Interview mit Dr. Markus Heyn Noch Potenzial

Interview mit Bereichsvorstand Bosch Diesel Systems Foto: Laura Kwast 6 Bilder

Interview: Dr. Markus Heyn ist seit 2012 Bereichsvorstand von Bosch Diesel Systems. Er will gerade die Rückgewinnung von Energie aus dem Abgas vorantreiben. Das Gespräch führte Thomas Rosenberger.

Kraftstoffeffizienz ist derzeit der zentrale Treiber für technologische Innovationen. Welchen Beitrag leistet Bosch hierzu?

Heyn: Unser Beitrag besteht unter anderem darin, den Antriebsstrang von Nutzfahrzeugen so effizient wie möglich zu gestalten. Wir haben auf der IAA Nutzfahrzeuge die entsprechenden technischen Lösungen ausgestellt, etwa Common-Rail-Einspritz- und Abgasnachbehandlungssysteme für Euro 6 sowie weitere Ansätze für mehr Effizienz im Nutzfahrzeug. Wir denken, den Kraftstoffverbrauch von Nutzfahrzeugen in den kommenden Jahren um rund 15 Prozent senken zu können.

Welche Innovationen möchten Sie herausstellen?

Heyn: Die Abgaswärme-Rückgewinnung – auch Waste Heat Recovery (WHR) genannt. Sie bietet das Potenzial, den Verbrauch um bis zu fünf Prozent zu verringern. Beispiel Fernverkehr: Bei hohen Geschwindigkeiten ergibt sich eine hohe Abgastemperatur. Diese Wärmeenergie nutzen wir, um damit ein Medium zu erwärmen, das dann verdampft und so eine Expansionsmaschine antreibt. Diese Maschine kann eine Turbine oder Kolbenmaschine sein. Die Energie können wir elektrisch oder mechanisch an den Antriebsstrang zurückgeben.

Sie haben bestimmt noch mehr in petto?

Heyn: Ja, es geht auch um die Elektrifizierung des Nutzfahrzeugs. Mit der cleveren Unterstützung des Verbrennungsmotors durch den E-Motor können wir nicht nur beim Anfahren, sondern auch im normalen Fahrbetrieb große Beiträge zur Verbrauchseinsparung leisten. Der nächste Schritt ist, den Hybridantrieb noch mit einem Navigationssystem zu koppeln. Motor- und Getriebesteuerung sind dann in der Lage, mit diesen Informationen über die Topografie vor dem Lkw die beste Betriebsstrategie umzusetzen.

Heute ist man also im Vorteil, wenn man nicht nur eine Komponente anbietet, sondern Systeme?

Heyn: Aus unserer Sicht ist das so. Die Antriebsstranglösungen der Zukunft werden miteinander vernetzt sein. So lassen sich die größten Potenziale bergen. Die wichtigste Frage aber ist, was solche Systeme kosten und welchen Nutzen sie bringen sollen. Innovationen müssen sich durch einen geringeren Kraftstoffverbrauch spätestens nach drei Jahren für den Fuhrparkbetreiber rechnen. Nur dann nimmt sie der Markt an.

Wird das beim WHR-System der Fall sein?

Heyn: Momentan befinden wir uns ja noch im Entwicklungsstadium. Im Hinblick auf die mögliche Kraftstoffersparnis gehen wir aber für die Zukunft davon aus.

Wo werden Sie die Energie aus dem WHR zwischenspeichern, bis sie der Antriebsstrang abruft?

Heyn: Der Zwischenspeicher für den Hybridantrieb wird eine Batterie sein. Andernfalls gibt es nur die Möglichkeit, die Energie mechanisch und direkt – ohne Zwischenspeicherung – an den Antriebsstrang abzugeben.

Das klingt so, also würde gerade die Verbindung eines Hybridantriebs mit einem WHR-System Sinn ergeben?

Heyn: Ganz sicher. Allerdings kommt es darauf an, für welchen Einsatz sich das System eignen soll. Die Verbindung von Hybridtechnik und WHR ergäbe zum Beispiel im Fernverkehr eine sinnvolle Lösung – kontinuierliche Rekuperation von Energie über das WHR-System, Zwischenspeicherung in einer Batterie und Nutzung der elektrischen Energie für eine zusätzliche Antriebsleistung etwa bei Bergauffahrten.

Sie zeigen zwei Ausführungen von WHR – als Turbine und als Kolbenexpansionsmaschine. Mit welchem Ziel?

Heyn: Wir diskutieren mit den Lkw-Herstellern tatsächlich zwei Lösungen. Bei der Turbine haben Sie sehr hohe Drehzahlen, mit denen über einen Generator leicht elektrische Energie gewonnen werden kann. Wollen Sie diese Energie mechanisch nutzen, dann muss ein Getriebe hinzukommen. Das ist technisch jedoch aufwendig und verteuert das Konzept. Diesen Aufwand hat man bei der Kolbenmaschine nicht. Sie kann sowohl mechanische als auch elektrische Energie erzeugen. Wir sind bereit, beide Systeme in den Markt zu bringen. Letztendlich müssen unsere Kunden, die Fahrzeughersteller, entscheiden, welche Lösung sie für sinnvoll erachten.

Wie geht es weiter bei der Entwicklung kleinerer Motoren mit hoher Leistung?

Heyn: Wir sehen immer noch Downsizing-Potenziale. Daran arbeiten auch die Fahrzeughersteller. Dazu sind aber höhere Einspritzdrücke notwendig, um die spezifische Leistung, also Leistung auf den Hubraum bezogen, zu erhöhen. Unsere Zielsetzung ist es, den Einspritzdruck auf bis zu 3.000 bar zu erhöhen. Für sich alleine betrachtet, kommen aus dem Einspritzsystem noch mal ein bis zwei Prozent Verbrauchsersparnis. Mit höheren Drücken gehen zudem niedrigere Rohemissionen einher. Zusätzlich kann man überlegen, die Abgasrückführung und das Abgasnachbehandlungssystem weiter zu entwickeln. Heute sind im SCR-System Umsetzungsraten bis 95 Prozent möglich. Gleichzeitig lässt sich damit der Motor um bis zu fünf Prozent verbrauchsgünstiger auslegen. Das eröffnet weitere Möglichkeiten.

Was bedeutet die diskutierte CO2-Gesetzgebung für schwere Nutzfahrzeuge für Bosch?

Heyn: Wir haben uns „Clean Green Diesel“ auch für Nutzfahrzeugtechnik auf die Fahnen geschrieben. Dies gilt nicht nur für Emissionen wie Partikel oder Stickoxide. Wir arbeiten jetzt und in Zukunft daran, die CO2-Emissionen und den Kraftstoffverbrauch weiter zu mindern. Unser Ziel ist es, unsere Kunden zu unterstützen, ihrerseits effiziente Antriebskonzepte zu gestalten. Nun müssen wir untersuchen, welche Lösungswege für die Zukunft geeignet sind und die Entwicklung neuer Technologien für mehr Effizienz und weniger CO2-Ausstoß anstoßen.

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