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Alpentransit in der Schweiz stockt SBB Cargo drosselt Bauarbeiten

SBB Cargo Foto: SBB

Das internationale Cargo-Geschäft der Schweizer SBB brummt. Der Transitverkehr mit Ganzzügen durch die Schweiz ist im ersten Halbjahr 2017 um sechs Prozent angestiegen, sagte SBB-Chef Andreas Meyer. Um der Nachfrage gerecht zu werden, sollen jetzt Bauarbeiten auf der Nord-Süd-Achse eingeschränkt werden. In Zusammenarbeit mit den Bahnen in Deutschland und Italien will man auch die langen Wartezeiten an den Grenzen in den Griff bekommen.

"Es läuft gut, die Erwartungen werden erfüllt, teilweise sogar übertroffen", sagt Meyer acht Monate nach der Öffnung des Gotthard-Basistunnels. Seitdem haben rund 17.000 Güterzüge den Tunnel durchquert, die Steigerung sei in Anbetracht der riesigen Ausbauarbeiten auf der Nord-Süde-Achse beträchtlich, betont der SBB-Chef. Aber die Produktivität kann noch verbessert werden.

So stehen die Güterzüge bei internationalen Zuläufen zu lange still: In Basel rund 90 statt 50 Minuten und in Chiasso rund 110 statt 95 Minuten. "Das ist eines der drängenden Handlungsfelder, das die SBB noch vor der Eröffnung des Ceneri-Basistunnels in Zusammenarbeit mit den Nachbarbahnen lösen will", sagt Meyer. Eine bedeutende Effizienzsteigerung könne durch eine korridorweite Koordination der Baustellen und Gestaltung der Fahrpläne erreicht werden.

Ein Problem ist die im Juni angelaufene sechsmonatige Vollsperrung der Strecke zwischen Luino und Novara für den internationalen Güterverkehr. Zwar werden rund 160 Züge in Absprache mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) über die Lötschbergachse umgeleitet, "aber die Transportnachfrage entwickelt sich viel besser, als es von den Cargo-EVU erwartet wurde", erläutert der SBB-Chef. Bei der hohen Auslastung führe jede Störung im Betriebsablauf zu Rückständen, die nicht mehr zeitgerecht aufgeholt werden könnten. 

Entspannung soll es ab September geben

Damit die EVU keine Kunden an die Straße verlieren, sollen Maßnahmen  einer SBB-Taskforce die Lage ab September spürbar entspannen. So verzichten Schweizer und Italiener in einzelnen Nächten auf Bauarbeiten, damit eine genügend hohe Anzahl Züge ungehindert über Chiasso verkehren kann. Gleichzeitig verschiebt die SBB geplante Umbauarbeiten in Chiasso auf später, zudem werde laufend geprüft, ob die Bauarbeiten auf dem Korridor noch weiter eingeschränkt werden müssen. Betont wird die gute Zusammenarbeit mit der italienischen Seite. Bei Deutschland ist man inzwischen etwas skeptisch geworden. So wiederholt Meyer eine bereits von verschiedenen Seiten erhobene Forderung: "750-Meter-Züge müssen auf der ganzen Achse – auch in Deutschland – realisiert werden können", sagt er. "Gebaut wird jetzt genug."

Kosten senken durch Automatisierung

Während die Nachfrage bei internationalen Verkehren groß ist, schwächelt das Schweizer Cargo-Geschäft der SBB. Hierfür wird die Deindustrialisierung des Landes verantwortlich gemacht, die sich auf den gesamten Logistikmarkt auswirke. Im Wagenladungsverkehr hat das Unternehmen einen Umsatzrückgang von 2,5 Prozent verzeichnet. Die SBB will sich jetzt auf Kunden mit Marktwachstum, wie den Einzelhandel, konzentrieren.  Mithilfe von Automatisierung und Digitalisierung sollen zudem die Kosten gesenkt werden. Zur Produktivitätssteigerung trage auch das Zugsicherungssystem ETCS bei, das es ermögliche, dass sich die Züge in nur dreiminütigem Abstand folgen.

Zahlen zum Alpentransit

  • Bislang sind 17.000 Güterzüge durch den Gotthard-Basistunnel gefahren, die im Schnitt rund 1.080 Tonnen schwer und 434 Meter lang waren. Die Kapazität ist bei Weitem nicht ausgeschöpft: Bei derzeit 170 befahrbaren Gütertrassen fahren pro Tag durchschnittlich 80 Güterzüge durch den Tunnel. 
  • Nach der Eröffnung des Ceneri-Basistunnel Ende 2020 und der Fertigstellung des 4-Meter-Korridors können 750 Meter lange Züge über die Flachbahn fahren und mit maximal 2.000 Tonnen statt wie bisher mit 1.600 Tonnen beladen werden. Die Kapazität wird von 210 auf 260 Trassen erhöht.

Projekte von SBB Cargo

  • Asset Intelligence macht das Rollmaterial intelligent. Die Wagen sind mit GPS ausgerüstet und können über Sensoren Angaben zu Beladung und Temperatur liefern. Außerdem wird die präventive Instandhaltung unterstützt. Bei unvorhergesehenen Ereignissen, so wenn unterwegs die Tür geöffnet wird, schlägt der Wagen Alarm. Derzeit sind 150 Einheiten mit Temperaturüberwachung und Verwiegetechnik unterwegs.
  • Wayside Intelligence stattet Rangierbahnhöfe mit Kameras aus, um die Fahrzeuge zu kontrollieren. In einem zweiten Schritt werden auch entlang der Strecke Kameras installiert, um Schäden und Pannen zu erkennen. Künftig sollen Sensorik und Kameras alle sicherheitsrelevanten Daten erfassen und den Schienengüterverkehr ständig überwachen.
  • Effizientes Rangieren und Zugbildung industrialisiert den Rangierbetrieb. Um die alltäglichen Prozesse auf der letzten Meile zu vereinfachen und effizienter zu werden, beschäftigt sich die SBB intensiv mit der Entwicklung von automatischer Kupplung und automatischer Bremsprobe. Auch Zugkontrollen und -abfertigungen könnten künftig elektronisch erfolgen. Zusätzlich werden verschiedene Aufbauten und der Leichtbau für Tragwagen weiterentwickelt.
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