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Projekt eHaul startet durch E-Güterfernverkehr auf der Straße möglich?

Im Projekt eHaul vertreten: Der Semi 40 E von Futuricum. Elektrolkw für den Güterfernverkehr. Foto: Designwerk Products AG 5 Bilder

Das Projekt eHaul soll beweisen, dass ein rein elektrischer Güterfernverkehr möglich ist. Wie das in der Zukunft funktionieren kann, wer bereits alles an Bord ist und was ein Roboter damit zu tun hat.

Erst kürzlich haben die beiden eHaul-Partner, Reinert Logistics und Unitax-Pharmalogistik, zwei elektrische Sattelzugmaschinen der Marke Futuricum beim Nutzfahrzeug-Vermieter Greiwing Truck & Trailer bestellt. Die Lkw verfügen über eine Batteriekapazität von je 450 kWh und eine Reichweite von rund 250 Kilometern. Dabei stellt sich die Frage: Kommen die Güter damit auch im Fernverkehr mit einem elektrischen Antrieb ans Ziel?

Testphase über drei Jahre

Das Projekt eHaul soll genau das zeigen. Wobei das Ganze zunächst auf Strecken bis rund 300 Kilometer bezieht. Funktionieren soll das Ganze durch Stoppzeiten, die etwa gleich lang wie konventionelle Tankvorgänge sind. Eigens dafür soll es eine Wechselstation an der A 13 Berlin–Dresden geben. Die Station soll dann Ende 2022 in Betrieb gehen. Das Projekt selbst startete bereits im Herbst 2020 und läuft bis Ende September 2023.

Station auf der Strecke Dresden–Berlin

„Die beiden bestellten Fahrzeuge und ein weiteres Fahrzeug, das außerhalb des Projekts läuft, aber unsere Station nutzen wird, werden auf der Strecke Dresden-Berlin im Einsatz sein“, berichtet Prof. Dr. Stefanie Marker von der TU Berlin gegenüber eurotransport.de. Sie sollen dort mehrmals täglich verkehren. Neben dem Batteriewechsel an der Station – bei Lübbenau an der A 13 – sollen die Fahrzeuge zusätzlich an herkömmlichen Ladesäulen auf ihren Betriebshöfen laden – beispielsweise während ihrer nächtlichen Standzeiten.

Güterverkehr neudenken

Auf der Kurzstrecke haben sich E-Fahrzeuge bereits bewährt. Doch aufgrund der begrenzten Reichweite kamen Elektro-Lkw für den Fernverkehr bislang noch nicht infrage. „Uns ist klar, dass E-Lkw nicht 1:1 ein Dieselfahrzeug ersetzen können. Stattdessen muss das ganze System aus Fahrzeugen, Infrastruktur und Energieversorgung neugedacht werden“, erklärt Marker. So sei der Gedanke, Güter von A nach B zu bringen, dabei ganz entscheidend. Alternative Ideen und Ansätze müssten dafür her. Die Wechselstation stelle eine solche Alternative dar. Der Dreiklang Oberleitung, Megawattladen und Batteriewechsel könne zudem – wie Beispiele aus China zeigen – einige Vorteile mit sich bringen.

Roboter wechselt die Batterie

Um die Stoppzeiten der E-Lkw so kurz wie Tankvorgänge bei konventionellen Fahrzeugen zu halten, muss es schnell gehen. Hierfür soll ein eigens dafür entwickelter Wechselroboter die mehr als 1.000 Kilo schwere, entladene Batterie durch eine neue, volle Batterie tauschen. Die Batterien sind auf beiden Seiten des Lkw hinter der Vorderachse verbaut und damit – im Gegensatz zum Pkw – leicht zugänglich. Der Roboter fährt seitlich an das Fahrzeug heran, entnimmt eine Batterie und verstaut diese in einem Regal. Danach nimmt der Roboter eine geladene Batterie und transportiert diese zum Fahrzeug. Dort setzt er sie seitlich ein – eine buchstäbliche Millimeterarbeit.

Fahrzeug fährt weiter, entleerte Batterie lädt

Nach dem Wechsel fährt das Fahrzeug sofort weiter. Die Batterie lädt zeitgleich schonend in der Station. „Sobald die Batterie vollgeladen ist, steht sie für einen weiteren Einsatz in diesem oder einem baugleichen Fahrzeug bereit“, erklärt Marker. Das große Ziel des Projekts sei, die An- und Absteckvorgänge sowie die Entriegelung vollständig automatisiert ablaufen zu lassen. Die Wechselstation an der A 13 soll zunächst zeigen, wie gut der Wechsel an sich funktioniert. Entscheidend dabei sei aber auch, die Logistik dahinter zu beobachten – also Energiemanagement, Stationsauslastung und Anmeldeverfahren. So könne die Forschungsgruppe das Verfahren dann optimieren.

Partner unterstützen

Eines ist klar: Das Projekt benötigt entsprechende Partner zur Unterstützung. Neben der TU Berlin und Fraunhofer IVI unterstützen Firmen wie Bosch, Urban Energy, IBAR Systemtechnik, Unitax Pharma Logistik und Reinert Logistics. In dem Projekt sind dadurch Vertreter aus Wissenschaft, Industrie und Logistik. Darüber hinaus haben sich schon weitere Partner gefunden, die das Netzwerk unterstützen möchten. „Bemerkenswert ist, dass der Kreis der Interessenten kontinuierlich wächst und regelmäßig weitere Partner dem eHaul-Netzwerk beitreten“, berichtet die Projektleiterin. Das zeige ein ernsthaftes Interesse an einer Lösung für nachhaltigen Fernverkehr auf. Das Forschungsprojekt wird zudem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.

Projektverlängerung geplant

„Das Projekt eHaul ist ein erster Schritt auf dem Weg hin zum E-Fernverkehr“, sagt Marker. Bereits seit längerem Zeitraum betrachte die Forschungsgruppe die Standardisierung von Batterien. Darüber hinaus gebe es auch Konzepte wie eine intelligente Energieversorgung und -nutzung in der Station und eine effiziente Routenplanung in der Logistik. Eines steht auf jeden Fall fest: In Sachen Elektrifizierung bleibt es spannend.

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