Adblue-Emulatoren Gezielte Suche

Foto: Jan Bergrath

BAG und Polizei suchen an der A 3 nach Adblue-Emulatoren in Lkw.

Manipulieren Flottenbetreiber aus Osteuropa in großem Stil mit Emulatoren die Adblue-Anlagen von Lkw? Nach einem Bericht des ZDF sollen rund 20 Prozent aller Lkw aus diesen Ländern auf deutschen Autobahnen derart verändert sein. Laut dem Verband Camion Pro, Mitauftraggeber eines Gut­achtens der Uni Heidelberg, sollen es sogar bis zu 40 Prozent sein. Das wäre dann nahezu jeder zweite Lkw aus Osteuropa.

Grund für diese Aussagen sind Messungen im Fahrbetrieb von Lkw, über die ­FERNFAHRER bereits in Ausgabe 3 berichtet hat. Jedoch handelt es sich bei diesen Messungen laut Studie um Indikatoren, also Hinweise auf ­mögliche Manipulationen, aber keine gerichtsfesten Beweise. Denn keiner der auffälligen Lkw wurde von BAG oder Polizei angehalten und darauf kontrolliert, ob er tatsächlich manipuliert ist. Auf die Frage von FERNFAHRER, warum nicht die Polizei oder das BAG zu den NOx-Messungen hinzugezogen wurde, erklärt Andreas Mossyrsch, Vorstand von Camion Pro: "Ich hätte gerne Messungen mit Polizeibegleitung durchgeführt. Aufgrund der Rechtslage und mangelnder Kenntnisse bei der Polizei war das nicht machbar. Die Beamten müssten die Lkw stoppen, sich an der Fahrzeugelektronik zu schaffen machen und dabei massiv in Grundrechte eingreifen – und das für einen Tatbestand, der polizeilich nicht bekannt ist." Das komplette Interview mit Andres Mossyrsch zum Thema finden Sie hier.

Polizei hat das nötige Know-How

Diese Aussage verblüfft Hans-Jürgen Kaiser, Leiter der Kontrolleinheit 05 des BAG. Kaiser war der BAG-Oberkontrolleur, den das TV-Team vom ZDF bei einer Schwerverkehrkontrolle begleitet hatte. "Sowohl BAG als auch Polizei verfügen über bestens ausgebildete Kfz-Techniker in ihren Kontrolltrupps, die sich insbesondere mit der Lkw-Elektronik auskennen. Das stellen sie immer wieder bei den hochkomplexen Kontrollen auf technische Manipulationen am digitalen Tacho unter Beweis." Allerdings sei man tatsächlich an geltendes Recht und an das Gebot der Verhältnismäßigkeit gebunden. "Was wir nicht dürfen, so wie es laut ZDF die polnischen Kontrollbehörden praktizieren, ist, den Fahrer dazu anhalten, die Leitung eines gefundenen Emulators zu kappen und damit den Lkw in Notlauffunktion als Verkehrshindernis wieder auf die Straße schicken."

Wie das BAG in Zusammenarbeit mit dem Schwerlast-Kontrolltrupp der Polizei Koblenz rechtmäßig agiert, zeigt sich bei einer Kontrolle an der A 3 auf der Raststätte Heiligenroth, die FERNFAHRER begleitet hat. Sie prüfen 13 Lkw aus Osteuropa im Rahmen einer Schwerlastkontrolle gezielt auf Manipulation der Adblue-Anlage. Zwölf davon geben keinen Anlass zu Verdacht. Ein Lkw aus Bulgarien hat einen fast vollen Adblue-Tank, keine Tankbelege, aber eine Tankanzeige, die auf leer steht. Das ist ein hinreichender Verdacht. 

Falscher Alarm

Gut 1,5 Stunden durchsuchen die Beamten den Lkw, öffnen jede Klappe. Aber sie finden nichts. Schließlich bringen sie den Lkw zu einem Volvo-Servicebetrieb nach Limburg. Der Mechatroniker dort kann auch über das Diagnosegerät keinen Fehler auslesen. Nach weiteren 1,5 Stunden findet er dennoch den Fehler in dem Volvo mit rund 600.000 Kilometer Laufleistung: Das Stromkabel für die Adblue-Anlage war oxidiert und ist daraufhin gebrochen. Ob der Fahrer das gelbe Warnlämpchen ignoriert hat, lässt sich auf Grund von Sprachproblemen nicht klären. Er gibt jedoch an, dass der Euro-5-Lkw auch ohne Adblue problemlos gefahren sei. In der Werkstatt wird daraufhin das Kabel erneuert.

Fallzahlen im einstelligen Bereich

Seit Mitte Januar legen Polizei und BAG Fokus auf Betrug mit Adblue-Emulatoren. Bislang entdeckt wurden ein Euro-5-DAF mit polnischer Zulassung sowie ein älterer türkischer Lkw. Kurz vor Redaktionsschluss antwortete das Schwerverkehrszentrum der Kantonspolizei Uri, Schweiz, auf Anfrage von FERNFAHRER: Im Rahmen von intensiven Kontrollen haben wir insgesamt 630 Lkw auf Adblue-Emulatoren geprüft und acht betroffene Fahrzeuge gefunden. "Das sind die Fakten!", kommentiert Stefan Simmen, Abteilungsleiter des Schwerverkehrszentrums.

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