Achtung Kontrolle Eine Sendung als Auszeichnung

Kamerateam filmt Lkw Foto: Bergrath, Janus TV, Rathmann 6 Bilder

Nach Kritiken von Fahrern an der Sendung "Achtung Kontrolle" schaut sich das Bundesamt für Güterverkehr die Beiträge vor der Ausstrahlung an.


 

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das ist eine gerade in Deutschland sehr beliebte Redewendung. Sie meint, dass man sich nur auf das verlassen soll, was man nachgeprüft hat. Im Zuge der Eurokrise kam beispielsweise heraus, dass die EU gar nicht nachgeprüft hat, welche massiv geschönten Zahlen über ihren maroden Staatshaushalt die griechischen Politiker vor dem Beitritt zur Euro-Währungsgemeinschaft nach Brüssel übermittelt haben – und schon war wieder ein Vorurteil bestärkt.

Im Süden nimmt man es mit den Kontrollen im Großen und Ganzen nicht so genau wie im Norden, insbesondere in Deutschland, was sicher auch damit zusammenhängt, dass uns im 19. Jahrhundert ein riesiges Heer preußischer Staatsbeamten schikanierte. Die deutsche Seele liebt die Kontrolle. Anders ist es wohl nicht zu erklären, dass die Sendung "Achtung Kontrolle – Einsatz für die Ordnungshüter" bereits seit dem 2. Juni 2008 von Montag bis Samstag auf Kabel eins läuft. "In 2012 werden wir unsere 1.000. Sendung ausstrahlen", schreibt stolz Dr. Christian Rupprecht, Redaktionsleiter der Produktionsfirma, Janus TV, aus Ismaning bei München auf Nachfrage.

LKW-Kontrollen ziehen Zuschauer magisch an

"Besonders Lkw-Kontrollen schauen unsere Zuschauer gerne. Das ist ersichtlich an den guten Quoten, die zwischen sechs und acht Prozent liegen. Hauptsächlich werden wir dabei von Männern im Alter von 30 bis 49 Jahren angeschaut, aber auch Frauen machen einen bedeutsamen Teil der Quote aus." Unzählige Lkw-Fahrer haben sich im Laufe der Zeit über einzelne Folgen beschwert, weil sie ihrer Meinung nach das Berufsbild falsch darstellen und damit das leider negative Image in der Öffentlichkeit weiter verbreiten. Dabei sprechen die Kontrollzahlen des Bundesamts für Güterverkehr, BAG, eine deutliche Sprache. Jeder fünfte Lkw wird beanstandet.

Ein Verstoß gegen die Lenk- und Ruhezeiten lässt sich filmisch allerdings schwer darstellen und so folgt das dreiköpfige TV-Team meist den BAG-Kontrolleuren, die einen Lkw einer technischen Kontrolle unterziehen oder die korrekte Ladungssicherung überprüfen. Wo etwas tropft oder vom Auflieger zu fallen droht, scheint Gefahr im Verzug. Davor haben die Zuschauer Angst, weil sie ja die nächsten sein könnten, denen eine Kiste Bier vors Auto fliegt. Wer mitunter im Verkehrsfunk hört, was bisweilen alles so auf deutschen Autobahnen verloren geht, kann die Sorge durchaus nachvollziehen.

Die Zuschauer suchen nach Sensationen

Im Januar 2011 setzten sich deshalb Andreas Marquard, seit drei Jahren Präsident des BAG, sein Pressesprecher Horst Roitsch sowie die Produktionsleitung von Janus TV zusammen, um gemeinsam zu überlegen, wie eine konstruktive Zusammenarbeit aussehen könnte. "Wir haben zuvor im BAG lange diskutiert, ob wir solche Sendeformate überhaupt unterstützen", erklärt Marquard. "Denn es hat in der Vergangenheit durchaus negative Erfahrungen gegeben, die dazu geführt haben, dass wir die Zusammenarbeit mit Janus TV eigentlich einstellen wollten. Auf der anderen Seite gibt es viele BAG-Kontrollen, die auch eine Art Auszeichnung für die betroffenen Fahrer sind.

Warum, haben wir uns gefragt, sollte man das der Bevölkerung nicht auch einmal zeigen." So formulierte das BAG zunächst den Wunsch, dass auch Kontrollen, bei denen es keinerlei Beanstandungen gibt, den Weg in die Sendung fi nden. Offenbar mit Erfolg, wie Roitsch bestätigt. "Seit unserem Gespräch entstanden sechs neue Folgen mit jeweils zwei Lkw-Kontrollen. Bei drei Folgen hatten unsere Kontrolleure absolut nichts zu bemängeln. Das ist eine gute Quote. Denn das Problem für dieses Format ist, dass die Zuschauer auch ein wenig nach Sensationen suchen."

Das BAG kontrolliert jede Folge

Das BAG hat 240 Kontrolleure im sogenannten "Klassik-Bereich" – im Gegensatz zu den Maut-Kontrolleuren. Sie sind bundesweit auf acht Außenstellen verteilt, darunter bevorzugt Mitarbeiter mit durchaus natürlicher Autorität, gesundem Menschenverstand und sicherem Auftreten vor der Kamera. Roitsch ist dabei der direkte Ansprechpartner von Janus TV. Er vermittelt die Beamten, die sich freiwillig für die Mitarbeit an einem Dreh bereit erklären. Dazu Marquard: "Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Kontrolleure mit Umgangsformen auftreten, die allgemein anerkannt sind. Wir wollen keine Rambos, sondern Kontrolleure, die auch den Fahrer und ihren schwierigen Job akzeptieren und versuchen, in Ruhe mit ihm zusammen die Kontrollsituation zu bewältigen."

Nichts in den Filmbeiträgen ist gestellt, nichts nachgedreht. Die Fahrer werden natürlich gefragt, ob sie etwas dagegen haben. Falls ja, werden ihre Gesichter gepixelt. Unkenntlich sind auf alle Fälle Nummernschilder, Firmenlogos und Dokumente. Entscheidend aber ist die Tatsache, dass sich das BAG seither jede Folge vorher vorlegen lässt. Roitsch betrachtet sie mit Argusaugen. "Wir achten in diesem Zusammenhang nicht nur darauf, dass das Kontrollgeschehen des BAG richtig dargestellt wird, sondern auch gerade darauf, dass diese Sendung die Fahrer nicht diskriminiert. Denn das halten wir in der Tat für sehr problematisch. Bislang mussten wir allerdings noch in keiner Weise in einen Beitrag nachträglich eingreifen."

Osteuropäische Fahrzeuge trifft es besonders häufig

So zeigt auch die letzte Sendung mit einer BAG-Kontrolle im vergangenen November den neuen Stil. Das TV-Team begleitet Stefan Attermeier und Michael Dransmann von der Außenstelle Hannover. Mit geschultem Augen ziehen sie einen polnischen Tankzug heraus und unterziehen ihn einer technischen Kontrolle. Und siehe da: Bremsen defekt, Palmöl tropft aus einem Leck, eine genaue Untersuchung beim nächsten Dekra- Stützpunkt führt dazu, dass die Weiterfahrt untersagt wird.

Es folgt ein Bußgeld für Unternehmer und Fahrer, erst als ein Werkstattteam aus Polen den Lkw wieder repariert hat, darf der Kollege die Heimfahrt antreten. Er nimmt es mit Gelassenheit. Auch der zweite Fall betrifft einen Polen, der mit einem Sattelzug Plastikabfall in großen Säcken transportiert, randvoll bis unters Dach geladen. Hier bestehen die Beamten darauf, dass der Mann die tonnenschwere Ladung mit 16 Gurten nachsichert. Eigentlich müsste er dazu Paletten auf die Ladung legen, hier tun es für die letzten 70 Kilometer Spannbretter. Alles läuft korrekt und freundlich ab.

Die Kontrolltätigkeit des BGA ist eigentlich unspektakulär

Dass es zwei Polen trifft, entspricht laut Roitsch den realen Zahlen – die Treffsicherheit ist größer. "Bei der reinen technischen Kontrolle bei einer relativ gleichen Grundmenge an kontrollierten Fahrzeugen beanstanden wir doppelt so viele osteuropäische Fahrzeuge." Es sei allerdings nicht so, dass jedes Mal nur die größten Schrottkarren aus dem Verkehr gezogen würden, auf die man nur gewartet habe, betont Marquard. "Normalerweise ist die Kontrolltätigkeit des BAG sehr unspektakulär. Dauernde Negativberichterstattung in den Medien zieht die Arbeit der Fahrer in den Schmutz.

Insgesamt denke ich, wir können dieses gesellschaftliche Bedürfnis nach solchen Sendungen kritisieren, aber wir werden es nicht abschaffen können. Ich sehe unsere Aufgabe daher darin, dass wir unser Kontrollgeschehen so unspektakulär zeigen, wie es ist. Wir suchen deshalb die Zusammenarbeit mit Janus TV sehr bewusst, weil wir denken, es würde sehr viel reißerischer, wenn das Ganze nicht in einem begleiteten Prozess passiert. Dann würde es auch mehr Schaden anrichten, als wenn wir noch einmal kurz drüberschauen und sagen, das ist so in Ordnung."


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