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Ziel zur Verkehrsverlagerung verfehlt Alternative mautfrei in der Schweiz

Foto: Hyundai

Lkw mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb könnten in der Schweiz bis 2030 von der Maut für den Straßengüterverkehr (LSVA) befreit werden. Das peilt die Regierung auch in ihrem Verlagerungsbericht an.

Ziel dabei ist es, Transportunternehmen bei der Beschaffung ihres Wagenparks Planungssicherheit zu geben. Die Verlagerung von alpenquerenden Lkw-Transporten auf die Schiene ist allerdings erneut nicht geglückt. Die gesetzlichen Vorgaben wurden um satte 30 Prozent verfehlt.

Dekarbonisierung nicht abwürgen

Für den Aufschub der LSVA bei den alternativ motorisierten Lkw gebe es noch einen weiteren Grund, sagt der Sprecher des Bundesamts für Verkehr (BAV), Michael Müller: „Man will die Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs im Interesse des Klimaschutzes nicht schon im Keim abwürgen.“ Der Keim, das sind wohl auch die Wasserstofffahrzeuge von Hyundai, von denen bislang 46 – als erste im praktischen Einsatz in Europa – auf Schweizer Straßen unterwegs sind; 100 Einheiten sollen 2022 hinzukommen. Die Schweiz ist für den koreanischen Hersteller ein Testfeld für den globalen Markt.

Hyundai-Planungen ohne LSVA

Um wirtschaftlich zu sein, war das Geschäftsmodell von Hyundai von Anbeginn so angelegt, dass die Mautzahlungen wegfallen, die in der Schweiz grundsätzlich auf allen Straßen erhoben werden. Eine mautlose Frist von acht Jahren kann den Koreanern, aber auch anderen Herstellern von alternativ angetriebenen Lkw, helfen, auf dem Markt Fuß zu fassen. Bemerkenswert ist die Stoßrichtung der Regierung dennoch. Schließlich ist die LSVA eingeführt worden, um eine Verlagerung der Güterverkehre von der Straße auf die Schiene zu fördern, jetzt kollidiert sie gewissermaßen mit der Klimapolitik.

Ein Drittel Lkw zu viel

„Wir sind noch nicht dort, wo wir sein sollten“, stellte Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga bei der Vorlage des Verlagerungsberichts fest. Die gesetzlich festgelegte Zahl von maximal 650.000 Fahrzeugen im alpenquerenden Schwerverkehr, die bis 2018 erreicht werden sollte, wurde 2020 mit 863.000 Lkw erneut weit verfehlt. Dem Verlagerungsbericht ist zu entnehmen, dass es für 2021 ähnlich aussieht: Etwa ein Drittel der Lkw müsste verschwinden.

System greift nicht mehr

Die LSVA hatte bislang einen Steuerungseffekt. Um sie zu vermeiden, sind in der Vergangenheit viele Unternehmen – auch auf kürzeren Strecken – auf den Zug umgestiegen. Gleichzeitig wurden aufgrund des finanziellen Drucks durch die Mauteinstufung nach Euro-Normen wenn möglich das jeweils neueste Lkw-Modell im Alpentransit eingesetzt. Bedeutende Verbesserungen bei den Luftschadstoffen wurden erreicht. Mit Wasserstoff und Strom aber liegt der CO2-Ausstoß direkt auf der Straße bei null, und das alte System greift nicht mehr.

Schienenanteil von 75 Prozent

Wenn alternativ angetriebene Lkw acht Jahre lang von der Maut befreit und ihre Reichweiten größer würden, wo käme da der Anreiz zur Verkehrsverlagerung her? „Dass damit die Schiene signifikant ins Hintertreffen gerät, scheint uns unwahrscheinlich“, sagt BAV-Sprecher Müller. Es sei schon viel erreicht worden, heißt es an anderer Stelle. Der Anteil der Schiene beim Transport über die Schweizer Alpen liege jetzt bei einem Höchststand von rund 75 Prozent.

Auch Binnenverkehr verlagern

Um dieses Ziel zu erreichen, war der gesellschaftliche Einsatz hoch. Der Staat hat für umgerechnet rund 22 Milliarden Euro drei neue Eisenbahn-Alpentunnel (NEAT) gebaut und einen Vier-Meter-Korridor von Basel ins Tessin realisiert, auf dem Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von vier Metern transportiert werden können. Die Regierung sieht das Verlagerungspotenzial jetzt beim Binnen-, Import- und Exportverkehr.

Trassenpreise senken

„Nur gerade 41 Prozent der registrierten Fahrten entstammen aktuell noch dem Transitverkehr“, betont die Alpen-Initiative. Entsprechend brauche es auch für Inlandstransporte der Schweizer Wirtschaft ein ambitioniertes und verbindliches Verlagerungsziel. Die Trassenpreise auf der Schiene müssten gesenkt und ein Ersatz für die Rollende Landstraße gefunden werden, die 2028 eingestellt werden soll. Sie hatte 2019 rund 87.000 Lkw auf die Schiene gebracht.

LSVA nach dem Verursacherprinzip gefordert

Die Organisation verlangt eine Revision der LSVA nach dem Verursacherprinzip. Die Lkw-Branche trage jährlich nur eine Milliarde LSVA-Franken zu den verursachten externen Kosten an Luftverschmutzung, Lärm, Klima, Natur- und Landschaft, Unfällen und Stauzeit bei. „1,35 Milliarden Franken bleibt sie jährlich schuldig.“ Diese Kosten müssten in der Maut internalisiert werden.

Neuorientierung angestrebt

Die Regierung jedenfalls strebt „eine schrittweise Neuorientierung der LSVA gemäß dem CO2-Ausstoß der Fahrzeuge an“. Und sie will Klarheit schaffen zur Frage, wie lange Lkw mit alternativen Antrieben von der LSVA befreit bleiben sollen. Bis Mitte 2023 soll das Verkehrsministerium aufzeigen, wie die LSVA weiterentwickelt werden kann.

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