Daimler Truck Welt Modelle im Vergleich

IAA 2016 World Trucks Daimler Bharat-Benz Foto: Donnerkeil Albert Grundhöfer 27 Bilder

Die weite Welt der Daimler-Trucks kommt alle zwei Jahre auf der IAA zusammen. Je nach Herkunft stehen die Marken für ein ganz spezielles Fahrerlebnis – mit überraschenden Erkenntnissen.

Alle Truck-Typen, die auf den verschiedenen Kontinenten unter der Daimler-Flagge laufen, an einem Platz zu vereinen, ist eine Aufgabe von schier herkulischem Ausmaß. Traditionell zur IAA Nutzfahrzeuge wagt sich der Stuttgarter Automobilkonzern dennoch an diese Aufgabe heran und hat lastauto omnibus ermöglicht, die Vertreter aus Asien, Amerika und Europa Probe zu fahren. Daimler Trucks North America steigt mit zwei Vertretern in den Ring: zum einen mit dem Western Star W 5700 XE, der als waschechter Owner-Operator-Truck die konservativen Werte des Truckings von Ost- zur Westküste hochhält. Daneben rollt das modernste Fahrzeug auf US-Highways an den Start.

Der Freightliner Inspiration Truck, der auch autonom fahren kann, steht für Hightech auf zehn Rädern und gibt die Steilvorlage für den Freightliner New Cascadia, der Anfang 2017 vom Stapel läuft. Dritter im Bunde ist der Halbbruder Foton Auman EST. Der komplett neu aufgelegte Chinese räumt auf mit allen Vorurteilen gegenüber den Produkten vom größten Lkw-Markt der Welt.

Mercedes Accelo - quirliger 8,5-Tonner mit 156 PS starkem Daimler-Herzen

Ein Daimler-Motor stellt zusammen mit ZF-Traxon-Getriebe ein durchwegs modernes Antriebskonzept dar. Das sind indes Komponenten, auf die der Bharat-Benz aus Indien vorläufig noch verzichtet. Der Schwerarbeiter ist gemacht für den harten Arbeitsalltag. 37 Tonnen verteilt auf fünf Achsen werden von gerade mal 230 PS recht dezent in Schwung gebracht. Deutlich kraftvoller geht der japanische Fuso TV an die Arbeit. Die robuste Sattelzugmaschine wird in Indien gefertigt und soll auf verschiedenen Exportmärkten bis zu 100 Tonnen über unwegsame Strecken ziehen. Die beiden Brüder Leichtfuß des Daimler-Familientreffens reisen indes aus Brasilien und Japan an.

Der Mercedes Accelo tritt als quirliger 8,5-Tonner mit 156 PS starkem Daimler-Herzen an. Der wendige Südamerikaner misst sich mit dem Fuso eCanter, dem ersten in Serie produzierten Leicht-Lkw mit Elektroantrieb. Diesel oder Strom – diese Grundsatzfrage beantworten die beiden Verteilerfahrzeuge nicht abschließend. Im Verein mit den Konzern-Kollegen aus aller Herren Länder zeigen sie dafür die enorme Bandbreite, die unter dem Daimler-Stern weltweit angeboten wird. Mit dem Vorzug, dass sich zentrale Komponenten immer weiter in alle Himmelsrichtungen verbreiten, etwa Motorenbaureihen, Getriebe und Achsen sowie Kabinen. Trotz zunehmender Gleichteilstrategie verlieren die Daimler-Trucks nie ihren eigenständigen, landestypischen Charakter.

Western Star 5700 XE - stämmiger US-Lkw

Wäre der Western Star 5700 XE ein Mensch, er würde mit kariertem Holzfäller-Shirt und breitbeinig in Cowboystiefeln auf die Piste gehen. Und weil Trucks ebenso wie Menschen einen eigenen Charakter aufweisen, erfüllt der neue Stern am Firmament von Daimler Trucks North America (DTNA) alle Erwartungen, die an einen stämmigen US-Lkw vornehmlich für selbstfahrende Unternehmer gestellt werden. Er trumpft auf mit viel Chrom, markanter, bulliger Optik und einem kompakten Trucker-Heim hinter dem Arbeitsplatz.

Unter der wuchtigen Kunststoffhaube werkelt ein Detroit-Diesel-Sechszylinder aus der Weltmotorfamilie (OM 47X) des Konzerns, auch wenn man dort diesen Begriff nicht so gerne hört, da die Motoren an die unterschiedlichen Bedürfnisse der jeweiligen Zielmärkte angepasst sind. Aus 14,8 Liter Hubraum mobilisiert der Reihenmotor 455 PS. Wer mehr Leistung wünscht, bekommt einen Liter mehr Hubraum (DD 16) und bis zu 600 PS. Das automatisierte Detroit Transmission Zwölfganggetriebe, ein modifiziertes Mercedes-Powershift-Getriebe, sortiert die Gänge. Hierüber gelangt die Antriebsleistung an die Detroit-Hinterachsen, die das Gesamtkunstwerk des integralen Daimler-Antriebsstrangs komplettieren. Trotz der weiterhin verfügbaren, US-typischen Auswahl zwischen verschiedenen Motor- und Getriebekombinationen dritter Anbieter schwören mittlerweile die meisten Kunden auf den Konzern-Antriebsstrang. Es müsste also die größte Harmonie hinter dem holzbeplankten Steuer herrschen, zumal das Lenkrad und die Lenkstockhebel die Herkunft aus dem Actros nicht verleugnen. Doch sobald sich der Western Star in Bewegung setzt, ändert sich das Bild.

Freightliner Inspiration Truck mit Highway-Pilot-System

Verglichen mit dem europäischen Bruder Actros setzt sich der dreiachsige Hauber deutlich zäher, dafür umso geräuschvoller in Bewegung. Das Getriebe sortiert die Gänge zwar sinnvoll, schaltet aber spürbar langsamer als im Actros. Dass die Lenkung eine harte Hand braucht, der Blinker nicht automatisch zurückstellt und die Übersichtlichkeit vom Fahrerplatz ausbaufähig ist, beweist nur eines: Dieser Truck mit 5,7 Meter Radstand hasst Stop-and-go-Verkehr in der City. Er will auf endlosen Highways Kilometer fressen. Zum Feierabend lädt er dann seinen Meister in die opulent ausstaffierte Kabine ein, die es mit den Wohnqualitäten eines Campers aufnehmen kann. Die gewichtsoptimiert gefertigte Kabine ersetzt für viele US-Fahrer den eigenen Wohnsitz. Trotz 6x4-Antrieb bringt der Hauber vergleichsweise wenige Kilos auf die Waage. Gut zu wissen, weil in den meisten Bundesstaaten das Zuggewicht auf 36 Tonnen begrenzt ist.

Während der Western Star für traditionelles US-Trucking steht, steuert der Freightliner Inspiration Truck neuen Ufern entgegen – und zwar autonom. Dann übernimmt das Highway-Pilot-System das Ruder – so wie hierzulande der Mercedes Actros mit Highway Pilot. Die technischen Grundbausteine der beiden (teil-)autonom fahrenden Trucks sind identisch. Der Freightliner hat aber seinem Bruder eines voraus: Er darf bereits selbstständig über Nevadas Straßen fahren.

Im Innenraum des Dreiachsers ist die Zukunft eingezogen

Schon optisch weist der Freightliner auf seine Hightech-Zugaben hin. Mit dem neuen Haubendesign, tief heruntergezogener Front und seitlichen Dichtleisten knapp über der Fahrbahn nimmt er etliche Aerodynamik-Kniffe des 2017 debütierenden Freightliner New Cascadia voraus. Zudem erlaubt er sich ein paar technische Eskapaden, die der Serienfertigung zum Opfer fallen. Dazu gehört die geschwungene Hinterachsverkleidung, die mehr an moderne Kunst als an eine Radabdeckung erinnert. Auch in den Innenraum des Dreiachsers ist die Zukunft eingezogen. LED-Displays an den A-Säulen ergänzen den Blick in die klassischen Rückspiegel.

In diesen sitzen jeweils zwei Kameras, die nicht nur zu mehr Rundumsicht verhelfen, sondern die Umgebung bei autonomer Fahrt fest im Auge behalten. Wie wenig der Fahrer dann nur mehr zu beachten hat, manifestiert sich im weitgehend leeren Armaturenträger. Nur ein zentrales Display liefert Fahrinformationen, der Rest ist Sache des Bordrechners. Aber man kann den Inspiration Truck auch klassisch fahren. Das geht fast blind, weil Gangvorwahlhebel, Bedientaster und Volant vom Actros her bekannt sind. Ebenso vertraut ist die Fahrweise. Der DD-15-Motor mit mehr als 500 PS geht geschmeidig ans Werk. Das Getriebe aus gleichem Hause harmoniert hier deutlich besser als im raubauzigen Western Star. Selbst die Lenkung ist auf europäischem Niveau angesiedelt. Kurz: Der Inspiration Truck macht auf allen Ebenen vor, wie ein moderner US-Truck fährt.

Bharat-Benz - rustikal-robust konstruierter Fünfachser

Downsizing liegt im Trend. Den indischen Bharat-Benz gibt es dagegen schon von Geburt an nur mit verhältnismäßig kleinen Motoren. Im Falle des rustikal-robust konstruierten Fünfachsers ist es der nur 6,4 Liter große OM 906, der mit 238 PS Spitzenleistung der anspruchsvollen Aufgabe nachkommt, bis zu 37 Tonnen fortzubewegen.

Um es vorwegzunehmen: Der kleine Sechszylinder erledigt diese Aufgabe überraschend souverän. Sortiert man die acht Gänge an der knochig-harten Schaltung in vorausschauender Weise, kommt man trotz maximal 850 Nm Drehmoment sogar flott voran. Wobei die Wendigkeit des 11,4 Meter langen Fünfachsers zumindest in Innenstädten an Grenzen stößt. Die dritte Vorlaufachse liftet der BharatBenz beladungsabhängig selbsttätig pneumatisch, um weniger Rollwiderstand zu bieten. Alle anderen Funktionen am Stolz der indischen Lkw-Fabrikation sind zweckorientiert, praktisch und mit möglichst wenig Elektronik auf Servicefreundlichkeit ausgelegt. Was aber nicht bedeutet, dass es am Steuer des langen Inders ungemütlich wäre. Hier sorgen Holzeinlagen in dem vom vergangenen Actros MP3 inspirierten Armaturenträger für heimelige Atmosphäre.

Im direkten Vergleich ist Bharat-Benz das ausgewogenere Fahrzeug

Verglichen mit den fahrbaren Marterinstrumenten vergangener Lkw-Jahre in Indien beherrscht die Blattfederung an vier Achsen den Spagat zwischen Leerfahrtkomfort und maximaler Belastbarkeit. Dabei schont sich der Bharat-Benz wenig: 37 Tonnen darf er wiegen, in der Praxis dürften es oft noch einige Tönnchen extra sein. Wobei der grundsolide Stahlpritschenaufbau mit nur klappbarer Heckbordwand und darauf montierten Aufstiegsleiterchen klarmacht: Schneller Ladungsaustausch scheint in Indien zugunsten billiger Handarbeit noch im Hintertreffen zu sein.

Am Bharat-Benz mag das nicht liegen. Er erweist sich für die Verhältnisse auf dem Subkontinent als erstaunlich fahrdynamisch, Lenkung und Bremsen arbeiten tadellos, das kompakte Fahrerhaus ist akzeptabel ausstaffiert. Man wagt es kaum zu denken, aber im direkten Vergleich zum Western Star erscheint er als das ausgewogenere Fahrzeug. Ein bisschen Lob für den indischen Gast kann nicht schaden, denn sein langes Fahrzeugleben wird von harter Arbeit geprägt sein.

Foton Auman EST - rundum moderner Fernverkehrs-Lkw

Die Chinesen meinen es ernst. Nach jahrzehntelangem Marsch auf dem chinesischen Binnenmarkt orientieren sich die großen Hersteller nun am westlichen Standard. Jüngstes Kind der Liaison zwischen Daimler und Foton ist der Auman EST (Energy Super Truck) – ein rundum moderner Fernverkehrs-Lkw, der als Erster den Schritt nach Europa wagen könnte. Auch wenn das Diesel-Herz des Mercedes-OM-457-Reihensechszylinders unter der selbst entwickelten Foton-Großraumkabine nur mit Euro 5 schlägt – die Stoßrichtung des chinesischen Foton-Konzerns ist deutlich sichtbar. Foton will schnell zu europäischem Niveau aufschließen.

Der Auman EST hat das Zeug dazu. Sicherheits- und Assistenzsysteme entsprechen den europäischen Vorgaben. Das ZF-Traxon-Getriebe am Ausgang des 430 PS starken Sechszylinders gehört zur Top-Ausstattung der schweren Klasse. Scheibenbremsen rundum, Retarder, Regelsysteme und Achsen stammen ebenfalls von renommierten Herstellern. Gegenüber dem Vorgänger GTL, der auf substanzielle Dinge wie Antriebskraftregelung oder ABS verzichtete, ist Foton nun ein gewaltiger Schritt nach vorn gelungen. Die technische Offensive wird im vom Actros MP 3 inspirierten Auman-Cockpit direkt erfahrbar.

Kuftgefedertes Großraum-Fahrerhaus für Zweimannbesatzung

Der Daimler-Reihenmotor lässt den Auman mittels der zwölf automatisch sortierten Fahrstufen der ZF-Box behände auf Tempo kommen. An Federung und Bremsfeinfühligkeit gibt es nichts zu bemängeln. Unkonventionell: Das luftgefederte Großraum-Fahrerhaus für Zweimannbesatzung weist an der Kabinenrückwand ein Rückfenster und ein angedeutetes Schwalbennest für mehr Schlafbreite auf. Was dem Serienanläufer des neuen Topmodells noch fehlt, ist eine bessere Materialanmutung im Innenraum.

Auch optisch macht der Auman EST aus seinen europäischen Ambitionen keinen Hehl. Die Fahrerhaus-Eigenkonstruktion verquickt elegant Stilelemente des Actros Classic mit der aktuellen Frontpartie des deutschen Vorbilds. Denn dessen Qualität ist erklärtes Ziel der chinesischen Produktoffensive, die über kurz oder lang wohl auch Europa als Absatzmarkt anvisiert.

Fuso eCanter - ab nächstem Jahr vollelektrisch zu haben

Schon ab nächstem Jahr soll die dritte Generation des vollelektrisch angetriebenen Fuso eCanter zu haben sein. Eine Kleinserie des Spezialisten für die letzte Meile – und auch etwas mehr. Je nach Einsatz lässt sich bei diesem Fahrzeug der Energiespeicher in Ausbaustufen mit drei bis sechs Batteriepacks à 14 Kilowattstunden (kWh) spezifizieren, um den bestmöglichen Kompromiss aus Kapazität, Kosten und Nutzlast zu finden. Das Premierenfahrzeug, das uns für die Ausfahrt zur Verfügung stand, verfügt über ein Lithium-Ionen-Batteriepaket mit 70 kWh Kapazität, eine Reichweite von um die 100 Kilometer soll damit möglich sein. Neu ist auch der Permanent-Synchron-Elektromotor mit 185 kW Leistung und einem maximalen Drehmoment von 380 Newtonmetern. Das reicht locker für Anwendungen, die ein Leicht-Lkw zu bewältigen hat.

Die Leistung wird über ein Eingang-Getriebe an die Hinterachse übertragen. Erwartungsgemäß behände setzt sich der eCanter in leichten Galopp. Der Fahrer muss nur das Fahrpedal betätigen und den Verkehr beobachten. Das unaufgebaute Fahrgestell mit 7,49 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht verfügt über eine Tragfähigkeit von 4,63 Tonnen. In Verbindung mit einem üblichen Leichtbau-Koffer bleibt also genügend Nutzlast übrig – selbst bei hoher Batterienkapazität. Stellt sich nur die Frage nach einer Ladebordwand.

Mercedes Accelo - Leichtlastwagen aus Brasilien

Wenn ein Teilnehmer des Test-Septetts den Preis für die beste Laune verdient hätte, es wäre der Mercedes Accelo. Der Leichtlastwagen aus Brasilien geht mit einer Lebensfreude ans Tagwerk, die ansteckend ist. Wie ein junger Hund wieselt der Südamerikaner über die Teststrecke. Motor, Getriebe und Fahrwerk verlangen förmlich nach vollem Einsatz an der Zustellfront. Die Rezeptur für die Dynamik besteht aus dem bewährten Atego-Triebwerk namens OM 924, das muntere 156 PS an die Hinterachse schickt.

Mit 4,8 Liter Hubraum straft der lauthals nagelnde Motor jedem Downsizing-Gedanken Lügen, dankt die Großzügigkeit seinem Fahrer aber mit elastischem Charakter, der aus dem Accelo einen kleinen Flügelflitzer macht. Das von Hand geschaltete Fünfganggetriebe verdaut so auch mal einen Gang-sprung oder spätes Herunterschalten. Die Schaltbox verlangt nach ein wenig mehr Nachdruck als die des Konzernvetters Canter, mit dem der Accelo in der großen Daimler-Welt aufgrund Gewicht und Größe am ehesten zu vergleichen ist.

Kompakten Ausmaße mit ausgezeichneten Nutzlastwerten

Beide sehen sich – trotz unterschiedlichem Grundfahrerhaus – ähnlich. Beim Leichtlaster aus São Paulo ist es eine ehemalige Unimog-Kabine, die drei recht komfortable Sitze und das nicht unelegant geschwungen Armaturenbrett beherbergt. Als wesentliches Unterscheidungsmerkmal zum Canter macht sich das Fahrwerk bemerkbar. Hier kommt das breitere Chassis vom Atego zum Einsatz, das sich über Blattfedern vorne und hinten an den Achsen abstützt. Das Fahrverhalten des Accelo liegt damit eine Klasse über dem des schmalspurigeren Canter.

Die Serienausstattung mit wartungsfreundlichen Trommelbremsen ist dem raueren südamerikanischen Einsatz geschuldet. Im Fahrtest spürt man in puncto Verzögerungsleistung jedoch keine Defizite. Was den Accelo aus deutscher Sicht hochattraktiv erscheinen lässt, sind seine kompakten Ausmaße, die in Brasilien im Leicht-Lkw-Format vorgeschrieben sind. Im Verbund damit bietet der kompakte Mercedes ausgezeichnete Nutzlastwerte, die ihn hierzulande als veritablen Herausforderer des Iveco Daily qualifizieren würden. Doch daran ist nicht zu denken. Der Atego sitzt als 7,5 Tonner fest im Sattel, darunter soll der Canter das Feld bestellen. Schade also, dass der Accelo in unseren Breiten wohl nur zur IAA ein Gast ist.

Fuso TV - soll die landestypischen Überladungen schultern

Dieser Japaner ist eigentlich gar keiner. Der Fuso TV wird im indischen Werk Oragadam speziell für den harten Einsatz in der Dritten Welt auf Kiel gelegt. Dort soll er die landestypischen Überladungen bis zu einem Gesamtzuggewicht von 100 Tonnen – und womöglich noch mehr – schultern. Das ist nur ein Grund, warum das im August 2016 vorgestellte jüngste Mitglied in der Fuso-Familie sicher nie einen Schönheitspreis gewinnen wird.

Die schmale Kabine mit dem freundlich grinsenden Kühlergrill ist vom Bharat-Benz bekannt. Unter der Axor-Tür quellen dicke Kotflügelrundungen hervor, um die riesigen 24-Zoll-Traktionsreifen abzudecken. Müßig zu erwähnen, dass der vierstufige, enge Aufstieg in die schmale Hütte zu einer echten Kletterübung ausartet. Dafür überrascht das Interieur der kompakten Hochdachkabine mit einem Hauch von Luxus, der sich über das geschwungene Armaturenbrett im Actros-Design legt.

Fuso TV für harte Strecken mit Offroad-Anteil konizpiert

Ledergestühl, ein Ledervolant und abgesteppte Auflagematten veredeln den Arbeitsplatz. Wie hier allerdings zwei Menschen, so wie es die Liegenanordnung vorgibt, würdevoll nächtigen sollen, bleibt ein asiatisches Mysterium. Spannend ist zudem, wie unterschiedlich der Charakter eines Basismotors in verschiedenen Fahrzeugen interpretiert wird. Der im Foton so gezähmte Reihensechszylinder meldet sich im Fuso beim Starten mit einem Grollen, das unvermittelt an Godzilla erinnert. Ähnlich ungelenk wie die Donnerechse gibt sich der Fuso TV auf dem Testparcours.

Die Vierblattfederung an der Vorderachse dämpft nur rudimentär, das luftgefederte Doppelachsaggregat an der Hinterhand wartet ebenso auf reichlich Beladung, bevor es zu federn gedenkt. Auch die Lenkanlage macht aus ihrem Faible für höhere Lasten keinen Hehl. Unbeladen geriert sich der hochbeinige Exil-Japaner nur bockig. Denn für harte Strecken mit Offroad-Anteil ist der Fuso TV gedacht. Luftansaugtrakt und Auspuff sind nach oben verlegt und nehmen so Wasserdurchfahrten jeden Schrecken; der überdimensionierte Rahmen bietet üppige Lastreserven. So verlässt dieser Güter-Godzilla die Hightech-Welt Deutschland mit einem grimmigen Motorgrummeln, um sich den wahrhaft schweren Prüfungen zu stellen.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
LAO 12 2016 Titel
lastauto omnibus 12 / 2016
21. November 2016
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