Was Sie bei Euro 7 wissen müssen: Branche unter Druck

Was Sie bei Euro 7 wissen müssen
Branche unter Druck

Die EU-Kommission will klima- und gesundheitsschädlichen Gasen zu Leibe rücken. Die Fahrzeugindustrie befürchtet jedoch, dass sie mit ihren Euro-7-Vorschlägen übers Ziel hinausschießt. Was geplant ist und wie sich der VDA positioniert.

Lkw-Transporte durch Dieselpreis unter Druck
Foto: Karl-Heinz Augustin, Montage: Marcus Zimmer

Noch hat das letzte Stündlein des Verbrennungsmotors nicht geschlagen. Bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen ist sein Ende absehbar, weil ab 2035 keine Fahrzeuge mit CO2-Ausstoß mehr in den Verkehr gebracht werden dürfen. Im schweren Nutzfahrzeug aber könnte er sich noch länger behaupten. In diesem Segment sollen die CO2-Emissionen nach dem Willen der EU-Kommission bis 2040 zwar um 90 Prozent sinken, aber nicht auf null gesetzt werden. Vorstellbar wäre, dass diese Vorgaben auch ein Dieselmotor erreicht, sofern Flottenbetreiber auf synthetische Kraftstoffe setzen.

Doch bis zu diesen Stichtagen vergeht noch mehr als ein Jahrzehnt. Und da Null-Emissions-Fahrzeuge noch nicht in der für eine umfassende Flottenerneuerung benötigten Stückzahl zur Verfügung stehen, wird am Dieselmotor im Güterverkehr also zunächst kein Weg vorbei führen. Die Hersteller bringt dies in das Dilemma, dass sie einerseits viel Energie in den Markthochlauf von Elektro- und Wasserstoff-Lkw stecken müssen, andererseits aber auch erhebliche Investitionen für die Entwicklung der nächsten Generation von Verbrennern mobilisieren müssen.

VDA/Dominik Butzmann
VDA-Präsidentin Hildegard Müller: „Sollte die Euro-7-Abgasnorm so in Kraft treten, können Produktionsausfälle und Angebotsengpässe die Folge sein, da in der kurzen Zeit nicht genügend Fahrzeuge mit den Voraussetzungen entwickelt und genehmigt werden können.“

Beides gleichzeitig ist eine Herausforderung, sodass die Fahrzeugindustrie Augenmaß anmahnt und die EU-Kommission davor warnt, mit ihren Vorgaben für die neue Euro-7-Norm übers Ziel hinauszuschießen. „Die von der EU-Kommission vorgeschlagene neue Euro-7-Abgasnorm setzt überzogene Ziele – die technische und zeitliche Umsetzung des aktuellen Entwurfs ist kaum erfüllbar“, kommentiert der Verband der Automobilindustrie (VDA). VDA-Präsidentin Hildegard Müller warnt vor Produktionsausfällen und Angebotsengpässen. „In der kurzen Zeit können nicht genügend Fahrzeuge mit den Voraussetzungen entwickelt und genehmigt werden“, betont sie.

Euro 7 ist ein sehr komplexes Unterfangen. Die EU-Kommission will mit der neuen Regulierung, die von 1. Juli 2027 an für Neufahrzeuge gelten soll, eine Vielzahl an Problemen lösen – sei es mit Blick auf Luftqualität und Gesundheitsschutz, auf die Lebensdauer oder die Manipulationsanfälligkeit von Fahrzeugen. Nicht zuletzt ist ihr Vorstoß vom November vorigen Jahres auch eine Reaktion auf den Dieselskandal. „Die neuen Euro-7-Emissionsnormen stellen sicher, dass Pkw, leichte Nutzfahrzeuge, Lkw und Busse unter realen Fahrbedingungen, die die Lage in Städten mit den größten Luftverschmutzungsproblemen besser widerspiegeln, wesentlich sauberer sind – und das über einen erheblich längeren Zeitraum“, teilt sie mit.

Die Fahrzeuge sollen die vorgegebenen Grenzwerte also im Realbetrieb einhalten und nicht etwa nur unter Laborbedingungen oder auf dem Prüfstand. Die EU-Kommission nennt als Beispiele Fahrten bei Temperaturen von bis zu 45 Grad oder kurze Fahrten, die für die tägliche Fahrt zur Arbeit typisch seien. Die Brüsseler Behörde differenziert in ihrem Vorstoß nicht mehr zwischen Pkw, Transportern und schweren Lkw. Denn auch das ist neu: Erstmals soll das Regelwerk für alle Fahrzeugklassen gelten und die bisherigen Emissionsvorschriften Euro 6 für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge sowie Euro VI für Lkw und Busse ersetzen. Und nicht nur das: Die Betrachtung erfolgt auch über alle Antriebsarten hinweg – also unabhängig davon, ob das Fahrzeug Benzin, Diesel oder alternative Kraftstoffe tankt beziehungsweise Strom lädt.

Regulierung auch für E-Fahrzeuge

Ein Regelwerk auch für Elektrofahrzeuge? Ja, denn auch wenn Stromer im Fahrbetrieb bei der Nutzung von Ökostrom keine CO2-Emissionen ausstoßen, so sind sie mitverantwortlich für gesundheitsschädlichen Reifen- und Bremsenabrieb. Auch ihn will die EU-Kommission in Schranken halten. Sie spricht von der weltweit ersten Emissionsnorm, die über das Regulieren der Auspuffemissionen hinausgeht. Neben den Klassikern bei den Schadstoffemissionen will der Gesetzgeber mit seiner Initiative erstmals auch zuvor nicht regulierten Gasen wie Ammoniak und Distickstoffoxid (N2O) zu Leibe rücken. N2O ist besser als Lachgas bekannt und gehört neben Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan (CH4) zu den klimaschädlichen Treibhausgasen. Wer nun denkt, das alles erfolge unkoordiniert parallel zu den Bestrebungen zur CO2-Regulierung bei schweren Nutzfahrzeugen, den belehrt die Kommission eines Besseren: „Die Vorschriften ergänzen die Vorschriften zu CO2-Emissionen“, betont sie.

Die Vorschläge der Kommission zielen auch auf Langfristigkeit und Sicherheit ab. Sie will sicherstellen, dass neu in den Verkehr gebrachte Fahrzeuge die Euro-7-Vorgaben deutlich länger einhalten, als dies bei den bisherigen Normen der Fall war. Bei Pkw und Transporter will sie prüfen, ob die Einhaltung der Vorschriften bis zu einer Fahrleistung von 200.000 Kilometern oder bis zu einem Alter von zehn Jahren garantiert werden kann. Das wäre eine Verdopplung gegenüber den Vorgaben der Euro-6-Vorschrift. Ähnliche Anpassungen strebt die Behörde für Busse und Lkw an, Details nennt sie noch nicht.

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