Der Expertenrat für Klimafragen hat in seinem aktuellen Prüfbericht festgehalten, dass der Verkehrssektor weiter die Emissionsziele verfehlt. Der Bericht des Expertenrates legt die Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2024 und die Projektionsdaten 2025 vor. Demnach sind spätestens ab 2030 deutliche Zielverfehlungen zu erwarten.
In dem Bericht bestätigt das unabhängige Gremium nach eigenen Angaben die Ergebnisse des Umweltbundesamts, wonach der Gebäudesektor sowie der Verkehrssektor im Jahr 2024 zum wiederholten Male die vorgegebenen Jahresemissionsmengen überschreiten. In beiden Sektoren ist die Überschreitung höher als im Vorjahr.
Puffer von 81 Megatonne CO2-Äquivalent
Gemäß den diesjährigen Projektionsdaten würde aber das im Klimaschutzgesetz festgelegte Emissionsbudget für die Jahre 2021 bis 2030 mit einem Puffer von 81 Megatonne CO₂-Äquivalent (Mt CO₂-Äq.) eingehalten. In seiner Prüfung der Daten gelangt der Expertenrat zum Ergebnis, dass die Projektionsdaten die Emissionsmengen bis 2030 tendenziell unterschätzen. Das Maß der Unterschätzung liege demnach etwa in der Größenordnung des in den Projektionsdaten 2025 ausgewiesenen Puffers. Somit liegt keine zweite Überschreitung im Sinne von § 8 Absatz 1 KSG vor – der Auslösemechanismus zur Nachsteuerung, der ein Sofortprogramm zur Emissionssenkung vorsieht, komme also nicht zur Anwendung.
Zurücklehnen ist aber nicht möglich. „Ohne den Puffer, der sich in den Jahren 2021 bis 2024 unter anderem durch Corona und die schwache Wirtschaft aufgebaut hat, wäre bis Ende 2030 mit hoher Wahrscheinlichkeit eine deutliche Budgetüberschreitung zu erwarten gewesen“, so der Ratsvorsitzende Hans-Martin Henning, einer der insgesamt fünf Sachverständigen im Expertenrates.
Henning weiter: „Zudem werden laut Projektionsdaten die nationalen Verpflichtungen unter der europäischen Lastenteilung ab dem Jahr 2024 verfehlt. Sie weisen eine im Vergleich zum vorigen Jahr gewachsene Ziellücke bis 2030 auf. Auch das übergeordnete 65-Prozent-Ziel für das Jahr 2030 würde nicht erreicht.“
Kranker Wald kann den CO₂-Abbau aus der Atmosphäre nicht mehr leisten
Nach 2030 zeigen die Projektionsdaten dann auf eine deutliche und im Zeitverlauf zunehmende Zielverfehlung. Der Sektor Landnutzung LULUCF, der durch Abscheidung im Boden und in Wäldern zum Abbau der CO₂-Emission aus der Atmosphäre beitragen soll, wird in den Projektionsdaten gar nicht mehr als Senke von Emissionen, sondern als Emissionsquelle ausgewiesen. Dieser Trend halte bis 2045 und darüber hinaus an; Grund dafür ist der schlechte Zustand des Waldes.
Damit verbleiben laut den Projektionsdaten im Jahr 2045 ohne den Sektor LULUCF Emissionen in Höhe von 204 Mt CO₂-Äq. Wird der Sektor LULUCF einbezogen, fallen die Restemissionen sogar noch höher aus. Das übergreifende Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 würde damit sehr deutlich verfehlt.
Die neue Bundesregierung hat also noch Hausaufgaben – die Restemissionen müssen gesenkt werden, um das Klimaziel 2045 zu erreichen, im aktuellen Koalitionsvertrag sehen die Experten keinen Ansatz dazu, hier bleibe man an vielen Stellen vage.
Handlungsfeldern, die eine besondere Aufmerksamkeit im Klimaschutzprogramm verdienen, sind nach Meinung der Experten daher Maßnahmen im Verkehrs- und Gebäudesektor, die Umsetzung des 2. Europäischen Emissionshandels EU-ETS 2 sowie Maßnahmen im Sektor LULUCF und zur Umsetzung von technischen Senken.
Der Expertenrat
- Der Expertenrat für Klimafragen ist ein unabhängiges Gremium aus fünf sachverständigen Personen verschiedener Disziplinen. Er wurde im September 2020 benannt und ist beauftragt durch § 11 und § 12 Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG).
- Das Gremium besteht aus den fünf Mitgliedern Prof. Dr. Hans-Martin Henning (Vorsitzender), Dr. Brigitte Knopf (stellvertretende Vorsitzende), Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge, Prof. Dr. Thomas Heimer und Dr. Barbara Schlomann.