Hürden für Großraum- und Schwertransporte: Transporte in der Warteschleife

Hürden für Großraum- und Schwertransporte
Transporte in der Warteschleife

Wolfgang Draaf von der BSK über die Folgen der StVO-Novelle für Großraum- und Schwertransporte.

Transporte in der Warteschleife
Foto: Thomas Küppers
trans aktuell: Herr Draaf, zum 1. Januar 2021 sind im Rahmen der novellierten Straßenverkehrsordnung 2020 Änderungen auch für den Großraum- und Schwertransport in Kraft getreten. Welche Auswirkungen haben diese auf die Unternehmen?

Draaf: Einmal die Zuständigkeit der Genehmigungsbehörde: Den Antragsteller in der allgemeinen Form gibt es nicht mehr, Servicebetriebe können nicht mehr da beantragen, wo sie ihren Sitz haben – ihre Arbeit ist nicht verboten, aber eingeschränkt. Wir konnten Gott sei Dank abwenden, dass Genehmigungen nur für den Anfangs- oder Endort des Transports gestellt werden können. So kann das den Transport durchführende Unternehmen an seinem Sitz und mit einer entsprechend im Handelsregister eingetragenen Niederlassung auch wieder Genehmigungen beantragen. Dennoch hat das zu Verwerfungen vor allem für ausländische Unternehmen geführt, die diese Servicebetriebe nutzen. Sie müssen sich umstellen und die Beantragung dorthin legen, wo der Transport in Deutschland beginnt, in der Regel am Ort des Grenzübertritts. Was heißt, dass das Landratsamt Passau etwa für den Grenzübertritt Suben aus Richtung Österreich und Ungarn ziemlich viel Geschäft bekommen hat.

Eine weitere Änderung stellt die neue Grundgebühr dar. Sind die Transporte jetzt teurer?

Generell kann man sagen, dass entsprechende Transporte um den Faktor 2,7 teurer sind. Die anvisierte Grundlage der Gleichbehandlung ist nicht mehr gegeben – es gibt bei vergleichbaren Fällen sehr unterschiedliche Gebühren. Viele Behörden warten da sehnsüchtig auf ein Schreiben des Bundesverkehrsministeriums, wie sie damit umgehen sollen. Manche Behörden legen das sehr restriktiv aus, andere nicht. Es ist uns zumindest gelungen, eine Deckelung zu erreichen.

Wie sieht diese aus?

Bei einer Fahrzeugkombination ist das eine Multiplikation von ziehendem Fahrzeug mal gezogenem Fahrzeug. Bei fünf und zehn Möglichkeiten wären das 50 Fahrzeugkombinationen, das würde einen Gebührenanteil von 435 Euro machen. Aber die Bundesländer haben das auf fünf mögliche Fahrzeuge gedeckelt, das ist schon mal eine Erleichterung.

Was ist aktuell noch ein Kritikpunkt?

Dass alle beteiligten Behörden in die Rechnung mit eingehen. Das ist leider am Anfang der Streckenplanung nicht greifbar. Von München nach Hamburg weiß man dann nicht, welche Behörden gehört werden müssen, weil Baustellen oder abgelastete Bauwerke auf der Strecke sind oder ob eine Strecke neu beantragt werden muss – das ist einfach nicht kalkulierbar. Dabei ist das Problem, dass von den 16 Bundesländern manche das neue Verfahren anwenden, andere aber wie bisher verfahren. So kommt es bei vergleichbaren Fällen zu unterschiedlichen Gebührenhöhen. Und das, nachdem die Branche schon in jüngster Vergangenheit Nebenkostensteigerungen verkraften musste.

Sie sprechen die Änderungen an, bei denen private Verwaltungshelfer die Polizeibegleitung ersetzen?

Das hat 2018 und 2019 zu einer Kostenexplosion geführt – und viele Unternehmen konnten ihren Kunden diese Nebenkostensteigerungen schon damals nicht verdeutlichen. Ein Verwaltungshelfer muss nicht teuer sein, aber viele Verkehrsbehörden, die für einen entsprechenden Streckenabschnitt zuständig sind, gehen bei der Genehmigung aufgrund der Staatshaftung für die Verwaltungshelfer lieber auf Nummer sicher und ordern zu viele Helfer an. Man braucht in der Regel aber keine drei Begleitfahrzeuge vorneweg. Hier gibt es das Beispiel eines großen Maschinenbauers aus München, der früher für die Polizeibegleitung seiner Transporte bis zur Autobahn 100 Euro zahlte, heute für insgesamt vier Begleitfahrzeuge 1.200 Euro hinblättern muss. Anderes Beispiel: Bei einem Hersteller von Fertiggaragen aus Nordrhein-Westfalen sollen für den Transport einer 3,80 Meter breiten Garage insgesamt fünf Fahrzeuge für 1.500 Euro mitfahren – bei einem Produktwert von 5.000 Euro. Das rechnet sich nicht.

Nochmals kurz zur Grundgebühr: Können die Unternehmen die Kosten für die Behörden nicht in die Ausschreibung mit einbeziehen?

Das Verfahrensmanagement für Großraum- und Schwertransporte, kurz Vemags, zeigt zwar einen Verteilungsbaum, manche Behörden erscheinen da aber einfach nicht, etwa kleinere Verbandsgemeinden, die für Teilstrecken zuständig sind. Oder es gibt bei Autobahnen private Eigentümer von Bauwerken, die auch gefragt werden müssen.

Erleichtert die neue Autobahngesellschaft wenigstens die Arbeit?

Die Herausforderung bei der neuen Autobahngesellschaft besteht darin, dass es zwar zehn regionale Niederlassungen gibt, deren Grenzen aber nicht identisch mit den Bundesländergrenzen sind. Das bringt Probleme wegen der unterschiedlichen Auflagen mit sich, etwa hinsichtlich der Fahrzeitbeschränkung.

Dabei sollte man meinen, dass eine Fernstraßengesellschaft die Planung eines bundesweiten Transports vereinfacht …

Das System muss erst mal richtig anlaufen. Noch sind die Mitarbeiter dabei, die vielen Anträge aus dem Dezember abzuarbeiten, die viele Unternehmen noch in Anbetracht der neuen Gebührenordnung vor dem Jahreswechsel gestellt haben. Unterschätzt wurde auch, dass die Autobahngesellschaft nicht nur Straßenbaulastträger ist, sondern auch als Verkehrsbehörde für die Strecken agiert. Viele Niederlassungen haben daher ausreichend Bauingenieure zur Streckenprüfung, aber kaum Verkehrssachbearbeiter. Und da nach Eingang der Anträge gearbeitet wird, ist der Druck für die Unternehmen sehr groß, da viele Transporte in der Warteschleife hängen.

Sehen Sie Möglichkeiten, die Situation zu entschärfen?

Die BSK hat Kontakt zur Autobahngesellschaft aufgenommen und steht auch ständig im Austausch mit dem Bundesverkehrsministerium. Wir haben erreicht, dass die Groß- und Schwertransporte aufgrund ihrer Wichtigkeit priorisiert werden, etwa auch im Hinblick auf das Thema erneuerbare Energie – Stichwort Windanlagen. Wir haben auch den Kontakt in Bezug auf die Gebührenverordnung gesucht und die unterschiedliche Handhabung durch die Behörden dargestellt. Ebenso bei der Deckelung der Behördenanzahl – da versprechen wir uns auch einiges vom nächsten Bund-Länder-Fachausschuss. Denn ich kann mir vorstellen, dass viele Behörden der Länder ja auch nicht glücklich mit der aktuellen Gebührenberechnungsmethode sind, weil sie viel mehr Arbeit haben. Das wäre dann eine Chance für alle, einen Mittelweg zu finden. Eine Möglichkeit könnte etwa sein, dass in der Verteilung bei Vemags die Unteranhörung der anderen Bundesländer nicht mehr berücksichtigt wird.

Liegen in der Digitalisierung weitere Chancen, die Probleme zu entzerren?

Natürlich. Durch die Beteiligung des Bundes sind vielleicht auch bessere Chancen gegeben, die Digitalisierung voranzutreiben. Vemags bietet ja schon mal eine gute Plattform, damit die Behörden untereinander kommunizieren können. Was aber darin fehlt, ist etwa ein routenführendes elektronisches Kartenmaterial, um gleich die Behörden anzusprechen, die entlang der Strecke sind. Wenn man dann über eine Bauwerksdatenbank automatisch einem Statikprogramm Daten zuführen könnte, wäre das der richtige Weg. Das würde für Unternehmen schon in der Vorprüfung sehr vieles erleichtern.

BSK
Großraum- und Schwerlastexperte Wolfgang Draaf.

Zur Person

  • Wolfgang Draaf ist seit 2019 Geschäftsführer und alleinvertretungsberechtigter Vorstand der Bundesfachgruppe Schwertransporte und Kranarbeiten (BSK) mit Sitz in Frankfurt
  • Seit 1984 ist der studierte Diplom-Ingenieur (Bauingenieurwesen, Vertiefungsrichtung Eisenbahn-, Flughafenwesen und Verkehrswirtschaft) Mitglied der BSK-Geschäftsführung
  • 1986 wurde er zum Geschäftsführer und 2015 zum Hauptgeschäftsführer und alleinvertretungsberechtigten Vorstand ernannt