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Schwere Unfälle verhindern Keine Toten mehr durch Auffahren oder Abbiegen

Foto: Güttler Logistik

Wie lassen sich schwere Unfälle verhindern? Welche Rolle spielt die Ladungssicherung? Erkenntnisse dazu lieferte ein trans aktuell-Symposium bei Güttler Logistik.

Bei allen Fortschritten in puncto Verkehrssicherheit – besonders bei zwei Unfallarten gibt es weiterhin keine Entwarnung: bei den Lkw-Auffahrunfällen und -Abbiegeunfällen. Buchstäblich erschwerend hinzukommt, dass sie oft besonders tragisch enden. Daher appellierten Vertreter der Initiative Hellwach mit 80 km/ h und der Behörde Hessen Mobil an die Besucher des trans aktuell-Symposiums bei Güttler Logistik in Hof, wachsam zu bleiben und Vorkehrungen zu treffen, damit es bei diesen Unfallarten keine weiteren Toten und (Schwer-)Verletzten zu beklagen gibt.

Ein gravierender Lkw-Auffahrunfall als Auslöser

Dieter Schäfer erinnert sich noch gut. „Sind alle tot?“, hatte eine blutüberströmte Jugendliche im völlig demolierten Pkw die Rettungskräfte gefragt, nachdem es am Rosenmontag 2018 auf der A5 am Autobahnkreuz Walldorf zu einem folgenschweren Lkw-Auffahrunfall gekommen war. Vier Menschen starben, darunter die Schwester und die Eltern der damals 15-Jährigen, die überlebt hat und durch die Folgen heute psychisch krank ist. Das war der Auslöser zur Gründung der Initiative Hellwach mit 80 km/h, deren Ziel die Vermeidung von Lkw-Auffahrunfällen ist. Dafür hat sie sich zehn Regeln gegeben, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, aber häufig eben nicht oder halbherzig beachtet werden – sei es Pausen einzuhalten, mehrere Dinge auf einmal zu tun oder sich nicht ablenken zu lassen.

Foto: Thomas Küppers
Dieter Schäfer, Vorstandsmitglied der Initiative Hellwach mit 80 km/h, fordert ein Ende des Sterbens am Stauende.

„Das Sterben am Stauende muss enden“, erklärte Dieter Schäfer, Vorstandsmitglied der Initiative Hellwach mit 80 km/h. Damit das gelingt, brauche es eine Selbstverpflichtung sowohl der Transportwirtschaft als auch von Industrie und Handel. Es gelte, Stress für die Fahrer zu vermeiden – sei es bei der Tourenplanung oder an den Rampen. Schäfer appellierte auch an Logistikdienstleister, sich der Initiative anzuschließen und sich der Verkehrssicherheit zu verpflichten – wie Elvis, Contargo oder Große-Vehne. Hellwach mit 80 km/h stattet die Mitglieder mit Broschüren in unterschiedlichen Sprachen aus, bei Bedarf auch mit Firmenlogo, die Fahrer auf die Gefahren hinweisen und wachrütteln.

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Fehlender Abstand ist für Schäfer bei den Lkw-Auffahrunfällen die Ursache Nummer eins, aber auch Ablenkung und Sekundenschlaf spielten eine große Rolle. Auch die Transportdienstleister sieht der ehemalige langjährige Verkehrspolizist in der Pflicht, ihre Fahrer mit den Sicherheitssystemen vertraut zu machen. „Wenn es der Fuhrparkleiter sagt, fahre ich heute einen Scania und nächste Woche einen Actros – doch die Notbremssysteme sind immer unterschiedlich.“ Bis Mitte Oktober haben nach Zahlen von Schäfer in Deutschland bereits 54 Fahrer bei Lkw-Auffahrunfällen ihr Leben gelassen, im gesamten vorigen Jahr waren es 48.

Foto: Thomas Küppers
Sicherheit auch für Spezialfahrzeuge: Holger Brune, stellvertretender Leiter des Fachdezernats Fuhrparkmanagement bei Hessen Mobil, ließ 264 Fahrzeuge mit Abbiegesystemen ausstatten - mit Erfolg.

Gravierend sind häufig auch die Folgen von Abbiegeunfällen. Hoffnung machen dürften hier, dass Fahrer neuerdings gehalten sind, nur noch im Schritttempo rechts abzubiegen und verstärkt Sicherheitssysteme Einzug in die Fahrzeuge halten. Auch die Behörde Hessen Mobil hat ihre Lkw und Spezialfahrzeuge mit Abbiegesystemen ausrüsten lassen – 264 an der Zahl, von der Kehrmaschine bis zum Unimog mit Schneepflug. „Wir sehen das als wichtigen Beitrag für die Verkehrssicherheit an, besonders zum Schutz von Fußgängern und Fahrradfahrern“, berichtete Holger Brune, stellvertretender Leiter des Fachdezernats Fuhrparkmanagement bei Hessen Mobil. Die Besonderheit in seinem Bereich war es, dass es sich um Lkw mit Spezialaufgaben etwa für den Grünschnitt oder den Winterdienst handelt.

Abbiegesysteme funktionieren auch in Spezialfahrzeugen

Doch auch Spezialisten in Orange lassen sich ausrüsten, wie Brune erläuterte – 172 Linkslenker und fünf Rechtslenker (Kehrmaschinen) hat er mit Abbiegesystemen von Axion ausstatten lassen, weitere 87 Unimog-Wechsellenker sogar an beiden Seiten. Vorausgegangen war eine EU-weite Ausschreibung im Oktober 2020, im März 2021 wurden die ersten Geräte verbaut, im August das Projekt erfolgreich abgeschlossen. Die Fuhrparkverantwortlichen von Hessen Mobil brauchten jedoch einen langen Atem. Seit August 2018 haben sich mit dem Thema beschäftigt – „damals waren die Markterkundung und Messebesuche aber noch sehr ernüchternd“, sagt Brune – und ist froh, dass nun Bewegung auf den Markt gekommen ist.

Bauking: Fürsorgepflicht für unsere Fahrer

Auch Andreas Lüer, Leiter des Credit- und Versicherungsmanagements beim Baustoffhändler Bauking, hat sich der Verkehrssicherheit verschrieben. „Wir haben für unsere Fahrer eine Fürsorgepflicht“, betont er – und setzt hier auf entsprechende Technik, Schulung – aber auch auf Wertschätzung. „Unsere Fahrer waren die Corona-Helden, doch kaum ist auf der Autobahn wieder mehr los, sind es wieder die Bösen“, bedauert er. Insgesamt sind bei Bauking mehr als 200 Lkw, mehr als 500 Stapler und ebenso viele Pkw im Einsatz – entsprechend hoch ist der Schulungsbedarf für die Mitarbeiter.

Foto: Thomas Küppers
Andreas Lüer, Leiter des Credit- und Versicherungsmanagements beim Baustoffhändler Bauking, hat sich der Verkehrssicherheit verschrieben. „Wir haben für unsere Fahrer eine Fürsorgepflicht“, betont er.

Um die Fahrer in Sachen Sicherheit fit zu machen, geht Lüer auch neue Wege und testet die Angebote von Start-ups – seien es VR-Brillen (Virtual Reality), Dashcams oder Telematik. Der Vorteil in der Zusammenarbeit mit Start-ups für Lüer: „Sie haben einen anderen Blickwinkel und denken auch mal um die Ecke.“ Sie können für ihn das klassische Coaching ergänzen, nicht aber ersetzen. „Denn am Ende muss immer der Mensch mit dem Mensch kommunizieren.“ Sicherheit liegt Lüer auch ganz persönlich am Herzen – mit einem Team von ehrenamtlichen Helfern machte er elf Tage lang in Braunschweig 1.800 Schüler vornehmlich der fünften Klassen mit den Gefahren des Toten Winkels beim Lkw vertraut.

Allsafe verbindet Sicherheit und Nachhaltigkeit

Dass Sicherheit auch in Einklang mit Nachhaltigkeit zu bringen ist, verdeutlichte Matthias König, Produktmanager bei Allsafe aus Engen, einem führenden Anbieter von Ladungssicherung. Allsafe hat sich auf die Fahnen geschrieben, defekte Sperrbalken oder -stangen nach Möglichkeit zu reparieren – um Energie zu sparen, Ressourcen und den Geldbeutel zu schonen. Eine Spedition hat nach Königs Beobachtungen meist irgendwo eine Schrottecke, in der Mitarbeiter defekte Stangen und Balken ablegen. Er bietet an, sie durch eine Box aus dem Hause Allsafe auszutauschen, in der die Beschäftigten immer intakte Mittel zur Ladungssicherung vorfinden – ob neu oder repariert. Um den Prozess dahinter, den Austausch defekter Teile und die entsprechende Logistik, kümmert sich Allsafe.

Foto: Thomas Küppers
Dass Sicherheit auch in Einklang mit Nachhaltigkeit zu bringen ist, verdeutlicht Matthias König, Produktmanager bei Allsafe aus Engen, einem führenden Anbieter von Ladungssicherung.

Vorteil für den Kunden: Er kann sich um sein Tagesgeschäft kümmern. „Er hat Geld gespart, der Umwelt etwas Gutes getan und in der Hallenecke herrscht wieder Ordnung“, fasst König das Angebot zusammen .

In Sicherheit in einer ganz anderen Ausprägung ging es beim Vortrag des Anbieters Trusted Carrier – digital zugeschaltet waren Geschäftsführer Hans Maier-Dech sowie Produkt- und Entwicklungsleiter Harald Clemens. Trusted Carrier steht für eine Lösung, die Sicherheit bei der Auftragsabwicklung gibt und den Teilnehmern die Prozesse verschlankt und eine Zeitersparnis beschwert. Eine Cloud-Plattform verknüpft dabei die Transport- und Verladerwirtschaft und bringt Sicherheit beim Datenfluss.

Foto: Thomas Küppers
Sicherheit auch bei der Auftragsabwicklung: Trusted Carrier-Geschäftsführer Hans Maier-Dech und Produkt-und Entwicklungsleiter Harald Clemens waren online zugeschaltet.

Das Unternehmen Henkel in Düsseldorf nutzt das System als Pilotkunde und ermöglicht es Transportdienstleistern und Fahrern, sich digital zu registrieren. Die dafür nötigen Fahrzeug- und Fahrerdaten werden durch das Team von Trusted Carrier geprüft. Indem alle Daten vorher bereit stehen und geprüft wurden, muss der Fahrer an der Pforte des Verladers nicht mehr Schlage stehen und seine Papiere vorzeigen. Er kann sich digital als Fahrer eines vertrauenswürdigen Unternehmens ausweisen und direkt zum Laden fahren. Das ist ein Beitrag zur Datensicherheit und in gewisser Weise auch zur Verkehrssicherheit. Denn wer Stress an der Rampe reduziert, entlastet den Fahrer – wofür sich ja auch die Initiative Hellwach mit 80 km/h ausspricht.

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