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Sicher mit Telematik, Dashcam und KI unterwegs Gebr. Bermes Spedition setzt auf Samsara

Lkw-Flotte von Gebr. Bermes Spedition mit Freightliner Foto: Gebr. Bermes Spedition

Samsara hat ein Auge auf die Sicherheit. Die Gebr. Bermes Spedition hat die Lösung aus Telematik, Dashcam und KI bereits im Einsatz. Welche Möglichkeiten das System bietet und wie es von den Fahrern angenommen wird.

Samsara, ein US-amerikanisches Telematik- und IoT-Unternehmen (Internet of Things), hat mittlerweile auch in Europa Fuß gefasst. Von München aus lenkt das Unternehmen die Verbreitung seiner Lösung in der DACH-Region. Kernstück der Lösung ist dabei nicht die Telematikeinheit im Fahrzeug. Vielmehr steckt die Intelligenz in der sogenannten Connected Operations Cloud. Die Daten wiederum können teilweise über OEM-Integrationen übernommen werden. „So müssen potenzielle Kunden, die bereits eine Lösung in der Flotte verbaut haben, nicht immer gleich alles austauschen“, erklärt Till Pleyer, Head of Marketing DACH bei Samsara, im Gespräch mit trans aktuell.

Die Plattform für das Flottenmanagement behält alle Prozesse entlang der Lieferkette im Blick. Darunter fallen neben den üblichen Daten zu den Fahrzeugen und Fahrern auch Informationen, die die Fahrersicherheit und die Compliance betreffen. Buchstäblich mit an Bord sind dann auch Dashcams, die dabei helfen, die Schadenquote niedrig zu halten. Diese gibt es in zwei Varianten: Einmal mit Blick nach innen und nach außen sowie einmal mit Blick nur auf die Straße.

Gebr. Bermes Spedition nutzt Samsara

Ryan Chmielewski, Logistikleiter der Gebr. Bermes Spedition Foto: Gebr. Bermes Spedition
Ryan Chmielewski, Logistikleiter der Gebr. Bermes Spedition, lässt die Flotte mit Dashcams ausrüsten.

Die zweite Variante kommt beispielsweise bei der Gebr. Bermes Spedition mit Sitz in Willich-Münchheide (Nordrhein-Westfalen) zum Einsatz. Dort sei es gelungen, die Zahl der auffälligen Fahrmanöver um rund 90 Prozent zu reduzieren, berichtet der dortige Logistikleiter Ryan Chmielewski gegenüber trans aktuell. Die anfängliche Skepsis mancher Fahrer sei schon lange Vergangenheit. Zu Beginn habe er aber darauf geachtet, die Mitarbeiter entsprechend einzubinden, um Vorbehalte abzubauen.

Dazu hat sich Chmielewski zwei Fahrer ausgesucht: einen besonders Technik-affinen auf der einen und den größten Skeptiker auf der anderen Seite. Schnell hätten beide Fahrer festgestellt, dass es nicht um eine ständige Überwachung geht. „Vielmehr werden nur auffällige Sequenzen von der KI identifiziert und zum Prüfen gegeben“, berichtet Chmielewski. Das kann das Überfahren eines Stop-Schilds sein oder auch eine besonders starke Bremsung.

System als Retter in der Not

Einbau der Telematik-Blackbox von Samsara. Foto: Samsara/Marc Fiorito
Der Einbau der Blackbox dauert nach Angaben von Samsara gerade einmal 30 Minuten.

Liegen Fahrfehler vor, nimmt der Logistikleiter zunächst die Gesamtsituation in Augenschein. Kristallisiert sich ein bestimmtes Verhaltensmuster heraus, wird das System genutzt, um die entsprechenden Mitarbeiter nachzuschulen. In anderen Fällen hat sich das System als Retter in der Not erwiesen. „Bei vielen Unfällen ist automatisch der stärkere Verkehrsteilnehmer – also der Lkw – Schuld, oder dem Fahrer wird zumindest eine Teilschuld unterstellt. Aufgrund der Dashcam-Aufnahmen konnten wir hier bereits einige Male den Gegenbeweis antreten und so Kosten vom Unternehmen und vor allem auch den Ärger von den Fahrern abwenden“, berichtet Chmielewski. So etwa, als sich ein Pkw, der sich im toten Winkel befunden hatte, vor dem Lkw rein drängeln wollte. Mittlerweile seien alle froh, dass sie die intelligenten Dashcams im Cockpit haben.

Aber auch sonst habe sich das Fahrverhalten geändert. Am Limit des Geschwindigkeitsbegrenzers fährt nun keiner mehr. Das wiederum macht sich positiv bei Dieselverbrauch und bei den Wartungskosten bemerkbar – und minimiert zudem die Gefahr von Unfällen. „Das in absoluten Zahlen auszudrücken, ist schwierig. Aber die Zahl der Versicherungsfälle hat sich deutlich reduziert“, sagt der Bermes-Mann. Wobei das Unternehmen auch sonst großen Wert auf Sicherheit legt: In den Lkw, die alle vier Jahre ausgetauscht werden, finden sich alle am Markt befindlichen Fahrerassistenzsysteme.

Schulungen aus der Praxis mit eigenen Videos

Mit Blick auf die früheren Kosten für die Telematik und die Reparaturen beziehungsweise Versicherungsraten spart das Unternehmen laut Chmielewski rund 25.000 Euro im Jahr. Die Videos, die in der Cloud archiviert sind, nutzt er für Mitarbeiterschulungen. „Die sind so viel eindrücklicher, weil die Beispiele aus der eigenen Praxis kommen und somit auch greifbarer sind“, lautet sein Resümee. Die Fahrunterweisungen hätten nun eine ganz andere Qualität.

Auch mit Blick auf die Technik hat der Logistikleiter der Gebr. Bermes Spedition nur Positives zu berichten. „Die Zuverlässigkeit der Datenübermittlung liegt bei nahezu 100 Prozent – und bei der Ortung ohnehin“, berichtet er. Als Bonbon für die Fahrer fließen die Daten zum Fahrstil in die jährlichen Bonuszahlungen ein – und sorgen damit für noch mehr Rückhalt für die IT-Lösung in der Belegschaft.

Plattform-Lösung statt Standard-Telematik

Till Pleyer, Head of Marketing DACH bei Samsara Foto: Samsara/Stefan Obermeier
Till Pleyer, Head of Marketing DACH bei Samsara, sieht die Vorteile in der Plattform-Lösung.

Von einer reinen Telematik spricht daher auch Pleyer nicht. Für den Samsara-Marketing-Chef liegt der Mehrwert der Lösung in anderen Aspekten. „Die Telematik hat in den USA quasi keine Tradition. In Europa sieht das anders aus. Da bieten wir daher eine etwas andere Lösung an“, sagt er. Als Plattform-Anbieter gelte es natürlich erst einmal, den Standard abzubilden. „Darüber hinaus haben wir in den Ländern, in denen wir aktiv sind, immer Techniker-Teams vor Ort. Diese passen die Lösung dann an die regionalen Gegebenheiten an“, erläutert Pleyer. In Deutschland sei das etwa der Datenschutz. Daher würden hier Kfz-Kennzeichen und Gesichter verpixelt. „Das ist essenziell, da die Videos ansonsten nicht vor Gericht als Beweismittel zugelassen werden“, erklärt er. Aber auch mit Blick auf die Verkehrszeichen gebe es regionale Unterschiede.

Samsara macht zwei Kundentypen aus

In der DACH-Region ist das Unternehmen seit etwa viereinhalb Jahren vertreten. Nach anfänglicher Zurückhaltung sei mittlerweile ein spürbares Interesse vorhanden. Dabei gebe es vornehmlich zwei Typen von Interessenten: Da sind einerseits eher kleinere Unternehmen, die größere Investitionen in die Hardware scheuen. Auf der anderen Seite sind es Konzerne, die alle gesetzlichen Vorgaben einhalten wollen und daher strategisch an Themen wie etwa die CO₂-Neutralität herangehen.

Mit im Portfolio hat Samsara auch eine Kamera, die zusätzlich in die Fahrerkabine blickt. Die kann dann etwa bei Ablenkung eingreifen und ein akustisches Signal an den Fahrer senden. „Tatsächlich nehmen die Nutzer das eher als Schutzengel und nicht als Spion wahr“, berichtet Pleyer. Des Weiteren lasse sich auch ein Gamification-Ansatz im Betrieb umsetzen. Dann gibt’s entsprechend Punkte für vorausschauendes und wirtschaftliches Fahren. Wobei unterschiedliche Teams je nach Einsatzgebiet der Lkw gebildet werden.

Arbeitsabläufe im Blick behalten

Auch mit Blick auf die Arbeitsabläufe hat Samsara einige Lösungen im Portfolio. Da gibt es etwa die Abfahrtskontrolle auf dem Smartphone oder auch eine automatisierte Anpassung der Ankunftszeit für den Disponenten, wenn der Fahrer im Stau steht. Und selbst bei einem Unfall hilft das System. Kann doch der Sachverhalt inklusive dem zugehörigen Video innerhalb weniger Minuten an die Polizei übermittelt werden.

Dashcam von Samsara für den Flotten-Einsatz Foto: Samsara
Die Video-Aufnahmen der Dashcams speichert Samsara DSGVO-konform in der Cloud.

„Das ist der Vorteil einer Cloud-Lösung im Gegensatz zum Speichern auf einer SD-Karte“, sagt Pleyer. Ebenfalls gewährleistet ist an dieser Stelle der Datenschutz. Sowohl der Server als auch der redundante Speicher stehen in der EU. Dort hält Samsara die Daten sechs Monate vor. Bei Videoaufnahmen lässt sich innerhalb von rund 100 Stunden noch nachvollziehen, ob beispielsweise ein Fahrzeug an einem parkenden Auto hängengeblieben ist, ohne es zu merken. „Gerade bei Entsorgungsfahrzeugen erreichen uns solche Anfragen immer wieder“, berichtet Pleyer. Einfach oft nur deshalb, weil an dem fraglichen Tag die Mülltonnen geleert wurden. Mithilfe der Connected Operations Cloud ist auch dieser Sachverhalt schnell geklärt.

Gebr. Bermes Spedition

  • Ludwig Bermes legte im Jahr 1916 den Grundstein für das Unternehmen mit zwei Pferden und einem Holzwagen
  • 1964 kaufte die Gebr. Bermes Spedition den ersten Tankwagen für den Transport von Flüssigchemikalien
  • Aktuell ist die Spedition mit 40 ziehenden Einheiten und mehr als 150 gezogenen Einheiten im Nah- und Fernverkehr unterwegs, darunter auch Tankwagen mit Gefahrgut

Samsara

  • Samsara ist ein amerikanisches IoT-Unternehmen mit Hauptsitz in San Francisco, Kalifornien
  • Das 2015 gegründete Unternehmen hat Niederlassungen in San Jose, Atlanta, Amsterdam, London, Paris, München, Warschau und Mexiko-Stadt
  • In Europa startete Samsara 2018 mit einer Niederlassung in London, 2019 kamen die übrigen Standorte dazu
  • Weltweit beschäftigt das Unternehmen mehr als 2.200 Mitarbeiter
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David Keil, Berater und Projektmanager Logistiksoftware und Telematiksysteme David Keil Berater Logistiksoftware und Telematiksysteme
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