Verein Sicherer Kraftfahrer in Deutschland „e.V.“ Wo steckt Sonny Pruitt?

Foto: Jan Bergrath
Meinung

Der Kölner „Verein Sicherer Kraftfahrer in Deutschland“ (VSKD) träumt von der Vernetzung mit 60 Prozent aller 600.000 deutschen Lkw-Fahrer, um mehr Wertschätzung und vor allem bessere Arbeitsbedingungen gleich bei der ganzen Bundesrepublik durchzusetzen. Eingetragen ist der Verein allerdings noch nicht. Eine zentrale Rolle im präsidialen Größenwahn übernimmt nun eine TV-Figur.

Der reale Weg, um sich über die Vereinsarbeit einiger auf den ersten Blick höchst engagierter Berufskraftfahrer zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen und ihrer Wertschätzung zu informieren, führt in den rechtsrheinischen Kölner Stadtteil Dellbrück. Dort, in einem reinen Wohnhaus, ist laut Facebook-Präsenz der offizielle Sitz des „Vereins Sicherer Kraftfahrer in Deutschland e.V.“, kurz VSKD. Bis vor kurzem hieß es auf deren Vereinsseite bei Facebook tagsüber noch „geöffnet“.

Einen Beratungsraum, um mögliche neue Mitglieder zu gewinnen, gibt es nicht. Stattdessen gibt es einen kleinen weißen Aufkleber an einem Briefkasten. Ein Name steht dort in etwas krakeliger Handschrift. Darunter: „VSKD e.V.“ Der Briefkasten selbst weist einen zweiten Verein auf: „Pop‘n Roll Musikförderung e.V.“. Die offizielle Telefonnummer des „VSKD e.V.“ führt wiederum nach Dissen in Niedersachsen. Dort läuft bei mehreren Versuchen aber nur der Anrufbeantworter. Mit dem markanten musikalischen Intro der TV-Kultserie „Auf Achse.“ Die war für viele deutsche Lkw-Fahrer prägend.

Der drei Phasen Plan

Am Freitag, dem 13. März 2020, so heißt es auf der Facebookseite, haben sich sieben natürliche Personen in Köln getroffen, um den VSKD zu gründen. In drei Phasen, so fasse ich aus dem bei Facebook hinterlegten offiziellen Gründungstext zusammen, soll es zunächst eine Vernetzung mit 60 Prozent aller 600.000 Berufskraftfahrer in Deutschland geben. Das ist die Zahl, die der VSKD nach eigener Recherche beim Kraftfahrtbundesamt (KBA) ermittelt hat. Faktisch sind es laut der letzten Statistik des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) derzeit aber „nur“ 573.849 Fahrer im gewerblichen Güterverkehr, davon kommen bereits 20,7 Prozent aus dem Ausland. Aber das ist ein anderes Thema.

In der Phase 2, so heißt es wörtlich, „werden die Fahrer dann mit dem VSKD gemeinsam legale Aktionen starten, welche zum Beispiel die Bundesrepublik zu Gesetzesänderungen zwingt. Genaue Pläne und Hintergründe der Aktionen werden euch in privaten Kanälen und in persönlichen Treffen mitgeteilt. Facebook dient dem VSKD allenfalls als Werbung. Mit Phase 3 wären dann alle unsere Ziele erreicht, die es ohne den Zusammenhalt unter den Kraftfahrern niemals geben würde.“ Ich musste es zweimal lesen: ja, es geht gleich um die ganze Bundesrepublik.

Am besten ohne Gewerkschaft

Mein erster schriftlicher Kontakt im Mai mit dem Vorstand des VSKD lässt aufhorchen. Über die konkreten Ziele gibt es natürlich keine Auskunft, dafür die volle Breitseite der Absichten: „Hinter dem Verein stecken Berufskraftfahrer und auch andere Vereinsmitglieder, die ganz andere Interessen verfolgen. Unser Vorstand ist selbst Kraftfahrer und eben da weht der Wind her. Wir wollen alle Berufskraftfahrer (min. 60%) vernetzen und als Arbeitnehmer selbst Änderungen herbeiführen. Dazu braucht es weder Gewerkschaften, noch andere Institutionen.“

Das ist natürlich zunächst Wasser auf die Mühlen alljener Lkw-Fahrer, die ihrerseits, wie der VSKD, von Fahrerlöhnen ab mindestens 3.000 Euro aufwärts träumen. Das ist auch eine sicher berechtigte Forderung. Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. sprach sogar einmal von rund 4.000 Euro. Der VSKD will das natürlich ohne die für diese Art der legalen Durchsetzung besserer Löhne für Lkw-Fahrer allein zuständige Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Verdi, in die Wege leiten. Und überzieht im Netz alle anderen, die sich für Fahrer einsetzen, mit entsprechender Häme.

Demos als Beschäftigungstherapie

So wie etwa am 22. Juli. Demos seien „lediglich eine Beschäftigungstherapie für Menschen, die die Nase voll haben“, heißt es dort. „Wirkliche Veränderung kann aber nur als richtiges Handeln erzielt werden. Ein Stillstand bewirkt Wunder.“ Faktisch, und das gilt hier zunächst als journalistische Warnung an alle Fahrer, die sich vom VSKD möglicherweise tatsächlich angesprochen fühlen: Illegal stillgelegte Lkw, etwa durch eine reine Arbeitsverweigerung der vertraglich beschäftigten Fahrer, können für diejenigen, die dies außerhalb eines legalen Streiks durchführen, zu erheblichen Regressansprüchen führen, die vom VSKD, anders als in den 80er Jahren durch die ÖTV, wahrscheinlich nicht gedeckt werden.

Kein eingetragener Verein

Doch die angestrebten „Aktionen“ zu Gunsten der Kraftfahrer werden wohl eh noch etwas dauern, denn bis Juni hatten sich nur rund 3.000 Fahrer dem Netzwerk angeschlossen, wie der VSKD selbst verkündete. Zu viele klar denkende Berufskraftfahrer haben längst durchschaut, dass der VSKD noch gar kein eingetragener Verein ist, obwohl er genau damit in den sozialen Medien auftritt. Als zunächst denkbare Entschuldigung dient daher die Corona-Krise, und, so heißt es an einer anderen Stelle auf der Facebookseite, „dass unsere Notare mit Vollgas an einer Lösung arbeiten“. An Geld für die gleich mehrfache notarielle Dienstleistung scheint es dem VSKD jedenfalls nicht zu mangeln.

Das mit Corona ist natürlich totaler Humbug. Laut dem Pressesprecher des Amtsgerichts Köln auf meine Nachfrage ist der Antrag des VSKD zur Vereinsgründung Mitte August zwar in der Tat dort eingegangen, wurde aber „aus formalen Gründen“ wieder zurückgewiesen. Bis Anfang Oktober sei allerdings kein neuer Antrag eingegangen. Auf meine Nachfrage, was das denn für juristische Konsequenzen nach sich ziehen würde, wenn man als nicht eingetragener Verein mit dem Kürzel „e.V.“ auftritt, hieß es vom Pressesprecher nur, dazu müsse ich mich an die zuständige Staatsanwaltschaft wenden.

Kein Interesse an weiteren Mitgliedern

Ein mir bekannter engagierter Fahrer, der sich nun per Mail beim VSKD schriftlich um eine Mitgliedschaft beworben hat, wurde in einer mir ebenfalls vorliegenden Mail sehr bestimmt zurückgewiesen. „Es tut uns leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass der Verein sicherer Kraftfahrer in Deutschland e.V. bis auf Weiteres keine neuen Mitglieder mehr aufnimmt“, heißt es. „Dies wurde durch die Mitgliederversammlung satzungsgemäß beschlossen. Ehrenmitglieder können durch den Präsidenten ernannt werden, haben allerdings kein Stimmrecht. Wenn Sie die Kraftfahrer unterstützen wollen, dann können Sie das gerne ohne geldwerte Mittel tun, indem Sie zusammen mit den Berufskraftfahrern einen weitreichenden Zusammenhalt fördern. Der VSKD e.V. arbeitet grundsätzlich ehrenamtlich für das Gemeinwohl des Fahrpersonals in Deutschland, weshalb weitere Mitgliedschaften nicht erforderlich sind“.

Unterschrieben wurde die Antwort von einer namentlich genannten Mitarbeiterin im VSKD, „Abteilung soziale Medien, Köln“. Auf meine journalistische Anfrage, wer denn nun diese sieben natürlichen Personen sind, was in der Satzung steht, ob die treibende präsidiale Kraft im Vorstand aktuell überhaupt einen Beruf als Kraftfahrer ausübt und welche Interessen ein Musik produzierender Präsident an der besseren Wertschätzung für Lkw-Fahrer verfolgt, erhielt ich, allerdings hier wenig überraschend, keine Antwort. Auch ausbleibende Antworten erhöhen die Zweifel an der Rechtmäßigkeit.

Vollkommene Intransparenz

Im Grunde sind die Struktur des VSKD und ihr öffentlicher Auftritt nicht nur vollkommen intransparent sondern dazu noch gezielt irreführend. Ein Impressum, wer sich denn nun als Vorstand dahinter verbirgt, gibt es nicht. Der Zugang wurde, so heißt es dort stattdessen, von Facebook gesperrt. Dafür sollen, so heißt es allen Ernstes auf dem jüngsten Eintrag, „unsrem gemeinsamen Freund Sonny Pruitt“ Freundschaftsanfragen gestellt werden. Zu diesem Profil werden künftig, passend zur Anzahl der Gründungsmitglieder, noch weitere sechs Profile folgen, welche sich mit unseren Facebook-Seiten vernetzen und jeweils weitere 5.000 Freunde haben können“.

Zwei TV-Helden in einem Profil

Insider wissen es natürlich, Sonny Pruitt ist der Held einer einst sehr beliebten TV-Serie aus den USA, in Deutschland auch bekannt unter dem Titel „Abenteuer der Landstraße“, ein Klassiker aus den 70er Jahren. In das Profil des Sonny Pruitt, dem offiziellen Helden der sicheren Kraftfahrer, hat der Profilersteller mit großem Geschick für grafische Nachbearbeitung auch noch Günter Willers als Beifahrer hineinkomponiert, den zweiten Helden der deutschen Serie „Auf Achse“. Das alles hat der bekennende TV-Fan noch mit den Insignien des VSKD ausgeschmückt. Es ist wahrscheinlich bei Facebook auf eine gewisse Art sogar legitim, öffentlich als Avatar eines nie vollendeten persönlichen Traums aufzutreten, insbesondere wenn man, so wie der Präsident, laut Facebook mit der eigenen Kunstfigur sogar dieselbe Schule in Amerika besucht hat. Im Grunde müsste man diese präsidiale Posse einfach als Spinnerei ignorieren. Als eine Art Profilneurose.

Gespaltene Persönlichkeiten

Nun weiß ich von anderen Seitenbetreibern, die sich in jüngster Zeit kritisch bis maximal herablassend mit den in der Transportbranche real existierenden Fahrerorganisationen auseinandergesetzt haben, dass sie dort Profile mit sich selbst kommunizieren lassen, damit überhaupt etwas auf der Seite passiert. Das ist tatsächlich eher ein Fall für einen Psychologen mit dem Spezialgebiet für gespaltene Persönlichkeiten. So weit, so schlecht. Was der VSKD mit Billigung von Facebook allerdings in meinem konkreten Fall betreibt, ist ein Verstoß gegen geltendes Medienrecht. Weshalb ich als freier Autor mit einwandfreien Leumund und hohem Ansehen in ebenjener Transportbranche mittlerweile gezwungen bin, einen Anwalt einzuschalten. Und es ab jetzt leider doch sehr ernst wird.

Untergeschobene Äußerung

Denn es geht im konkreten Fall um eine mir „untergeschobene Äußerung“. Das ist, hier in Kürze, im Medienrecht die Bezeichnung für diese Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Denn seit ich als Journalist seit Anfang Oktober das gesamte Konstrukt des VSKD hinterfrage, ist in den sozialen Medien, vor allem bei Facebook, eine extrem dreiste Fälschung meines eigenen Facebook-Profils aufgetaucht, die ich hier nicht als solche wiedergebe, um zu verhindern, dass sie noch weiter geteilt wird. Ich beschreibe nur die offensichtliche Grundlage dafür: eine von mir am 26. September eingestellte Meldung über einem betrunkenen Fahrer aus Osteuropa, ein Thema, mit dem ich mich seit 2016 journalistisch auseinandersetze und zu dem ich jetzt zusammen mit Christina Petters bei der 38. Sendung von FERNFAHRER live eine hochkarätige Diskussionsrunde mit bereits über 10.500 Aufrufen auf der Facebook-Seite des FERNFAHRER moderiert habe. Auf YouTube ist die Sendung hier zu finden.

Aufforderung zur Unterlassung

Wer mein Facebook-Profil verfolgt, der weiß, dass ich dort nur reine Texte schreibe, keine Heraushebungen oder bunte Bildchen benutze. Nun wurden in dieses Motiv mit dem Blaulicht der obigen Meldung mehrere Mettbrötchen hinein kopiert, das Bild mit einem Text versehen, der einen weiteren real existierenden Fahrer, der sich bereits seit 2012 mit einer ersten Demo für eine wirkliche Verbesserung der Bedingungen der Fahrer eingesetzt hat: Horst Fritzsche: Mit Ingo Schulze von den damaligen Kraftfahrer Clubs Deutschland (KCD) ist er praktisch der „Vater aller Fahrerdemos“. Er hat mir bestätigt, dass der heutige Präsident des VSKD anlässlich einer weiteren vom KCD organisierten Demo 2013 dagegen agitiert hat. Das ist leider ein Manko der vielen unterschiedlen Organisationen, die sich ehrenamtlich um eine Verbesserung der Situation der Fahrer kümmern wollen. Keiner gönnt dem anderen einen Erfolg.

Grundsätzliches zum Persönlichkeitsrecht

Der dreiste Fälscher spricht Horst Fritzsche in diesem Post ganz unmittelbar an, der Inhalt vermittelt einen meiner Meinung nach durchaus antisemitischen und islamfeindlichen Inhalt. Auf jeden Fall ist er nicht witzig. Er lautet am Schluss: „WIR HIER SIND DEUTSCH UND WIR ESSEN SCHWEINEFLEISCH, ALSO AUCH METTBRÖTCHEN!!!“ Um es juristisch genauer zu schreiben: „Das durch Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 Grundgesetz gewährte allgemeine Persönlichkeitsrecht kann auch gegen das Unterschieben nicht getaner Äußerungen schützen. Dies ist der Fall, wenn zugleich anerkanntes Schutzgut des Persönlichkeitsrechts, etwa die Privatsphäre, verletzt wird, wie bei der Verbreitung eines erfundenen Interviews, welches das Privatleben des Verletzten betrifft (vgl. BVerfG, NJW 1980, 2070). Es bedeutet einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, wenn jemandem Äußerungen in den Mund gelegt werden, die er nicht getan hat und die seinen von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen“.

Facebook duldet die unterschobene Äußerung

Dieser mir unterstellte Post wird nun seit Anfang Oktober von ebenjenem „Sonny Pruitt“ als sogenannter „Netzfund“ bei Facebook deklariert und abwechselnd von dessen Profil, dem VSKD e.V. sowie dessen real existierenden Präsidenten auf Facebook geteilt und trotz mehrmaliger Aufforderung meinerseits, dies zu unterlassen, immer weiter verbreitet. Da leider auch die Pressestelle von Facebook nicht auf meine mehrmalig gestellte Forderung, diese offensichtliche Fälschung zu löschen, reagiert hat, sah ich mich nun leider gezwungen, mit Fristsetzung bis zum 14. Oktober 2020 vom echten VSDK-Präsidenten eine Unterlassungserklärung bei meinem Anwalt für Medienrecht einzureichen, da dieser ansonsten gerichtliche Schritte einleiten muss, um diesem Irrwitz ein baldiges Ende zu setzen.

Als Journalist, der sich seit über 30 Jahren für das Magazin FERNFAHRER für die Belange der Berufskraftfahrer einsetzt, bin ich natürlich fassungslos, dass so eine dreiste Unterstellung in den sozialen Medien möglich ist und bislang von Facebook weiter geduldet wird. Als Autor von Krimis sehe ich es wie den Versuch einer arg verunglückten Rufmordkampagne einer zweitklassigen Mafia-Sitcom. Und stelle daher hier die alles entscheidende Frage: Wo steckt Sonny Pruitt?

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