber Werte an anderen Stellen im System messen. „Wir nutzen beispielsweise die Temperatur im Zylinderkopf zwischen den Auslassventilen und sichern darüber den Motor ab. Die Temperatur wird im Fahrzeug aber nicht gemessen, sondern in einer Simulation berechnet, die in der Motorsteuerung mitläuft.“ Auch der Beladungszustand des Rußpartikelfilters lässt sich so bestimmen, nämlich über den gemessenen Druck vor und hinter dem Filter.

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