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Logistik hat Vorbildfunktion Deutscher Logistik-Kongress gestartet

DLK 2020 Foto: BVL/Kai Bublitz

Deutscher Logistik-Kongress 2020 der BVL ist gestartet. Thomas Wimmer, Karl Gernandt, Hildegard Müller, Sigrid Nikutta und Andreas Scheuer geben Einblicke.

Der Deutsche Logistik-Kongress 2020 der Bundesvereinigung Logistik (BVL) ist gestartet – in diesem Jahr Corona-bedingt erstmals als reine Digitalveranstaltung. Mit mehr als 1.000 Registrierungen zeigt diese Premiere, dass das Thema Logistik gerade auch in der Krise einen hohen Stellenwert hat.

DLK 2020 Foto: BVL/Ralf Guenther
BVL-Chef Thomas Wimmer

Der Blick in die Branche zeigt allerdings ein sehr ambivalentes Bild: „Während die Konsumgüter boomen ist der Textilhandel ist zu Tode betrübt“, berichtet Prof. Dr. Thomas Wimmer, der Vorsitzende des BVL-Vorstands. „Logistiker müssen immer extremere Schwankungen ertragen“, sagt er. Und keine könne heute eine verlässliche Aussage treffen, wie es weitergeht. Sicher sei allerdings, dass „alle Herausforderungen von vor der Krise noch da sind – und einige weitere hinzugekommen sind“, mahnte Wimmer. Themen wie Digitalisierung, Transparenz und Kostendruck treiben die Logistik seiner Meinung nach weiter voran. Die Logistik sieht er dabei „in einer Vorbildfunktion“. Der BVL-Chef rät aber zugleich, „frei von Ideologien voranzuschreiten“. So seien Elektroantriebe zwar schön und gut – aber eben doch noch nicht emissionsfrei.

Karl Gernandt sieht gesellschaftlichen Wandel

Karl Gernandt, Vorsitzender des Verwaltungsrates der Kühne Holding Foto: BVL/Ralf Guenther
Karl Gernandt von der Kühne Holding

Für Karl Gernandt, Vorsitzender des Verwaltungsrates der Kühne Holding und Mitglied des BVL-Vorstands, stellt sich ebenfalls die Frage, wie sich die Logistik weiterentwickelt. Die Unsicherheiten seien stärker als jemals zuvor. Für die die Verantwortlichen in den Unternehmen sei es daher wesentlich anspruchsvoller, das Geschäftsmodell jederzeit aktiv an den Wandel anzupassen. Hinzu komme, dass die gesellschaftliche Akzeptanz eine zunehmen Rolle spielt. Greta Thunberg, die schwedische Klimaschutzaktivistin, habe die Diskussion emotionalisiert. „Zudem wird die Weltpolitik zunehmend nationalistisch“, sagt Gernandt. Des Weiteren vernichte auch die sprichwörtliche Regulierungswut immer wieder mögliche Lösungen.

Der Logistik droht seiner Meinung nach bereits weiterem Ungemach. „Wird es die Logistik überhaut schaffen, die Corona-Impfstoffe zeitgerecht zu verteilen?“ Bei dieser Frage habe es die Logistik verpasst, ihre Leistungsfähigkeit zu verdeutlichen. Auch wenn da seine komplexe Aufgabe ist. Corona sieht er als Beschleuniger eines ohnehin bereits fälligen Wandels. „Wir in der Logistik nehmen diese Herausforderungen an und werden eine Antwort geben“, ist er sich sicher.

Christoph Bornschein rückt den Kunden in den Fokus

Agentur-Chef Christoph Bornschein Foto: BVL/Ralf Guenther
TLGG-Gründer Christoph Bornschein

Für einen Blick von außen sorgt Christoph Bornschein. Der ist Mitgründer der Agentur Torben, Lucie und die Gelbe Gefahr (TLGG), die sich auf Digitale Business spezialisiert hat. Mit mehr als 190 Mitarbeiter berät das Unternehmen unter anderem auch Dax-Unternehmen und Politiker. Daher gehört es auch zu den Aufgaben von TLGG, über Nachhaltigkeit und Logistik nachdenken. „Vielleicht haben wir diesen exogenen Schock gebraucht, der diesen Wandel möglich macht“, sagt Bornschein. Für ihn sind beide Themen „zwei Seiten derselben Münze.“ Es gehe letztlich um die perfekte Balance der vorhandenen Ressourcen. Hier brauche es die Digitalisierung.

Für sein Dafürhalten wird sich die Logistik immer mehr Richtung B2C wandeln. „Was ist der Nutzen für den Endkunden? Diese Frage gilt es im Blick zu behalten“, erklärt er. In der Struktur sei das genau das, was Amazon bereits heute tut – „und was Technologie ermöglicht“. Er warnt davor, die Digitalisierung als „Kampf Mensch gegen Maschine“ zu betrachten. Vielmehr sollten Algorithmen die Dinge übernehmen, „die menschenunwürdig sind“. Die Digitalisierung müsse immer für den Menschen erfolgen. Eine Krankenschwester brauche heute allerdings mehr Zeit für die Dokumentation wie zuvor. Dieser Fehler dürfe in der Logistik beispielsweise nicht gemacht werden.

Hildegard Müller mahnt zur Zusammenarbeit

VDA-Präsidentin Hildegard Müller Foto: BVL/Ralf Guenther
VDA-Präsidentin Hildegard Müller

Für die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) Hildegard Müller ist die Digitalisierung ebenfalls ein wichtiges Thema. So sieht sie etwa den als Serviceplattform seiner Nutzer. Dafür müssen Automobilhersteller, Plattformbetreibern und Logistiker zusammenarbeiten. Vorsicht mahnt die VDA-Chefin bei den Daten an: Es dürfe nicht sein, dass sich hier Google und Apple durchsetzen „und alle anderen zu Datenlieferanten degradiert werden“.

Mit Blick auf Corona mahnte Müller, dass die Grenzen in Europa nicht wieder geschlossen werden dürfen. Ein Pandemie-Notfallplan, wie ihn die Politik gerade vorbereite, sei hier ein gutes Mittel. Denn funktionierende Supply Chains seien nicht nur für die Automobilindustrie entscheidend. Die globale Verflechtung habe in der Coronakrise auch ihre Vorteile ausgespielt. Etwa dann, wenn in einer Region etwas nicht mehr verfügbar war. Müller warnt daher „den Abgesang auf die Globalisierung anzustimmen“. Das sei aus ihrer Sicht grundfalsch. „Der Brexit etwa erschwert die Bekämpfung der Pandemie“. Es brauche vielmehr internationale Zusammenarbeit und keine Handelskonflikte.

Eine weitere Herausforderung sieht sie in einer „gut gemachten Klimapolitik“. Diese könne, entsprechend gemacht, auch der Wirtschaft helfen. China boome nicht zuletzt durch ein staatliches Flotten-Erneuerungsprogramm. Das sei in Europa noch nicht angekommen. Es würden stattdessen nur Nachhaltigkeitsziele gefordert. Müller fordert daher, dass das Förderprogramm des BMVI für alternative Antriebe über das Jahr 2023 hinausgehen muss.

Sigrid Nikutta fordert Verkehrsverlagerung

DB Cargo-Chefin Sigrid Nikutta Foto: BVL/Ralf Guenther
DB Cargo-Chefin Sigrid Nikutta

Für eine Verkehrsverlagerung setzt sich wiederum die DB-Güterbahn-Chefin Sigrid Nikutta ein. „80 Prozent weniger CO2 mit dem Güterverkehr auf der Schiene“, ist ihr Credo. Aus ihrer Warte gilt es, ein umweltfreundliches Zusammenspiel im Transport zu finden. Denn überall sinke der CO2-Ausstoß – nur im Verkehr nicht. Und dies, obwohl die Fahrzeuge immer weniger Emissionen ausstoßen. Allerdings nehme der Verkehr gleichzeitig weiter zu.

„Ein Zug kann bis zu 52 Lkw ersetzen“, erklärt Nikutta. In der Krise habe die Bahn zudem unter Beweis gestellt, dass sie über Grenzen hinweg die Supply Chain aufrechterhalten kann – sogar bis nach China. Zu guter Letzt gelte es, entsprechende Resilienzen im Transport zu schaffen. Gerade auch mit Blick auf andere Probleme – etwa bei wetterbedingten Störungen wie Hoch- oder Niedrigwasser. Zudem sei klar, dass aufgrund der steigenden Sendungsmengen der Lkw-Verkehr dennoch zunimmt. Nikutta möchte daher ein Gütersiegel haben, das den Kunden zeigt, wie nachhaltig der Transport eines Produkts war. „Andere sind gut. Wir sind güter.“ So lautet daher auch der Slogan, mit dem DB Cargo gerade an den Start geht.

Andreas Scheuer verspricht politische Anreize

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer Foto: BVL/Ralf Guenther
Zugeschaltet: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer

Laut Andreas Scheuer (CSU), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, sollte in den letzten Monaten jeder erkannt haben, dass die Logistik so etwas sie der Stoffwechsel unserer Gesellschaft ist. Solche Krisen müssten künftig global angegangen werden. Daran sei die EU-Ministerkonferenz aktuell dran. Neben Corona sei aber natürlich auch der Klimawandel ein entscheidendes Thema für die Politik. Das Innovationsprogramm Logistik 2030 sei daher aus der Branche heraus entwickelt worden. Entsprechende Anreize will Scheuer mit der Eurovignetten-Richtline setzen, die er dem dem EU-Rat am 8. Dezember 2020 vorstellt.

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