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Ausbildung vernetzt Biete Hightech-Arbeitsplatz, suche Azubi

Symposium Berufskraftfahrerausbildung Foto: Thomas Küppers 26 Bilder

Auf einem Experten-Treffen, veranstaltet von trans aktuell und FERNFAHRER, diskutieren Verbandschefs über den Engpass bei Lkw-Fahrern. Das Problem lässt sich nur gemeinsam lösen.

Mit 3.254 jungen Menschen haben Speditionen 2012 einen Ausbildungsvertrag zum Berufskraftfahrer abgeschlossen – gerade mal sechs mehr als 2011. Nicht schlecht, aber auch nicht gut. Jeder Spediteur weiß mittlerweile, was auf die Branche zukommt: Die Schere zwischen fehlendem Nachwuchs und den Fahrern, die in den nächsten 20 Jahren in Rente gehen, klafft bald weit auseinander. Wer jetzt nicht vorbeugt, muss womöglich seine Lkw aus Mangel an Fahrern auf dem Hof stehen lassen – oder gemeinsam mit anderen Betrieben an einem Strang ziehen. Denn dahin geht die Reise, jedenfalls für mittelständische Betriebe. Ausbildungsinitiative heißt das Zauberwort, dass schon in vielen Regionen gelebte Praxis ist.

Nachwuchsmangel in der Transport- und Logistikbranche

Doch vor der Suche nach Lösungen steht zunächst die Ursachenforschung. Beim "Gedankenaustausch zur Förderung der Berufskraftfahrer" machten sich vier Podiumsteilnehmer an die Arbeit. Mit dabei waren Dierk Hochgesang, Geschäftsführer des AMÖ, Mathias Krage, Geschäftsführer Krage Spedition und Präsident des DSLV, Lüder Meyer, Leiter Transportmanagement Günter Badenhop Fleischwerke und Vizepräsident des BWVL, sowie Hans-Dieter Otto, Geschäftsführer Otto Spedition und Vizepräsident des BGL.

Warum finden so wenige Jugendliche den Weg in die Transportbranche, um eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer zu machen, fragte Moderator und trans aktuell-Redakteur Matthias Rathmann zu Beginn in die Runde? "Wir sind in unseren Schulen nicht ausreichend präsent", antwortet Krage. Ein Drittel seiner Azubis beginnen ihre Laufbahn mit einem Praktikum vor der eigentlichen Ausbildung. Dabei schnuppern sie in die Branche rein und merken schnell, ob sie mit den teils schwierigen Bedingungen im Fahrerjob klar kommen. Doch Krage bleibt vorsichtig optimistisch: "Die Ausbildungszahlen lassen die Hoffnung keimen, dass wir auf einem guten Weg sind."

Ausbildungsinitiative "Deine Zukunft EU"

In einer Ausbildungsinitiative hat Spediteur Hans-Dieter Otto seine Lösung für den Fahrermangel gefunden. "Deine Zukunft EU" heißt das Internetportal, das interessierten jungen Menschen den Weg in die Verkehrs- und Logistikbranche weisen soll. Dabei hat Otto das Berufsbildungszentrum für den Straßenverkehr Nordhausen und die Bundesagentur für Arbeit als Initiatoren gewinnen können, sowie weitere Partner. Die Initiative organisierte eine Ausbildungsmesse mit 1.000 Besuchern, klapperte rund 150 Schulen ab und bot den jungen Menschen einen Probearbeitstag in der Spedition an.

Bundeseinheitliches Netz zur Vermarktung

Doch das reicht Otto nicht:"Wir brauchen ein bundeseinheitliches Netz zur Vermarktung", fordert er die Branche auf. Neben dem demografischen Wandel macht dem Spediteur aus Sachsen-Anhalt die hohe Abbrecherquote Sorgen – von 50 Prozent im zweiten Lehrjahr ist die Rede. Die 16-jährigen Berufsstarter bräuchten eine Perspektive, fordert Otto. Dazu gehöre etwa das begleitende Fahren. "Wer eineinhalb Jahre lang nicht selbst Fahren darf, verliert die Lust", lautet seine Erfahrung.

Schlechtes Image macht Sorgen

Anlass zur Sorge macht ihm auch das schlechte Image der Branche: "Wir müssen was tun, um das Berufsbild voranzubringen", fordert er. Denn: "Wir haben alle keine Kraftfahrer."
Ein weiteres Problem brachte Hochgesang in Spiel: "Körperliche Arbeit ist nicht cool", vermutet er mit als Ursache – ein Problem, dass die Möbellogistik in besonderem Maß betrifft. Hinzu kommen lange und schwierige Arbeitszeiten, Hektik, Stress an der Rampe, schlechte Bezahlung und mehr. Bei der Berufswahl entscheiden auch die soziale Peergroup, die Eltern, der Freund oder die Freundin mit.

Berufswunsch Kraftfahrer?

Und mal Hand aufs Herz: "Wer würde seinem Sohn oder seiner Tochter empfehlen, Kraftfahrer zu werden", kam die prompte Frage aus dem Plenum. Unter den wenigen zaghaften Meldungen war nur eine energische – von Unternehmer Krage, Vater von drei Söhnen.

Logistik in allen Facetten zeigen

"Wir müssen das Thema Logistik in all seien Facetten zeigen, und als wichtige Leistung für die Menschen darstellen", forderte Hochgesang die Unternehmer im Saal der Dekra Zentrale in Stuttgart auf. Dabei müsse man sich auch vom Image des netten Brummifahrers lösen: "Der ist nicht cool."

"Jeder muss von seinem Gehalt leben können", ist Meyers Überzeugung. Der Prokurist war nicht alleine mit seiner Forderung nach einem Umdenken in der Branche und in der Gesellschaft. "Wer im Laden nur billig kauft, muss sich nicht wundern, wenn die Verkäuferin am Ende nichts verdient", beklagte auch Podiumskollege Otto.

Handel muss bereit sein, Dienstleister vernünftig zu bezahlen

Dasselbe gelte für den Transport. Die großen Handelsketten und die Automobilhersteller, um zwei Beispiele zu nennen, müssten auch bereit sein, ihre Dienstleister vernünftig zu bezahlen. Geiz ist eben nicht geil, wenn am Ende keiner auf seine Kosten kommt. "Hin und wieder müssen wir Ross und Reiter nennen – denn das tut uns weh", forderte auch ein Zuhörer.

Lüder Meyer ist überzeugt davon, dass Jugendliche die Vorteile des Berufskraftfahrer-Lebens für sich entdecken werden. Doch die Branche müsse dafür arbeiten. "Der Lkw ist ein sehr interessantes Hightech-Fahrzeug – damit sollten wir werben", sagt Meyer. Doch die Arbeitsbedingungen müssten eben auch stimmen: ausreichend Freizeit, Freunde treffen, Zeit mit der Familie, ein attraktiver Arbeitsplatz und ein guter Lohn gehörten dazu. Wer es schaffe, selbst auszubilden, werde dafür belohnt, so Meyer: "Unsere Dispo fordert immer, wir sollen mehr ausbilden, denn das sind unsere besten Fahrer, die es von der Pike auf lernen."

Zahl der Ausbildungsbetriebe muss steigen

Die Zahl der Ausbildungsbetriebe muss steigen, fordert BGL-Vize Otto. Transport sei die Grundlage für Wohlstand in einer Gesellschaft. Die Gleichung ist einfach: ohne Kraftfahrer kein Transport und kein Wirtschaftswachstum. Doch damit man junge Menschen für den Beruf begeistern kann, müssen zwei Dinge stimmen: "Ein Kraftfahrer muss stolz auf seine Arbeit sein können. Und Fahrer sein muss Spaß machen", folgert Otto. Unterstützung kommt von Hochgesang. "Die Ausbildung in Betrieben muss mit der nötigen Wertigkeit und Verantwortung umgesetzt werden", sagt der AMÖ-Geschäftsführer. Die Qualität in der Ausbildung müsse einfach stimmen. Das geht besser und leichter im Verbund – und wenn Ausbildung tatsächlich zur Chefsache wird.

Die Verbände:

AMÖ - Bundesverbands Möbelspedition und Logistik

DSLV - Deutscher Speditions- und Logistikverband

BWVL - Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik

BGL - Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung

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