Fahrbericht Solaris Interurbino Frisch gemacht

Solaris Interurbino Foto: Randolf Unruh 6 Bilder

Solaris hat seinen Hochboden-Überlandbus Interurbino kräftig aufgefrischt. Und sucht sich selbstbewusst den erfolgreichsten Gegner im Segment als Ziel.

Bei der Frage nach dem Preis kündigt ein Solaris-Verantwortlicher an: „Wir werden voll wettbewerbsfähig sein.“ Die Marke hat ihren noch jungen Überlandbus Interurbino überarbeitet.

Als Gegner hat sich Solaris ehrgeizig den Irisbus Crossway ausgesucht, die europäische Nummer eins in dieser Liga und derzeit Feindbild Nummer eins aller Wettbewerber. Während der Crossway durch Einfachheit besticht, will der Interurbino auch mit Eleganz überzeugen.

Zwar ist die Karosserie von vorn bis hinten kastenförmig à la Linienbus. Doch freche Schmisse über den Achsen lockern die strenge Linie auf und verleihen dem Bus Dynamik. Man kennt diesen Dreh vom neuen Mercedes Citaro – es gibt schlechtere Vorbilder. Auch die Farbkombination des Testwagens aus blendend weißem Lack und dunkel getönten Scheiben steht dem Interurbino gut, zumal bei dunkler Einfärbung des markentypisch gewölbten Dachrands, der die sachliche Quaderform etwas auflöst.

Hier bleibt kein Schirm ausversehen liegen

Typisch für Solaris ist vor allem die asymmetrische Windschutzscheibe. Jetzt aber ist sie auf der rechten Seite nicht mehr so extrem abgesenkt wie bisher – der Interurbino unterscheidet sich nun deutlicher vom Niederflurbus. Auch steht der Mund des Interurbino nicht mehr staunend offen. Die neue Ausgabe presst entschlossen die Lippen zusammen – hier hat einer viel vor. Eine schlanke Tür vorn und eine wahlweise ein- oder zweiflügelige Mitteltür führen in den Fahrgastraum.

Sein Boden liegt 860 Millimeter über der Fahrbahn – das klassische Überlandmaß. Der Innenraum des Interurbino wirkt luftig und großzügig. Das liegt nicht nur an der üppigen Stehhöhe von 2.130 Millimetern: Einen gehörigen Anteil daran hat die helle Innendecke zusammen mit gläsernen Dachluken. Sogar einen Hauch moderner Architektur bringen gläserne Gepäckablagen mit grazilen Halterungen aus Metall und dazu passenden Handläufen in den Innenraum. Das ist hübsch anzusehen und obendrein übersichtlich – hier bleibt kein Schirm aus Versehen liegen.

Pfiffig die LED-Ketten im Fahrzeugraum

Ein Blick gilt noch den Details der Decke: Das Mittelteil ist glatt gehalten, die im Unterschied zum Niederflurbus konkav geformten Luftkanäle – im Interurbino muss hier keine Technik verstaut werden – tragen eine strukturierte Oberfläche. Gelungen ist auch die indirekte Beleuchtung des Fahrgastraums mit LED-Ketten über den Luftkanälen, das hat Pfiff. Die Sitze montiert Solaris auf 170 Millimeter hohen Podesten. An der Wand läuft der Strang der serienmäßigen Konvektorenheizung entlang. Wer will, bekommt aber auch eine klassische Linienbusheizung mit vier Gebläsen.

Zugunsten der Stehplätze hinten im Mittelgang steigt der Fußboden nach der zweiten Tür nur sanft an. Mit der Folge einer deftigen, mehr als 30 Zentimeter hohen Stufe weiter hinten – der mittig im Heck stehende Motor verlangt seinen Platz. Deshalb wird’s hier hinten auch etwas ungemütlich: In der letzten Reihe heißt es, den Kopf einziehen, vor allem auf den Außenplätzen. Der schicke Innenraum eröffnet zusätzliche Verdienstmöglichkeiten: Mit 860 Millimeter Bodenhöhe und dezent in den Fahrgastraum ragenden Radkästen ist der Interurbino von Hause aus nur sehr bedingt ausflugsfähig.

Drinnen sind noch Dröhngeräusche zu beseitigen

Der elegante Auftritt aber macht dies wieder wett – eine kurze Ausflugsfahrt ist mit diesem Bus drin. Unter der letzten Reihe und hinter der Rückwand – platt wie eine Flunder – verstaut Solaris ganz nach Wunsch kompakte Sechszylinder von drei Marken nach Maß. Wie wär’s mit einem Iveco Tector, dem Cummins ISB6 oder dem DAF PR 265?

Der DAF-Diesel ist mit 9,2 Liter Hubraum die ausgereifteste der drei Maschinen, allerdings ist Euro 6 hier noch nicht in Sicht. 265 kW (360 PS) Leistung und 1.450 Nm Drehmoment kommen gerade recht für anspruchsvolle Käufer, die nicht nur die rheinische oder niedersächsische Tiefebene durchqueren.

Vielfalt gibt’s ebenfalls bei den Getrieben: Solaris verwendet Schaltgetriebe von Eaton und ZF, Wandler-Automatikgetriebe von Allison, Voith und ZF. Bei einer ersten Proberunde gefiel die Kombination Interurbino, DAF und ZF, auch wegen des aufgeräumten Motorraums mit Kontroll- und Nachfülleinrichtungen auf einen Blick. Indes gäb’s drinnen noch ein Dröhngeräusch zu beseitigen.

Es tritt ausgerechnet im häufig genutzten mittleren Drehzahlbereich auf und ist bis nach vorn zum Fahrer spürbar. Der sitzt in diesem Fall in einem Actia-Cockpit, eine vor allem im Ausland gern genutzte Alternative zum ähnlich aufgebauten Conti-Fahrerplatz nach VDV-Richtlinie.

Die Bremse verlangt Konzentration

Typisch für Solaris ist die strukturierte Oberfläche, sie sieht hochwertig aus und fast sich angenehm an. Typisch sind indes auch für größere Fahrer die störenden DIN-Fächer in der Zarge über dem Fahrerplatz – sie sind im Weg beim Blick in den linken Außenspiegel. Ebenfalls fiel beim ersten Probegalopp die Bremse auf: Sie ist auf den letzten Metern vor dem Stopp etwas ruppig – fahrgastfreundlich-sanftes Anhalten verlangt nach Feinfühligkeit und Konzentration.

Zusammen mit dem Modellwechsel hat der unverändert zwölf Meter lange Zweiachser Zuwachs bekommen: Jetzt gibt es den Interurbino auch mit knapp 13 Meter Länge. Zu diesem Zweck streckt Solaris den Radstand von 5.900 Millimetern (identisch zum Stadtbus Urbino) auf 6.760 Millimeter. Macht eine Sitzreihe mehr an Bord, aber auch eine eingeschränkte Wendigkeit.

Mit 180.000 Euro im Preis wettbewerbsfähig

Gleichzeitig wächst der Gepäckraum von 5,2 auf 6,2 Kubikmeter – abhängig von der Größe der gewählten Mitteltür, versteht sich. Flexibel ist der Interurbino auch bei zahlreichen Komponenten: Der Dieseltank kann je nach Einsatz oder auch Gewicht 250 oder 350 Liter Volumen fassen.

Zu den Optionen gehören ebenfalls eine elektronisch geregelte Luftfederung und ESP. Gleiches gilt für die Klimaanlage oben auf dem Dach. Andere Komponenten sind fix: ZF-Achsen etwa, vorn mit Einzelradaufhängung, wie es sich gehört. Oder ein Gerippe aus Edelstahl. Aus Nirosta und Aluminium besteht auch die Beplankung.

Das klingt nach einer längeren Beziehung. Bleibt die Antwort auf die Frage nach dem Preis des aufgefrischten Urbino: 180.000 Euro – das nennt man dann voll wettbewerbsfähig.

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