HX2 ersetzt KAT I Neue Lkw-Generation für die Bundeswehr

Foto: Thomas Küppers

Im Münchner Truckforum hat Rheinmetall MAN Military Vehicles die ersten Exemplare einer neuen Generation ungeschützter Transportfahrzeuge an die Bundeswehr übergeben. Optisch stehen sie unverkennbar in der Tradition des legendären Lkw mil gl KAT I.

Akkurat aufgereiht steht ein gutes Dutzend drei- und vierachsiger olivgrüner Pritschen-Lkw vor dem Truckforum in München, wo MAN traditionell seine Neufahrzeuge an Kunden übergibt. An diesem kalten Tag Ende Oktober ist es ein spezieller Großkunde, der seine betagte Flotte an "militarisierten" Lkw erneuert: die Bundeswehr.

Harte Prüfung, harter Wettbewerb

Ins Rennen um den begehrten Auftrag von Vater Staat gingen Iveco Defence Vehicles und Rheinmetall MAN Military Vehicles (RMMV). Die Wehrtechnische Dienstelle 41 in Trier unterzog die Musterfahrzeuge einer harten Prüfung bei voller Beladung: Sinuswellenbahn, Schrägbahn und Waschbrett gehören zu den künstlichen Marterstrecken, auf denen die Testfahrzeuge ihre Runden drehen mussten. Gesteuert wurden sie dabei unter anderem von Robotern, da kein Testfahrer die extremen Belastungen lange aushalten würde.

Nach über einem halben Jahr Erprobung fiel im Juli 2017 die Entscheidung zu Gunsten von RMMV. Der durch das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) erteilte und auf sieben Jahre angelegte Rahmenvertrag umfasst laut Rheinmetall insgesamt 2.271 Fahrzeuge der neuen HX2-Baureihe im Bruttowert von rund 900 Millionen Euro.

Foto: Thomas Küppers

Schnelle Projektverwirklichung

Nur vier Jahre nach Projektbeginn im Juli 2014 überreichen nun im Truckforum Rheinmetall-Vorstandsvorsitzender Armin Papperger (Bild mi.) und TRATON-Personalvorstand Carsten Intra (Bild li.) den symbolischen Schlüssel für die ersten 20 "UTF mil ZLK 5t und 15t" an Rainer Krug, Leiter der Abteilung Land-Unterstützung im BAAINBw. Hinter "UTF" verbirgt sich die Bezeichnung "ungeschützte Transportfahrzeuge" und hinter den ZLK die militärischen Nutzlastklassen von fünf Tonnen (6x6) und 15 Tonnen (8x8).

Rainer Krug und RMMV-Geschäftsführer Michael Wittlinger zeigen sich in ihren Ansprachen stolz, die neue UTF-Generation in so kurzer Zeit zur Serienreife gebracht zu haben. Im Vergleich dazu verlaufen andere Rüstungsvorhaben des Bundes deutlich zäher. Wobei dem HX2-Projekt zu Gute kommt, dass sich die australischen Streitkräfte bereits für mehrere Tausend dieser Lkw entschieden haben. Und natürlich, dass seine Wurzeln bis zum altbewährten MAN mil gl KAT I zurückreichen, der ab 1975 in mehreren Generationen und Varianten produziert wurde.

Foto: Thomas Küppers

Vertraute Optik, moderne Technik

So kann auch der jüngste Spross seine Herkunft nicht verleugnen: Die Frontpartie ähnelt stark dem kantigen Urahn, Fahrer- und Beifahrertür sind praktisch identisch mit dem Senior und auch sonst ruft die markante Optik nicht nur bei Rainer Krug Erinnerungen hervor. "Der KAT I begleitet mich schon mein ganzes Berufsleben und ich hoffe, dass der HX2 genauso lange und zuverlässig dienen wird", betont der Abteilungsleiter.

Unterschiede gibt es vor allem technischer, aber auch optischer Art: Das beim KAT I rechts an der langen Kabine platzierte Reserverad ist verschwunden – der HX2 verzichtet dank Michelin ZXL-Singlebereifung mit Notlaufelementen auf Ersatz. Den frei gewordenen Platz füllen jetzt die Abgasanlage und ein geräumiger Staukasten. Statt der für den KAT I und die nachfolgende SX-Baureihe charakteristischen Schraubenfedern kommen im HX Parabelfedern zum Einsatz. Und statt des einstigen großvolumigen Deutz-Motors mit seinem unverkennbaren Klang im hinteren Teil der Kabine sitzt nun unter dem kippbaren HX-Fahrerhaus der 440 PS (324 kW) starke Euro-V-Sechszylinder D2066LF44 von MAN.

Die Kabine des HX2 kann übrigens laut Hersteller schnell und unkompliziert gegen eine gepanzerte ausgetauscht werden – sofern vorhanden. Dann wird aus dem ungeschützten ein geschütztes Transportfahrzeug (GTF). Nicht nur beim Fahrerhaus, auch bei den Aufbauten lautet das Gebot "Modularität". Auf dem verwindungsarmen Rahmen des HX2 sitzt ein 15-Fuß-Containerrahmen von EMPL. Die darauf fixierten Wechselpritschen steuert wiederum SAXAS bei. Das "Umbrücken" ist für die Fahrzeugbesatzung allerdings Handarbeit mit der Kurbel, da die Blattfederung des Gelände-Lkw keine Niveauabsenkung erlaubt.

Technische Aufwuchsfähigkeit

Der "alte" Euro-V-Motor ist dem Treibstoffkonzept der NATO geschuldet, nach dem auch minderwertiger Diesel keine Hürde darstellen darf. Gleichwohl schreitet die Motorenentwicklung auch in diesem Bereich voran. Dasselbe gilt für Fahrerassistenzsysteme, die über den derzeit im HX2 verbauten Tempomat, die Kletterbremse und eine Rückblickkamera hinausgehen. Schließlich ist bei einer auf 20 Jahre ausgelegten Nutzungsdauer mit mehreren Anpassungen zu rechnen. Durch diese "Werksinstandsetzungen" ist der KAT I bereits im fünften Nutzungsjahrzehnt angekommen.

Verbesserter Komfort

Der Neue bringt außerdem eine sechsstufige verschleißfreie Dauerbremse plus Bremsomat-Funktion, das vollautomatische Getriebe Eco Life 7 von ZF, eine Webasto-Klimaanlage sowie Vorrüstungen für Funk, Führungssystem und MG3- oder MG5-Waffenstation zur Selbstverteidigung auf dem Dach mit. Fahrer und Beifahrer sitzen auf Schutzwesten-optimierten Sitzen von König samt Fünfpunktgurten. Die Rückenlehnen des luftgefederten Gestühls, dessen Montage wegen der Radkästen schräg erfolgen musste, sind zu diesem Zweck vertieft. Mittig ist ferner ein Klappsitz angebracht, von dem aus die Waffenstation auf dem Dach gesteuert bzw. die Dachluke erreicht werden kann.

Foto: Thomas Küppers

Arbeitsplatz mit modernen und rustikalen Elementen

Ansonsten findet der Fahrer praktisch einen Arbeitsplatz wie im MAN TGS vor: mit dem Lenkrad aus der zivilen Serie, der klassischen Feststellbremse, dem MAN-typischen Gangwahlschalter sowie einem zweiten Drehschalter für Sperren und Untersetzung. Auffällig sind zwei rot abgedeckte Not-Aus-Schalter für Fahrzeug und Getriebe, einmal links vom Lenkrad und einmal mittig über der Lüftung. Zum Getriebenotschalter gehören zusätzliche DRN-Tasten, um selbst bei Getriebeproblemen noch eine Gefahrenzone verlassen zu können. Auf Wunsch des Kunden wurde sogar ein Radio samt Freisprechmikrofon installiert. Deutlich aus der Zeit gefallen, aber zweckmäßig wirken wiederum Haltegriffe und Lüftungsschieber – der KAT I lässt grüßen.

Thomas Küppers Foto: Thomas Küppers

Der Löwe musste weichen

Wo ein klarer Bruch zu den Vorfahren erfolgt, ist einmal die Frontpartie: Dort prangte jahrzehntelang MAN, damals Generalunternehmer des mehrere Nutzfahrzeughersteller umfassenden KAT I-Projekts. Beim HX2 ist der Löwe dem Rheinmetall-Logo samt Schriftzug gewichen – wohl eine unternehmenspolitische Entscheidung vor dem Hintergrund, dass Rheinmetall Hauptanteilseigner bei RMMV ist. Noch auffälliger ist jedoch das beidseitig der Kabine angebrachte Eiserne Kreuz als Hoheitszeichen der Bundeswehr. Dadurch wird die verkleinerte Bundeswehr auch auf den Autobahnen wieder etwas präsenter, so die Hoffnung von Rainer Krug. Eine Hoffnung, die sich am Folgetag erfüllen wird, als die Neuwagenkolonne ihre Fahrt von München ins Materialdepot Karlsruhe anritt.

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